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Politik

Internet-Kampagne in Kamerun im Trend

Martina Schwikowski
8. Februar 2017

Gerade erst ist Kamerun zum Afrikameister des Fußballs gekürt worden. Doch die Freude ist getrübt. Denn das Internet im englischsprachigen Westen liegt weiter lahm. Zu forsch hatten Bürger dort ihre Rechte eingefordert.

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Kamerun Empfang der Fußball-Nationalmannschaft
Bild: DW/Photo Okélé

Es ist ein Empfang, der auch Kameruns Präsident Paul Biya sichtlich Freude bereitet. Gerade hat die Fußball-Nationalmannschaft den Afrikapokal nach Hause gebracht, nun sind die "Lions" bei Biya zu Gast. Die Hand am Pokal, ein breites Grinsen auf dem Gesicht, lässt er sich von der Presse ablichten. "Ihr habt euch den stärksten Teams Afrikas gestellt - und ihr habt sie ordentlich eingeseift", sagt er. "Eure Leistungen haben Kamerun in einen Freudentaumel versetzt."

Doch die Freude ist bei vielen Fans eingeschränkt - durch eine Internetblockade, die Paul Biyas Regierung schon Mitte Januar über Teile des Landes verhängte. Im englischsprachigen Westen des Landes können sie ihren Jubel nicht in den Sozialen Netzwerken ausdrücken, weder Fanpost noch Begeisterungsstürme absenden. Der Überraschungssieg gegen Ägypten im Finale der Afrika-Meisterschaft - er brachte neues Futter für den Protest der Anglophonen, die sich im eigenen Land abgehängt fühlen. Neben frustrierten Kamerunern machen auch immer mehr Menschen weltweit ihrer Empörung auf Twitter und Facebook Luft.

African Cup of Nations Ägypten gegen Kamerun | Sieg Kamerun
Überraschungssieg: In der 89. Minute erzielte Vincent Aboubakar das 2:1 für Kamerun.Bild: Reuters/A. Abdallah Dalsh

Twitter-Kampagne liegt im Trend

So entwickelt sich die Kampagne #BringBackOurInternet mehr und mehr zu einem Forum für junge Leute, die Repressionen durch Kameruns Regierung anprangern. Prominenter Nutzer ist der US-amerikanische Whistleblower Edward Snowden. Er äußert sich in seinen Tweets sehr kritisch zur Beschneidung von Menschenrechten. Schon zu Beginn der Blockade warnte er, dass Kameruns Regierung protestierenden Bürgern mit Gefängnis drohe.

Auch die Kamerunerin Rebecca Enonchong meldet sich häufig zu Wort. "Wer sollte protestieren, wenn es die nicht tun, die sich die Freiheit des Internets auf die Fahne geschrieben haben?", fragt sie auf Twitter. Enonchong, die erfolgreich in der IT-Branche arbeitet, war Teil der UN-Task Force für Internet- und Kommunikationstechnologieen und Mitglied im Globalen Beratungskomitee für Frauen bei den Vereinten Nationen.

Internet ist Menschenrecht

Stündlich findet die Kampagne #BringBackOurInternet mehr Zulauf. Warum ist die Empörung so groß? "Das Internet ist ein schnelles Medium zur Verständigung per Whatsapp, Twitter oder auch Facebook. Es ist praktisch ein Menschenrecht und erleichtert den Zugang zu vielen relevanten Themen, über die Leute etwas lernen wollen", sagt Wanjiku Mwaura, DW-Expertin für soziale Medien. 

Infografik Englisch und Französisch in Kamerun DEU
Die überwiegende Mehrheit Kameruns ist französisch-sprachig.

Indem sie das Internet abschalte, wolle die Regierung jegliche Kommunikation verhindern. "Das wird als Verstoß gegen Menschenrechte gesehen im Westen Kameruns, wo die englischsprachige Bevölkerung des Landes von dem Bann betroffen ist. Sie haben auf diese Weise keine Möglichkeit, ihre Differenzen mit der Regierung auszutragen."

Englisch erhöht Zulauf auf Twitter

Kamerun hat zwei Amtssprachen: Französisch und Englisch. Doch in der Hauptstadt und in weiten Landesteilen überwiegt Französisch. Die Bewohner anglophone Westen fühlt sich im Alltag diskriminiert. Die Tatsache, dass diese Minderheit Englisch spricht, trägt aus Sicht von Mwaura auch dazu bei, dass ihr Anliegen auf Twitter so eine große Resonanz findet. "Millionen Menschen nutzen Twitter auf Englisch. Natürlich hilft es, dass die anglophone Bevölkerung in Kamerun sich an ein großes Publikum in ihrer eigenen Sprache richten kann, das verbessert die Kommunikation und vergrößert die Reichweite ihres Anliegens."

Die Krise hat sich in den vergangenen Monaten verschärft. Anwälte legten ihre Arbeit nieder - als Zeichen des Protests dagegen, dass wichtige Gesetzestexte nur auf Englisch vorliegen. Als die Regierung dann auch noch die Unterrichtssprache Englisch in Frage stellte und mehr und mehr Lehrer ohne Englischkenntisse an die westkamerunischen Schulen drängten, schlossen sich viele Lehrer dem Streik der Anwälte an.

Ziviler Ungehorsam

Ende vergangenen Jahres waren sogar Rufe nach einer Abspaltung laut geworden. Daraufhin kam es bei Protesten im Dezember 2016 in der Stadt Bamenda zu Zusammenstößen mit Regierungssoldaten. Mindestens zehn Menschen starben. Hunderte wurden verhaftet.

Die Demonstranten wollen keine Gewalt, sagt Mwaura, sondern sie wollen zivilen Ungehorsam ausüben. "Sie organisieren Proteste im Stillen, durch Geisterstädte. Damit wollen sie im Grund lautstark auf ihre Beschwerden aufmerksam machen und eine Debatte mit der Regierung über ihre Probleme herbeiführen."