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Kamerun: Kritischer Journalist ermordet

Martina Schwikowski
23. Januar 2023

Kritische Journalisten leben in Kamerun in großer Gefahr: Martinez Zogo deckte eine Korruptionsaffäre auf und wurde kurz darauf tot aufgefunden. Presseorganisationen fordern Aufklärung und mehr Schutz für Journalisten.

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Schattenriss eines Kameramanns vor einem großen Bildschirm mit der Schrift "Africa"
Symbolbild "Pressefreiheit in Afrika"Bild: Godong/picture alliance

Diesen Montag ertönte noch einmal die Stimme von Martinez Zogo in Kameruns Radiosendern. Zum Gedenken an den beliebten Radiomoderator strahlten viele Sender aus, was der Journalist vor seinem Tod korrupten Machern ohne Scheu am Mikrofon entgegen schleuderte: "Ihr werdet mich nur töten. Das Einzige, was ihr tun könnt, ist, mich zu töten. In Paul Biyas Land gibt es viel Laissez-faire, und alle schauen zu, weil die Kameruner Angst haben."

Der Journalist warnte: "Diese Dokumente, die ich habe, sagen viel aus." Mutig kündigte er an: "Nein. Ich werde sie (die Verantwortlichen, Anm.d.R.) nicht gehen lassen". Zogo, Direktor des privaten Radiosenders Amplitude FM, setzte sich dafür ein, dass korrupte Politiker und Geschäftsleute zur Rechenschaft gezogen werden sollten.

Der Journalist drohte, Korruption aufzudecken

Innerhalb des letzten Monats berichtete der Radiomoderator täglich in seinem Programm "Embouteillages", er habe Dokumente, die angeblich bewiesen, dass einige hochrangige Staatsfunktionäre seit 2013 mehrere Millionen Dollar aus der Staatskasse gestohlen hätten.

Zogo behauptete, er habe dem kamerunischen Präsidenten Paul Biya Beweise für eine "hohe Welle der Veruntreuung und Korruption" übermittelt, in die eine lokale Medienorganisation mit Verbindungen zur Regierung verwickelt sei. Laut Medienberichten soll auch der Medienmogul Jean-Pierre Amougou Belinga in den Fall verwickelt sein, dem der Fernsehsender Vision 4 und die Wochenzeitung L'Anecdote gehören und dem eine enge Beziehung zum derzeitigen Finanzminister nachgesagt wird.

Brutaler Mord an einem kritischen Journalisten 

Am Ende hätte Zogo tägliche Morddrohungen erhalten von Personen, denen er Verwicklung in Korruption vorwarf, hieß es.  Am Sonntag wurde sein verstümmelter Körper in Soa, einem Viertel nahe der Hauptstadt Yaounde, gefunden. Fünf Tage zuvor war der Journalist von Unbekannten entführt worden.

Präsident Paul Biya fährt im Wagen mit seiner Frau in das Olembe-Stadium zum Finale des Fussball Africa Cup ein
Die Regierung von Präsident Paul Biya (hier mit seiner Frau) steht im Verruf, Oppositionelle zu unterdrückenBild: MOHAMED ABD EL GHANY/REUTERS

Die internationale Nichtregierungsorganisation Reporter ohne Grenzen (RSF) berichtet, Zogo hätte noch versucht, den Angreifern zu entkommen und in einer Polizeistation Zuflucht zu suchen, sei aber wohl ergriffen worden, bevor er das Gebäude betreten konnte.

Kameruns Regierungssprecher Rene Emmanuel Sadi erklärte in einer Pressemitteilung, erste Ermittlungen deuteten darauf hin, dass der Reporter von seinen Mördern gefoltert wurde. Die Tötung als barbarisch, inakzeptabel und nicht hinnehmbar, sagte Sadi.

Mehr Schutz für eine freie Presse in Kamerun gefordert

Medienvertreter bezeichneten das Verschwinden und den Tod von Martinez Zogo als ein weiteres Zeichen für die Gefahren der Berichterstattung in Kamerun. Der Tod ihres Kollegen habe sie schockiert: Das sei ein Anschlag zu viel, die Journalisten in diesem Land bräuchten sehr viel Schutz, sagt Ndi Eugene Ndi, Präsident der kamerunischen Vereinigung englischsprachiger Journalisten: "Journalisten sollten in einem Land, das sich als Demokratie rühmt, ihre Arbeit frei und fair verrichten können, und nicht angegriffen werden", sagt er der DW.

Oppositionelle demonstrieren und fordern Wandel und Neuaufbau in Kamerun
Protest in Kamerun: Oppositionelle demonstrieren gegen Präsident Biya Bild: Blaise Eyong

Der Vorfall ist der jüngste in einer Reihe von Angriffen auf Journalisten in Kamerun, das trotz Gefahren über eine lebendige Presse verfüge, heißt es bei RSF: "Obwohl Kamerun eine der reichsten Medienlandschaften Afrikas hat, ist es eines der gefährlichsten Länder des Kontinents für Journalisten, die in einem feindseligen und unsicheren Umfeld arbeiten." Präsident Paul Biya regiert das Land seit 1982 autoritär und unterdrückt die Opposition. Im RSF-Rangliste der Pressefreiheit lag Kamerun zuletzt auf Platz 118 von 180 Ländern.

Gefährliches Umfeld für Kritiker

Der Mord an Zogo lasse in den Köpfen der Medienschaffenden in Kamerun die noch frische Erinnerung an die brutalen Ermordung von Samuel Wazizi aufleben, so Journalist Ndi. Der Fernseh-Journalist Wazizi starb 2019 in Polizeihaft, nachdem er die Regierung wegen ihrer Politik und den Aufständen von Separatisten im Südwesten Kameruns häufig kritisiert hatte. Dass er in Obhut der Behörden starb, gab die Regierung erst ein Jahr später unter Druck zu. Laut RSF zeigte auch sein Körper Anzeichen erheblicher Misshandlung.

Junge Radiomoderatorinnen im Studio: Sie setzen sich mit ihrer Arbeit für Medienfreiheit in ihrem Land ein
Journalistinnen und Journalisten in Kamerun fordern bessern Schutz für eine echte PressefreiheitBild: Thomas Imo/photothek/imago images

Im März 2022 wurde der regierungskritische Reporter Paul Chouta, der für die private Nachrichten-Website Cameroon Web arbeitete, von unbekannten Angreifern überfallen und lebensgefährlich verletzt.

Trotz der Angst nicht aufgeben

Mehr Freiraum für die Ausübung seiner Arbeit fordert auch Patrick Mua, Reporter der "Guardian Post": "Die brutale Ermordung des Journalisten Martinez Zogo hat mich erschüttert", sagte er der DW. Mua verurteilt die Tötung seines Kollegen und bedauert, dass Journalisten zur Zielscheibe von Politikern und anderen Menschen geworden seien. "Die sind der Meinung, dass Journalisten ihre Pflichten nicht so ausüben sollten, wie es von ihnen erwartet wird. Ich bin in Panik, weil niemand genau weiß, wer der Nächste sein wird."

Die Ermordung Zogos zeige einmal mehr, dass die Presse in Kamerun unterdrückt und bedroht sei, kritisiert auch der kamerunische Journalist und Aktivist Jean Bruno Tagne im Gespräch mit der DW. Doch Journalisten sollten nicht den Fehler machen, Angst zu haben und aufzugeben: "Leider wusste Zogo nicht, dass es in Kamerun Leute gibt, die wie Mafia-Gruppen agieren und jeden hinrichten, der sie stört.

"Für Martinez Zogo zu demonstrieren, twitterte der kamerunischen Journalist Aboudi Ottou, heiße, sich für den Rechtsstaat zu kämpfen.

Mitarbeit: Moki Edwin Kindzeka