Karl Lagerfeld, der Modekünstler
Die Kunst- und Ausstellungshalle Bonn zeigt Kollektionen, die der deutsche Modezar Lagerfeld für die großen Labels Fendi, Chloé, Lagerfeld und Chanel geschaffen hat. Eine Zeitreise durch 60 Jahre Modegeschichte.
Es begann mit einem Mantel
Die Bonner Ausstellung mit dem Titel "Lagerfeld. Modemethode" (bis 13. September) will, so Intendant Rein Wolfs, "die schöpferische Leistung in den Vordergrund stellen, das Werk eines großen Designers, der fraulich, auf Papier und in Stoffen denkt." Die Schau beginnt mit Lagerfelds Eintrittskarte in die Modewelt: Der Nachbildung eines Mantels, mit dem Lagerfeld 1954 einen Wettbewerb gewonnen hat.
Der Modezar als Papierfreak
"Ich muss immer Papier unter meinen Fingern spüren, damit ich mich ausdrücken kann", sagt Lagerfeld über seine Leidenschaft für sein liebstes Arbeitsmaterial. Papier bestimmt Lagerfelds Leben: für seine Modeentwürfe, seine Fotografien, Notizen, Briefe und Bücher. Selbst seine Shows plant er auf dem Skizzenblock. Und so spricht auch sein Schreibtisch Bände.
Aus den Archiven
Allein im Fendi-Archiv befinden sich über 40.000 Lagerfeld-Zeichnungen. Einige davon hängen jetzt in Bonn, ebenso Skizzen für Chloé und Chanel. Plakate von Lagerfelds Werbekampagnen sind auch zu sehen, gruppenweise zieren sie die Wände der Ausstellungshalle, die im grauen Waschbeton-Look gehalten sind. Eine dezente Kulisse für Lagerfelds Kreationen.
Der Erneuerer
Seit 50 Jahren arbeitet Lagerfeld für das italienische Label Fendi. Als er 1965 dort anfängt, krempelt er zunächst die Pelzmode um. Aus den damals üblichen tonnenschweren Fellmänteln kreiert er verspielte und verrückte Modelle, die ihre Trägerinnen nicht mehr wie Panzer umgeben, sondern locker und leicht um sie herumflattern. Dazu gestaltet er für Fendi zeitlos schöne Mode und Accessoires.
Accessorized!
Schuhe und Handtaschen - was vielen Frauen Tränen des Entzückens in die Augen treibt, bringt so manchen Mann eher zur Verzweiflung. Nicht so Karl Lagerfeld. Er bringt zu jeder Kollektion die passenden Accessoires, die Ausstellung zeigt eine 120 Stücke umfassende Auswahl (im Bild: Fendi). Für Chanel hat er neben Schuhen, Taschen und Gürteln auch 177 Knöpfe designt.
Spiegel der Zeit
Bei Chloé zeigt Lagerfeld sein Gespür für das, was viele Frauen sich von Mode wünschen. Verspielt, luftig und romantisch sind die Kleider aus den 1970er Jahren. Andere Modelle versieht er mit graphischen Mustern. Seide ist der bevorzugte Stoff. Die Puppe trägt ein handbemaltes Seidenkleid von 1973.
Time for music
Die Zeit der wilden Parties im berühmten New Yorker Club "Studio 54" inspiriert Lagerfeld zu witzigen Motiven. In diesem Satinkleid von 1983 setzt er den Vergleich des Frauenkörpers mit einer Geige konsequent um. Dieses Kleid stammt, wie fast alle anderen 120 Looks in der Bonner Ausstellung, aus den Archiven der Modehäuser, manche Modelle sind sogar Leihgaben aus anderen Museen.
Verjüngungskur für Chanel
Als Karl Lagerfeld 1983 zu Chanel kommt, verpasst er der etwas angestaubten Modemarke eine Frische-Kur. Er erweckt die Klassiker zu neuem Leben, verleiht den Kostümen neue Farben und modifiziert die Schnitte. Röcke werden kürzer, die Jäckchen werden länger, er setzt andere Stoffe ein. Und schon wird die Marke auch wieder von jungen Frauen getragen. Dieses Kostüm ist von 1991.
Wenn aus Wolle Haute Couture wird
Das Kostüm aus gepaspeltem Tweed, erfunden von Coco Chanel, ist und bleibt ein Klassiker. In der Reihe "Evolution of Tweed" zeigt Lagerfeld, was man aus diesem etwas altbacken wirkenden Stoff alles machen kann. So bekommen die Tweed-Kostüme lange Fransen, enden am Saum in zartem, durchsichtigem Gewebe oder werden schlicht und einfach durchlöchert.
Palast aus Papier
Bei Modeschauen kommt das Beste zum Schluss: Die Haute Couture. Die Königsklasse, in der die Couturiers ihre Meisterstücke präsentieren, Einzelanfertigungen, die sechsstellige Summen wert sein können. Diese teuerste aller modischen Spielarten bildet auch den Höhepunkt der Ausstellung: Ein Designer-Trio kreierte den Papierpalast - eine würdige Stätte für die Luxus-Roben von Chanel.
Neoprenanzug
Das letzte Stück der Ausstellung ist gleichzeitig das Jüngste und stammt aus der Herbst/Winter-Kollektion 2014-2015. Ein Brautkleid für Schwangere. Der Gag ist nicht die mit Gold bestickte Schleppe, sondern der Stoff: Neopren. Ein witziger Schlusspunkt einer Werkschau, die Lagerfelds Umgang mit Farbe und Material, die Kontinuität seines Schaffens und seinen Einfluss auf die Modewelt fokussiert.