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Aldi-Mitbegründer Albrecht ist tot

Zhang Danhong21. Juli 2014

Karl Albrecht, der reichste Deutsche, ist im Alter von 94 Jahren gestorben. Zusammen mit seinem Bruder schrieb er Wirtschaftsgeschichte. Doch für die Außenwelt blieb er bis zum Lebensende unsichtbar.

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Karl Albrecht
Bild: Unternehmensgruppe ALDI SÜD

Von ihm existieren nur wenige Fotos, kaum einen O-Ton hat er der Welt hinterlassen. Keiner weiß genau, wie viel Geld er besaß. Sein Vermögen wurde auf rund 20 Milliarden Euro geschätzt. Auch die Größe seines Unternehmens lässt sich nur grob einordnen. So schätzt der Handelsinformationsdienst Planet Retail den gemeinsamen Umsatz von Aldi Nord und Aldi Süd im Jahr 2013 auf rund 67 Milliarden Euro, erwirtschaftet in über 10.000 Filialen weltweit.

Sicher ist, dass Karl Albrecht zusammen mit seinem Bruder Theo innerhalb von wenigen Jahrzehnten ein Imperium aufgebaut hat. Sein Erfolgsrezept klingt bestechend einfach: niedriger Preis für gute Qualität.

Der Ursprung des Familienunternehmens geht auf das Jahr 1913 zurück. Vater Karl Albrecht, ein gelernter Bäcker, eröffnet einen "Handel mit Backwaren". Da das Elternpaar in Essen wohnt und sich der Lebensmittelladen ebenfalls dort befindet, wird vermutet, dass auch Karl Hans Albrecht am 20. Februar 1920 in Essen geboren wurde. Doch genau kann das keiner sagen. Karl und sein zwei Jahre jüngerer Bruder Theo besuchen die Volksschule im Essener Arbeiterviertel Schonnebeck. Danach beginnt Karl eine Lehre als Verkäufer im heute noch existierenden Feinkostladen Weiler.

Die Geburtsstunde von Aldi

Nach der Rückkehr aus dem Zweiten Weltkrieg übernehmen die Brüder das elterliche Geschäft und bauen es zu einer Kette mit immer mehr Läden aus. Sie geben ihrem Unternehmen den Namen Aldi - das steht für Albrecht Discount.

Zwei Brüder, zwei Firmen
Zwei Brüder, zwei FirmenBild: picture-alliance/dpa

Anfang der 1960er Jahre teilen die Brüder die inzwischen über 300 Geschäfte entlang der Ruhr unter sich auf - in Aldi-Nord und Aldi-Süd. Die Ruhr, ein Nebenfluss des Rheins, wird seitdem scherzhaft als der Aldi-Äquator bezeichnet. Wann genau das geschah, weiß natürlich keiner, denn so etwas wie eine Pressemitteilung war ein Fremdwort für die "Billig-Brüder", wie sie im Volksmund auch genannt werden. Bis heute hat weder Aldi-Nord noch Aldi-Süd eine Presseabteilung. Sicher ist nur, dass Karl den Zuschlag für das südliche Aldi-Reich bekommen hatte.

Eine echte Revolution

Mit dem Discount-Prinzip revolutioniert Aldi den Einzelhandel in Deutschland. Dabei wird alles auf das Nötigste reduziert. Die Läden sind spartanisch eingerichtet, das Sortiment ist überschaubar, von jeder Ware stehen höchstens drei Marken zur Auswahl, die meist so anonym sind wie die Aldi-Brüder. Zudem werden die Hierarchien im Unternehmen so flach wie möglich und die Belegschaften so klein wie möglich gehalten. Das Ergebnis sind die brutal niedrigen Preise. "Eigentlich ist es ganz einfach. Wenn man irgendwo hingehen kann und beste Qualität bekommt und garantiert den niedrigsten Preis hat - warum soll man dann da nicht hingehen?", fragt Dieter Brandes in einem früheren Interview mit der DW. Brandes war jahrelang Geschäftsführer von Aldi und saß gemeinsam mit Theo Albrecht im Verwaltungsrat.

Deutschland wird zum Aldi-Land

Der auf Sparsamkeit und Effizienz getrimmte Laden fällt im Land der Sparer auf fruchtbaren Boden. Deutschland wird zum Aldi-Land. Die übergroßen Plakate vor den Aldi-Läden und die auffälligen Aldi-Tüten machen Werbung überflüssig. "Unsere ganze Werbung liegt im billigen Preis", sagte Karl Albrecht bereits 1953 auf einem Branchentreffen. Das ist übrigens die einzige überlieferte öffentliche Aussage von ihm.

In vielen Ländern Europas: Aldi Nord und Aldi Süd
In vielen Ländern Europas: Aldi Nord und Aldi Süd

Ein weiterer Durchbruch gelingt dem Unternehmen, als in den 1990er Jahren Nonfood-Artikel ins Sortiment aufgenommen werden. Als im November 1997 erstmals PCs in den Aldi-Läden verkauft werden, balgen sich die Kunden in den Märkten um die Computer.

Mit der Euro-Umstellung führt auch Aldi endlich Scanner-Kassen ein, die in anderen Geschäften längst Standard sind. Dabei zeigt das Unternehmen, dass es zwar nicht immer am schnellsten ist, aber doch immer fähig ist, noch eins draufzulegen. So lässt Aldi den Strichcode mehrmals auf die Verpackung drucken, damit die Kassierer die Waren nicht drehen müssen und so das Kassieren beschleunigt wird.

In der Folge erlebt Deutschland eine Aldisierung: Es wird chic, beim Discounter einzukaufen. Andere kopieren das Geschäft, neue Billig-Märkte schießen wie Pilze aus dem Boden - nicht nur im Lebensmittelbereich.

Unsichtbar bis zum Schluss

Waren die Aldi-Brüder der Zeit weit voraus? Oder haben sie aus den Deutschen eine Nation der Geizhälse gemacht? Zumindest wird ihnen selber eine an Geiz grenzende Sparsamkeit nachgesagt. So soll der 2010 verstorbene Theo bei der Umstellung der Postleitzahl seine alten Briefcouverts nicht weggeschmissen haben, sondern die neue Postleitzahl darauf geschrieben und bis auf den letzten aufgebraucht haben. Auch wollte er beim Finanzamt durchsetzen, das bei seiner Entführung 1971 gezahlte Lösegeld in Höhe von sieben Millionen Mark als Sonderausgaben abzusetzen - vergebens.

Einkaufswagen in einem Aldi-Discounter
Einkaufswagen in einem Aldi-DiscounterBild: picture-alliance/dpa

Die Entführung Theo Albrechts endete nach 17 Tagen. Die beiden Täter wurden später gefasst und zu jeweils achteinhalb Jahren Haft verurteilt. Der Aufsehen erregende Fall war das einzige Mal, dass die beiden Albrecht-Brüder im Rampenlicht standen. Ansonsten gelang es ihnen, sich unsichtbar zu machen. So weiß man von Karl nicht mal genau, wo er bis zuletzt gelebt hatte. In Essen, in Mühlheim an der Ruhr, in Köln, oder doch in Donaueschingen im Schwarzwald, wo er ein Golf- und Wellness-Hotel besaß? Denn ein leidenschaftlicher Golfspieler soll er gewesen sein.

Karl Albrecht starb bereits am vergangenen Mittwoch (16.07.2014), teilte Aldi-Süd nun mit. Nach Angaben eines Sprechers seiner Heimatstadt Essen wurde er am Montag (21.07.2014) im engsten Familienkreis beigesetzt. Dafür hatte Karl frühzeitig vorgesorgt. Bereits Ende der 1990er Jahre hatte er acht Grabstellen für knapp 70.000 D-Mark auf dem städtischen Friedhof in Essen erworben.