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Katar lockert Gesetze für Arbeitsmigration

16. Januar 2020

Seit Jahren wird Katar, der Gastgeber der Fußball-WM 2022, wegen der Bedingungen für Arbeitsmigranten kritisiert. Nun erlaubt die Regierung fast allen ausländischen Arbeitern, auch ohne Arbeitgebererlaubnis auszureisen.

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Katar Baustelle Fußballstadion Arbeiter aus Sri Lanka
Arbeiter aus Sri Lanka auf einer Baustelle in DohaBild: picture-alliance/dpa/A. Gebert

Zwei Jahre vor der Fußball-WM in Katar hat das reiche Emirat auf anhaltende internationale Kritik reagiert und die gesetzlichen Bestimmungen zur erleichterten Ausreise von Arbeitsmigranten auf weitere Wirtschaftssektoren ausgedehnt. Mit der aktuellen Gesetzesänderung ist es fast allen Arbeitsmigranten in Katar nun möglich, das Land ohne Genehmigung des Arbeitgebers zu verlassen.

Bereits im Oktober 2018 hatte die Regierung des Emirats die Ausreisebestimmungen für ausländische Arbeiter in den meisten privaten Wirtschaftsbereichen gelockert. Von der neuen Gesetzesänderung profitierten nun auch Hausangestellte und Arbeitnehmer im öffentlichen Bereich sowie in anderen Bereichen wie dem Öl- und Gassektor und der Landwirtschaft, teilte das Innenministerium mit. Die Neuregelung gilt nicht für Mitarbeiter der Streitkräfte.

ILO sieht einen "Meilenstein"

Die Internationale Arbeitsorganisation der Vereinten Nationen (ILO) bezeichnete die Entscheidung als "wichtigen Meilenstein" in der Arbeitsmarktreform der katarischen Regierung. In den vergangenen Jahren gab es wiederholt Berichte über die Ausbeutung ausländische Arbeiter und andere Menschenrechtsverletzungen.

Katar zählt wegen seiner riesigen Gasvorkommen zu den reichsten Ländern der Welt. Der Gastgeber der Fußball-WM 2022 stand – ebenso wie andere ölreiche Staaten am Persischen Golf - in der Vergangenheit wegen schlechter Arbeitsbedingungen immer wieder in der Kritik. Kritiker warfen dem Land Todesfälle auf Baustellen und schlechte Unterkünfte für ausländische Arbeitnehmer vor. In Katar leben laut Amnesty International rund zwei Millionen Arbeitsmigranten. Sie kommen zumeist aus armen Ländern wie Bangladesch oder Nepal.

Eine Weltmeisterschaft in der Wüste

Human Rights Watch unzufrieden

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch zeigte sich unzufrieden mit der jüngsten Reform und erklärten, diese gehe nicht weit genug. Die Neuregelung beende noch immer nicht das ausbeuterische Kafala-System. Dieses Bürgschaftssystem, das vor allem in den arabischen Golfstaaten verbreitet ist, schränkt nach Ansicht von Kritikern die Rechte von Arbeitnehmern zu stark ein und führt leicht zu Missbrauch.

Noch im September hatte die Menschenrechtsorganisation Amnesty International erklärt, trotz der Reformzusagen des Golf-Emirats im Vorfeld der Fußball-Weltmeisterschaft 2022 seien die Arbeitsbedingungen von Arbeitsmigranten unverändert katastrophal. Einer Studie zufolge bleibe Katar "ein Tummelplatz skrupelloser Arbeitgeber". Für diesen Bericht wurde die Lage von hunderten Mitarbeitern dreier Unternehmen in der Bau- und Reinigungsbranche dokumentiert, die monatelang ohne Bezahlung arbeiteten. "Viele Gastarbeiter gehen in der Hoffnung nach Katar, ihren Familien ein besseres Leben zu ermöglichen - stattdessen kehren viele ohne einen Cent in der Tasche zurück, nachdem sie monatelang ihrem Lohn hinterhergerannt sind", sagte Stephen Cockburn von Amnesty International. Von den Behörden erhielten sie kaum Unterstützung.

Katar hatte sich 2017 gegenüber der Internationalen Arbeitsorganisation zu Reformen des Arbeitsrechts verpflichtet. Unter anderem wurde ein Gremium zur Streitschlichtung eingerichtet. Arbeiter, die diese wegen ausstehender Löhne anriefen, bekämen jedoch nur in seltenen Fällen ihr Geld, kritisierte die Menschenrechtsorganisation. Die säumigen Firmen beriefen sich stets auf finanzielle Schwierigkeiten.

kle/sam (dpa, afp, ape, rtre)