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Marx: "Jetzt zusammenstehen"

Christoph Strack31. Januar 2016

Das Thema Flüchtlinge spaltet Deutschland und Europa. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, warnt vor Abschottung und drängt die große Koalition in Berlin zu einem gemeinsamen Kurs.

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Kardinal Reinhard Marx - Foto: picture alliance/Sven Simon/F. Hoemann
Bild: picture alliance/Sven Simon/F. Hoemann

Reinhard Marx zeigt sich tief besorgt über die aktuelle Stimmung in Europa und warnt vor einer Renationalisierung. "Der europäische Gedanke darf nicht verkommen", der Kontinent dürfe "nicht in alte Schablonen zurückfallen". Zugleich erteilte der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz am Sonntag einer Abschottung Europas eine Absage. Die Kirche erwarte, dass jeder Flüchtling, der auf europäischem Boden stehe, "menschenwürdig behandelt wird" und ein faires und transparentes Verfahren bekomme, so Marx. Zudem habe Europa für die Menschen in den Flüchtlingslagern in der Türkei, dem Libanon und Jordanien Verantwortung.

Die große Koalition in Deutschland solle in der Flüchtlingsfrage "jetzt hier zusammenstehen", mahnte der Kardinal beim Podiumsgespräch "Nachbarn des Himmels" in der Katholischen Akademie in Berlin. Der Regierung müsse bewusst sein, dass es in der aktuellen Herausforderung "keine einfachen Antworten" gebe und die Probleme nicht in ein oder zwei Jahren bewältigt seien. "Wir müssen versuchen, möglichst zusammen einen Weg zu gehen."

Marx ist nach eigenem Bekunden "noch nie so in Sorge" gewesen sei wie jetzt, dass Europa über die Frage der Flüchtlinge auseinanderbreche. Es dürfe nicht dazu kommen, dass die EU-Staaten die eigene Interessen der Nation "wieder in den Vordergrund stellen". Deshalb müsse die Kirche deutlich machen, dass das Projekt Europa "nicht nur ein ökonomisches Projekt" oder eine Ansammlung von Ländern, sondern ein Friedensprojekt sei. Dafür hätten sich Christen stets eingesetzt.

Verständnis für Nationalismen im Osten der EU

Ausdrücklich äußerte sich der Münchener Kardinal zur Stimmung in mittel- und osteuropäischen Ländern und zur Entwicklung in Polen. Ohne Zweifel zeigten sich heute wieder stärkere Nationalismen, gerade bei kleineren EU-Staaten und in Mittel- und Osteuropa, die "ihre Identität wiederfinden" wollten. Dafür müsse man in Deutschland "ein bisschen mehr Verständnis haben", so der Kardinal. Zur Begründung verwies er auf "die Wucht, mit der der Kapitalismus da einmarschiert ist". Die Ungleichheit sei "mit Ansage" größer geworden. Das sei nicht einfach zu verarbeiten und habe zu einer breiteren Kluft zwischen Arm und Reich geführt.

Flüchtlingslager für syrische Flüchtlinge in der Türkei - Foto: picture-alliance/AA/I. Erikan
Marx sieht die Europäer in der Verantwortung auch für Menschen in Flüchtlingslagern außerhalb der EUBild: picture-alliance/AA/I. Erikan

Das deutsch-polnische Verhältnis ist nach Einschätzung von Marx "prekärer" geworden. Er erwarte aber nicht, dass es auseinanderbreche. Gerade Katholiken in Deutschland müssten nun Kontakt halten. So sollten Kirchengemeinden bestehende Kontakte intensivieren, präsent sein, Einladungen annehmen und bewusst das Gespräch suchen.

Gegen Abschottung Europas

Die katholische Kirche in Europa müsse "ein gemeinsames Bewusstsein gewinnen". Marx fügte hinzu: "So weit sind wir noch nicht." Derzeit solle sich der Bischof von Eisenstadt in Österreich als Sonderbeauftragter der Bischofskonferenzen der Europäischen Gemeinschaft (COMECE) um eine gemeinsame Haltung der Bischöfe an der sogenannten Balkanroute bemühen.

Grenzzaun an der US-amerikanisch-mexikanischen Grenze - AFP/Getty Images
Grenzzaun zwischen USA und Mexiko: "Nicht die Zukunft Europas"Bild: AFP/Getty Images

Nachdrücklich warnte Marx vor einer Abschottung Europas in der Flüchtlingskrise. Unter Verweis auf die Grenzmauer der USA zu Mexiko sagte er: "Das kann doch nicht die Zukunft Europas sein." Papst Franziskus, der Mitte Februar Mexiko besucht, will in Sichtweise der Trennmauer mit Migranten einen öffentlichen Gottesdienst feiern.