Jahrhundertstreit beendet
30. März 2007Der Handels- und Touristikkonzern KarstadtQuelle habe in einer außergerichtlichen Einigung einer Zahlung von 88 Millionen Euro zugestimmt, teilte die Jewish Claims Conference (JCC) am Freitag (30.3.07) in Düsseldorf mit. "Es war ein langer und schwerer Weg, um zu diesem Ergebnis zu kommen", sagte der JCC-Direktor, Roman Haller.
Die JCC vertritt weltweit die jüdische Gemeinschaft in Fragen von materiellen Wiedergutmachungsforderungen gegenüber Deutschland und unterhält Fonds für die Unterstützung von Überlebenden der Shoa weltweit. Die Organisation war zeitweilig mit einer deutlich höheren Forderung nach 145 Millionen Euro in die Verhandlungen gegangen.
Dank an Altkanzler Kohl
"Mit der Vereinbarung sind alle strittigen Fragen geregelt", betonte Konzernchef Thomas Middelhoff. Dies schließe die Rücknahme
der von den Mitgliedern der Familie Wertheim in den USA erhobenen Schadenersatzklagen ein. Er sei dankbar und erleichtert, sagte Middelhoff. Die Millionen-Zahlung werde keine Auswirkungen auf die KarstadtQuelle-Bilanz 2007 haben. Denn schon im vergangenen Jahr sei eine entsprechende Vorsorge getroffen worden.
Haller und Middelhoff dankten Alt-Kanzler Helmut Kohl, der die Parteien an einen Tisch gebracht hatte. "Ohne ihn wären diese Verhandlungen nicht möglich gewesen", sagte Haller.
Erben sind erleichtert
Die Sprecherin der Wertheim-Erben, Barbara Principe zeigte sich erleichtert. "Wir alle in meiner Familie sind sehr froh, dass Karstadt am Ende Größe und Vernunft gezeigt hat und diesen historischen Konflikt gütlich beendet hat", sagte sie in einer ersten Reaktion. "Meine Familie dankt all jenen in Deutschland, von denen sie über viele Jahre moralisch stets Unterstützung erfahren haben." Principe war selbst an den Verhandlungen nicht beteiligt.
Die Gelder, die der JCC auf Grund der Vereinbarung zufließen, sollen in Projekte zur Unterstützung von Überlebenden des Holocaust weltweit fließen und der Familie Wertheim zugute kommen, so Haller.
50 Grundstücke
Im dem seit Jahren schwelenden Rechtsstreit ging es um rund 50 Grundstücke in Berlin und Ostdeutschland, die Karstadt nach der Wiedervereinigung als Rechtsnachfolger des Wertheim-Konzerns erhalten hatte. Der Wert der Grundstücke wurde auf bis zu 500 Millionen Euro geschätzt.
Die JCC hatte die einst von den Nazis enteigneten Grundstücke für die Wertheim-Erben zurückgefordert. Im Mittelpunkt der Auseinandersetzung stand dabei das so genannte Lenné-Grundstück am Potsdamer Platz in Berlin.
Karstadt hatte das Grundstück anfang der 1990er-Jahre zum symbolischen Preis von einer Mark vom Land Berlin zugesprochen bekommen und später für 145 Millionen Euro an den Metro-Gründer Otto Beisheim weiterverkauft. Heute steht auf dem Gelände unter anderem das Fünf-Sterne-Hotel Ritz Carlton. (kas)