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Kommt der deutsche Kaufhaus-Riese?

5. Juli 2018

Fusionieren Kaufhof und Karstadt zu einer deutschen Warenhaus AG? Seit Jahren wird darüber spekuliert. Jetzt scheint eine Einigung in Sichtweite. Nach Medienberichten haben sich die Eigentümer grundsätzlich geeinigt.

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Fusion Kaufhof Karstadt
Bild: picture-alliance/dpa/H. Tittel

Die Eckpunkte einer Fusion der kriselnden Warenhauskette Kaufhof mit dem langjährigen Erzrivalen Karstadt stehen Insidern zufolge fest.

Die Ketten Karstadt, Karstadt Sport und Kaufhof sollen in einem Gemeinschaftsunternehmen zusammengefasst werden, sagten mehrere mit den Verhandlungen vertraute Personen laut verschiedenen Medien. Zuerst hatte die Zeitschrift Wirtschaftswoche darüber berichtet.

Die Fusion soll noch in diesem Monat abgeschlossen werden, so die Süddeutsche Zeitung. Die insgesamt rund 37.000 Arbeitsplätze der künftigen "Europäischen Warenhaus AG" sollen dabei weitgehend erhalten bleiben, so die Zeitung.

Karstadt gehört dem Österreicher René Benko über seine Firma Signa, Kaufhof der Hudson's Bay Company (HBC) aus Kanada. Beide sollen am Dienstag eine knapp 200 Seiten lange Absichtserklärung unterschrieben haben, die sich "Vereinbarung zu einer Fusion unter Gleichen im europäischen Warenhausgeschäft" nennt, so die Wirtschaftswoche.

Eine endgültige Entscheidung sei noch nicht gefallen, hieß es am Donnerstag aus Verhandlungskreise. Die Gespräche seien aber schon so weit vorangeschritten, dass Experten Einblick in die vertraulichen Wirtschaftsdaten der jeweils anderen Seite nehmen könnten.

Weder Kaufhof noch Karstadt wollten die Berichte bisher kommentieren.

Die Zeit drängt für Kaufhof-Eigner HBC

Die Idee einer deutschen Warenhaus AG ist nicht neu: Der Immobilienunternehmer Benko hatte mehrfach vergeblich versucht, Kaufhof zu übernehmen. HBC lehnte seine Angebote wiederholt ab, zuletzt im Februar. Die damals von Benko gebotenen rund drei Milliarden Euro lägen deutlich unter dem Wert von Kaufhof und der damit verbundenen Immobilien-Werte, hatte HBC erklärt.

Nun hat sich die Lage aber geändert - Kaufhof leidet unter laufenden Verlusten und auch HBC steht in seinem nordamerikanischen Heimatmarkt unter Druck. Gespräche über einen dringend benötigten Sanierungstarifvertrag bei Kaufhof liegen zudem auf Eis. Damit laufen Kaufhof die Kosten davon, Karstadt-Eigner Benko spielt dies in die Karten.

Einen Kahlschlag bei den Filialen der beiden Ketten, deren Warenhäuser vielfach in unmittelbarer Nähe zueinander liegen, soll es wohl nicht geben. Vermutlich würden weniger als 15 Filialen von zusammen rund 180 Häusern geschlossen, sagte einer der Insider, ein anderer sprach von bis zu fünf Standorten. Kaufhof betreibt in Deutschland derzeit 96 Warenhäuser, Karstadt 82.

Von einer Fusion erhoffen sich die Beteiligten geringere Fusion in der Verwaltung und im Einkauf. Allein durch die größeren Mengen, die ein fusionierter Konzern beziehen würde, wären höhere Rabatte möglich. Durch eine Vereinheitlichung des Sortiments entstünde zudem eine größere Macht für die Einkäufer.

Folgen für die Beschäftigten

Die Frage, ob auch die Mitarbeiter um einen Beitrag bei einer Fusion gebeten würden, ist nach Aussagen aus Verhandlungskreisen noch nicht Teil der Gespräche gewesen. Aktuell werden die Kaufhof-Angestellten nach dem Flächentarifvertrag entlohnt, für Karstadt gilt ein Haustarifvertrag mit schlechteren Konditionen.

Derzeit spricht die Gewerkschaft Verdi mit Kaufhof über einen Sanierungstarifvertrag. Dabei erhalten die Angestellten schlechtere Konditionen, um eine Sanierung des Unternehmens zu unterstützen.

Die Gewerkschaft fordert nun schnell Klarheit von den Eigentümern beider Kaufhausketten. "Es macht wenig Sinn zu spekulieren, was das alles für Auswirkungen haben könnte", sagte Bernhard Franke, der für Verdi die Verhandlungen über einen Sanierungstarifvertrag führt.

"Sobald die Eignerseite ihre Angelegenheit geklärt hat, werden wir in Gespräche eintreten, um Regelungen zu finden, die die Interessen der Beschäftigten von beiden Unternehmen wahren", so Franke weiter.

Eine Entscheidung über den Standort einer möglichen gemeinsamen Konzernzentrale ist nach dpa-Informationen noch nicht gefallen. Kaufhof hat seinen Sitz in Köln, Karstadt in Essen.

Es sei aber völlig klar, dass bei einem Zusammenschluss die operative Führung des Unternehmens bei Karstadt liegen werde, hieß es aus Verhandlungskreisen. "Wir sind aber noch ein gutes Stück von einer Einigung entfernt, das kann alles wieder platzen", hieß es in den Kreisen weiter.

HBC hatte Kaufhof im Oktober 2015 übernommen, doch seitdem kommt die Kette nicht in Schwung. Im abgelaufenen Geschäftsjahr hat sie rund 100 Millionen Euro Verlust gemacht. HBC steht zudem unter Druck von Investoren, die einen Verkauf des Europa-Geschäfts fordern.

Karstadt wurde von Benko im Jahr 2014 übernommen. Seitdem wurde saniert und gespart. Ein Sanierungstarifvertrag mit der Gewerkschaft sichert der Kette zudem Kostenvorteile gegenüber Kaufhof. Im vergangenen Geschäftsjahr machte Karstadt ein leichtes Plus von 1,4 Millionen Euro, im laufenden Jahr wird ein "ausgeglichenes" Ergebnis erwartet.

bea/hb (dpa, reuters, dpa, wiwo, sz)