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Glaube

Kardinäle für radikale Veränderungen

22. Februar 2019

Der Anti-Missbrauchs-Gipfel im Vatikan ringt um Antworten und Positionen. Im Gespräch sind konkrete rechtliche Schritte gegen Bischöfe, die versagt haben. Kardinäle rufen dazu auf, gemeinsam Verantwortung zu übernehmen.

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Vatikan Kardinal Cupich schlägt Verfahren zu Absetzung von Bischöfen vor | Blase Joseph Cupich
Kardinal Blase Cupich (r.) und Papst Franziskus im TagungsraumBild: picture-alliance/abaca/E. Vandeville

Am zweiten Tag des Spitzentreffens zum sexualisierten Missbrauch in der Katholischen Kirche sind erstmals konkrete rechtliche Vorschläge diskutiert worden. Der Erzbischof von Chicago, Kardinal Blase Cupich, beklagte "systemisches" und "massives Versagen" und forderte "unaufhörliche Anstrengung, um sexuellen Missbrauch durch Geistliche in der Kirche auszurotten". Der US-Amerikaner forderte, die Bischöfe stärker in die Verantwortung zu nehmen. Bei sexuellen Übergriffen müsse es eine klar geregelte Rechenschaftspflicht für die Oberhirten geben.

Cupich legte einen Zwölf-Punkte-Plan vor, der bestehende kirchenrechtliche Normen an diesem Punkt ergänzen und verschärfen soll. Sie sollen auch eine Absetzung von Bischöfen ermöglichen, die beim Umgang mit Missbrauch versagt haben. In die Aufarbeitung sollten zudem Laien stärker einbezogen werden, ergänzte er und sprach sich dafür aus, dass die Kirche ihren Ansatz beim Kinderschutz "radikal verändert". Viele Gläubige fragten sich, ob die Kirche wirklich ein Bewusstsein für das Problem entwickelt habe, sagte Cupich bei dem Treffen im Vatikan. Insbesondere wenn nicht Kinder, sondern Täter und die Institution Kirche geschützt würden, sorge dies für Misstrauen und Wut.

Missbrauch als globales Kirchenproblem

Der indische Kardinal Oswald Gracias forderte von Bischöfen eine Anerkennung des Missbrauchs als Problem der katholischen Kirche in der ganzen Welt. Die Weigerung einiger Bischöfe vor allem aus Asien und Afrika, zuzugeben, dass Kindesmissbrauch durch Kleriker in ihrem Land ein Problem sei, könne nicht akzeptiert werden, sagte der Erzbischof von Mumbai. Die Missbrauchsproblematik betreffe alle Bischöfe der Weltkirche. Die Zusammenarbeit im Kampf dagegen müsse daher verstärkt werden. Vor allem gehe es darum, das Leid der Opfer wahrzunehmen. "Wir dürfen es nie verharmlosen", warnte Garcias.

Kardinal Oswald Gracias ARCHIV 2013
Kardinal Oswald GraciasBild: Getty Images/AFP/V. Pinto

"Die Sache ist klar. Kein Bischof kann für sich behaupten, 'dieses Missbrauchsproblem in der Kirche geht mich nichts an, weil die Dinge in meinem Teil der Welt anders sind'", sagte der einflussreiche Kardinal Gracias. Auch wenn die Erfahrungen des Missbrauchs "in einigen Teilen der Welt dramatisch präsent" seien, sei es kein begrenztes Phänomen, betonte er. "Die ganze Kirche muss ehrlich hinschauen, rigoros urteilen und dann entschlossen handeln", forderte er.

"Der Feind im Inneren"

In einer kritischen Rede forderte der Kardinal von Los Angeles, José Horacio Gómez, die Konferenzteilnehmer auf, anzuerkennen, "dass der Feind im Inneren" sei. "Der verursachte Schaden ist so groß, der beigefügte Schmerz so tief, die Konsequenzen des Missbrauchs, der in der Kirche stattgefunden hat, sind so weitreichend, dass wir nie werden behaupten können, dass wir alles, was getan werden konnte, unternommen haben", mahnte er. Die von Papst Franziskus angestrebten Verhaltensrichtlinien sollten eindeutig klarstellen, was Missbrauch bedeute und wie Täter bestraft werden sollten, sagte Gómez.

Vatikan Kardinal Cupich schlägt Verfahren zu Absetzung von Bischöfen vor
Blick ins Plenum im Synoden-Saal des VatikanBild: Getty Images/AFP/G. Lami

Seit Donnerstag tagen im Vatikan im Beisein von Papst Franziskus die Spitzen der weltweit 114 Bischofskonferenzen. Ziel des Papstes ist es, den lange vertuschten sexuellen Missbrauch von Kindern durch Geistliche aufzuarbeiten und die Bischöfe auf der ganzen Welt für das Problem zu sensibilisieren. Dazu legte er am Donnerstag einen 21-Punkte-Katalog vor. Dieser sieht unter anderem die Ausarbeitung eines Handbuches zum Umgang mit Verdachtsfällen und die verstärkte Einbindung von Laien vor. Die in den vergangenen Jahren bekanntgewordenen Missbrauchsfälle haben die Kirche in ihren Grundfesten erschüttert und ihre Glaubwürdigkeit beschädigt.

Kritiker wollen Neuausrichtung der ganzen Kirche

Missbrauch und Verantwortung

Die Reformbewegung "Wir sind Kirche" hält die Vorschläge von Papst Franziskus zum Kampf gegen den sexuellen Missbrauch von Kindern für unzureichend. Die genannten Punkte könnten nur erste Schritte sein, um weltweit verbindliche Standards für Prävention und den Umgang mit Verdachtsfällen festzulegen, erklärte die Laienorganisation. Generell sei eine fundamentale Neuausrichtung der Kirche nötig. Dazu gehörten die Abschaffung des Pflichtzölibats, die Weihe von Frauen, eine andere Sexualmoral und eine echte Gewaltenteilung in der römisch-katholischen Kirche, heißt es in einer Erklärung.

qu/uh (kna, epd, afp, dpa)