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Kehrtwende der Christdemokraten bei Präsidentenwahl in Moldova

7. April 2005

Überraschend haben die Christdemokraten in Moldova für die Wiederwahl des kommunistischen Präsidenten Woronin gestimmt. Noch vor kurzem wollte die Opposition eine "orange Revolution" einleiten. Warum diese Kehrtwende?

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Bleibt im Amt: Wladimir Woronin, Präsident der Republik MoldauBild: AP

Die moldauischen Abgeordneten haben Wladimir Woronin, den amtierenden kommunistischen Präsidenten, am Montag (4.4.) in seinem Amt bestätigt und ihm damit ein zweites Mandat gegeben. Moldova (Moldawien) ist die einzige ehemalige Sowjetrepublik, deren Parlament noch immer so mächtig ist, das es auch den Präsidenten wählt. Dafür ist allerdings eine Drei-Fünftel-Mehrheit der Abgeordneten-Stimmen nötig. 75 der 101 Abgeordneten stimmten für Woronin, davon gehören 56 der regierenden Kommunistischen Partei der Republik Moldova (PCRM) an.

Statt Revolution ein Bündnis mit den Kommunisten

Die anderen 16 Abgeordneten, die Woronin ihre Stimme gaben, vertreten die Demokratische Partei, die sozial-liberale Partei, die sich von dem nationalistischen Wahlbündnis, dem zentristischen Block Demokratische Moldau (BMD) abgetrennt hatte, und – ganz überraschend – die Christdemokraten unter der Führung von Iurie Rosca. Die Christdemokraten verdanken ihre Sitze im Parlament den Stimmen der Moldau-Rumänen aus der Provinz Bessarabien. Eine seltsame Hochzeit der Christdemokraten mit den Kommunisten, wenn man sich erinnert, dass ausgerechnet sie diejenigen waren, die eine "orange Revolution" in der Republik Moldau durchführen wollten. Eine große Enttäuschung auch für viele Wähler in der Republik Moldau und vor allem in der Provinz Bessarabien. Und eine gewagte Entscheidung, die die Zukunft der Christlich-Demokratischen Partei und ihres Vorsitzenden Iurie Rosca stark beeinträchtigen könnte.

Schulterschluss gegen Russland

Aus welchen Gründen haben die Christdemokraten diese überraschende Kehrtwende vollzogen? Auslöser für die Annäherung zwischen der Christlich-Demokratischen Partei und dem Präsidenten Woronin, erklärte Iurie Rosca, sei die "feindliche Haltung" der Regierung der Russischen Föderation gegenüber der Republik Moldau. Vor einem gemeinsamen Gegner, der für die Einheit und Unabhängigkeit der Republik Moldau eine große Gefahr darstelle, müsse man zusammenrücken, so der Vorsitzende der Christdemokraten.

Iurie Rosca hielt diesbezüglich Absprache mit dem georgischen Präsidenten Micheil Saakaschwili. Dieser habe sich als ein aufrichtiger Freund erwiesen. "Ich bin über seine Anteilnahme sehr geehrt", sagte Rosca. "Ich bin gleichermaßen über die weise Freundschaft des rumänischen Präsidenten Traian Basescu geehrt, der mir versicherte, dass dieses Bündnis angesichts der Umstände unabdingbar sei, und dass Rumänien stets an der Seite der Republik Moldau stehen und deren Reformpolitik sowie deren Bestreben, Mitglied der EU zu werden, unterstützen werde", erklärte Iurie Rosca weiter.

Anfang März hatten sich die Kommunisten bei der Parlamentswahl behauptet. Zum Missfallen Moskaus strebt Präsident Woronin inzwischen eine Annäherung seines Landes an die Europäische Union an. Darüber hinaus wirft die Führung in Chisinau Russland die Unterstützung der separatistischen Region Transnistrien vor.

Gemeinsam Richtung Europa?

Die moldauischen Christdemokraten begrüßen den Europakurs von Woronin. "Ich habe ernsthaft darüber nachgedacht", erklärte Rosca, "dass Präsident Woronin ein Alter und eine politische Größe erreicht hat, in der er nicht mehr darauf bedacht sein kann, unehrlich zu sein. Es ist seine letzte Amtszeit und er ist bestrebt, sein Lebenswerk zu vollenden. Ich denke, wir sollten ihn in seinem Bestreben, seinen guten Ruf aufrecht zu erhalten, unterstützen." Gleichzeitig sei die nationale Christlich-Demokratische Partei kein bisschen von ihren politischen Prinzipien abgewichen. "Wenn sich der Präsident Woronin bereit erklärt, mit uns gemeinsam dieselben Prinzipien zu fördern, kann ich in seine ausgestreckte Hand nur einschlagen", sagte Iurie Rosca.

Die Streitigkeiten zwischen der Regierung und der Opposition hätten immer einen sachlichen und nie einen persönlichen Charakter gehabt. Nun, da die Republik Moldau den Weg der europäischen Integration eingeschlagen habe, sei eine politische Partnerschaft zwischen der Regierung und der Opposition zum Zwecke der Stärkung der demokratischen Einrichtungen des Staates willkommen, begründete der Christdemokrat Iurie Rosca seine Politik.

Ehe auf Zeit?

Gleichzeitig scheint er sich aber sehr wohl bewusst zu sein, welche verheerenden Folgen dieses Bündnis für die Zukunft seiner Partei haben könnte. Deswegen ist die Allianz mit den Kommunisten vorerst eine Ehe auf Zeit. In dreieinhalb Monaten will er seinen Parteifreunden beweisen, dass dieses Bündnis für die Republik Moldau durchaus von Vorteil sein kann. Die Chancen, dass er in dieser knappen Probezeit die Versprechen gegenüber seiner Wählerschaft einlösen kann, sind sehr gering. Das würde nämlich u.a. bedeuten, dass die kommunistische Regierung die Kontrolle über die Medien aufgeben müsste, das Justizwesen unabhängig und die Zusammensetzung der Zentralen Wahlkommission geändert würden.

Vitalie Calugareanu, Chisinau
DW-Radio/Rumänisch, 05.04.2005, Fokus Ost-Südost