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Kartellverdacht: Wer hat zuerst gesungen?

23. Oktober 2017

Die Ermittlungen wegen des Verdachts, deutsche Autohersteller hätten ein Kartell gebildet, werden ausgeweitet: Am Montag rückten Fahnder zu weiteren Razzien aus. Inzwischen entbrennt ein Wettrennen möglicher Kronzeugen.

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Logos Mercedes, BMW, VW und Audi
Bild: picture-alliance/dpa/K.-J. Hildenbrand

Der Daimler-Konzern hat im Zuge des Verdachts, in der deutschen Autoindustrie habe es ein rechtswidriges Kartell gegeben, einen Antrag auf Kronzeugenregelung bei den EU-Behörden gestellt. Das sagte Daimler-Finanzchef Bodo Uebber am Freitag in einer Telefonkonferenz und bestätigte damit entsprechende Medienberichte. So könnten die Stuttgarter mit einem blauen Auge davonkommen. Kronzeugen gehen in der Regel in einem Kartellverfahren straffrei aus.

Ob die EU-Behörden eine formale Untersuchung eröffnen würden, sei noch nicht klar, sagte Uebber. Bei der EU-Kommission läuft derzeit eine Voruntersuchung dazu, ob sich die deutschen Autobauer Volkswagen, BMW und Daimler unzulässig abgesprochen haben.

In Medienberichten hieß es, auch der Volkswagen-Konzern habe eine Art Selbstanzeige rund um den Kartellverdacht bei den Behörden eingereicht. Laut der "Süddeutschen Zeitung" soll Daimler den Wolfsburgern dabei aber zuvorgekommen sein. Wer zuerst mit den Aufsehern kooperiert, darf auf den größten Nachlass bei einer möglichen Strafe hoffen.

BMW will kooperien und selbst prüfen

Ermittler der EU-Kommission haben am Montag weitere Autobauer in Deutschland wegen möglicher Kartellverstöße durchsucht. Der Volkswagen-Konzern in Wolfsburg und Daimler in Stuttgart bestätigten, dass es bei ihnen "angekündigte Nachprüfungen" gegeben habe.

Vergangene Woche waren Räumlichkeiten bei BMW unangekündigt durchsucht worden. Am Firmensitz in München sammelten Wettbewerbshüter Informationen und kopierten Daten, wie aus Mitteilungen der Behörden und des Unternehmens hervorging. Bei BMW hatte das Verhalten der Wettbewerber für Verärgerung gesorgt. "Wir waren irritiert", sagte BMW-Einkaufsvorstand Markus Duesmann der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". 

Die Münchner äußerten sich nicht dazu, was genau ihnen zur Last gelegt wird und wie die EU-Kommission und das Bundeskartellamt bei ihrer Visite vorgingen. Allerdings unterstütze man die Kommission bei ihrer Arbeit. BMW lässt die Kartellvorwürfe seit einigen Monaten von internen Fachleuten und externen Juristen prüfen.

Es drohen Strafen in Milliardenhöhe

Die Kartellvorwürfe waren im Sommer publik geworden. Das Magazin "Der Spiegel" berichtete damals, dass sich die fünf führenden Automarken - neben BMW und Mercedes auch Volkswagen, Audi und Porsche - seit den 90-er Jahren rechtswidrig in geheimen Arbeitskreisen über Fahrzeugtechnik, Kosten, Zulieferer, Märkte und Strategien abgestimmt hätten.

Die EU-Kommission hat bereits Unterlagen beschlagnahmt und erste Zeugen befragt. Treffen die Vorwürfe zu, könnte es sich um eines der größten Kartelle der deutschen Wirtschaftsgeschichte handeln. Es drohen Strafen in Milliardenhöhe - vom Imageschaden für die Branche, die wegen des Dieselskandals bereits unter Druck ist, ganz zu schweigen.

 

dk/tko (dpa, rtr, afp)