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Kein Ende des Ölpreisverfalls in Sicht?

Klaus Ulrich8. Dezember 2015

Trübe Aussichten für die Ölindustrie: Ein Ende der Ölschwemme ist nicht absehbar, die Hoffnung auf steigende Preise ist zuletzt wieder geschwunden - bedrohlich auch für die Förderländer.

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CEP Erdölbohrungen in Brandenburg
Bild: picture-alliance/dpa

Wegen des weltweiten Überangebots hat sich der Ölpreis seit Mitte 2014 mehr als halbiert. Hintergrund ist der Anstieg der Förderung im Zuge des Schiefergas-Booms in den USA mit Hilfe der umstrittenen Fracking-Technik. Zudem sinkt die Nachfrage infolge einer wirtschaftlichen Schwäche von Großverbrauchern wie China und anderen Schwellenländern.

Nach dem jüngsten Preisrutsch ist am Ölmarkt wieder etwas Ruhe eingekehrt. Brent verteuerte sich am Dienstag um 0,5 Prozent auf 40,94 Dollar je Barrel - am Montag hatte die Aussicht auf eine anhaltende Rohölschwemme den Preis zeitweise um 5,6 Prozent auf 40,60 Dollar je Fass gedrückt. Das war der niedrigste Stand seit fast sieben Jahren.

Opec-Entscheidung drückt die Preise

Auslöser war die Entscheidung der Opec vom Freitag, ihre Politik der hohen Förderung beizubehalten. Damit habe die Opec signalisiert, dass sie ihre Langzeitstrategie, die Produktion im Zweifel zu begrenzen, offenbar aufgegeben habe - die Folge sei ein steigender Druck auf die Ölpreise, sagte Sanjiv Shah, Chefstratege bei Sun Global Investments.

Einen kleinen Lichtblick sieht die Weltbank für die Förderländer im kommenden Jahr. Sie prognostiziert für 2016 einen durchschnittlichen Preis von 51 Dollar pro Barrel. Damit würde er nur einen Dollar unter dem erwarteten Durchschnittspreis für 2015 liegen.

Anderer Meinung ist Eugen Weinberg, Rohstoffexperte von der Commerzbank. Er glaubt, die Ölpreise würden nach der Opec-Entscheidung noch deutlich länger im Keller bleiben, als man zuvor gedacht hätte. "Darunter dürften die ölexportierenden Volkswirtschaften nicht nur der Opec-Länder, sondern auch Ölförderer wie Russland, Mexiko oder Norwegen leiden", so Weinberg gegenüber der DW. Der Internationale Währungsfonds (IWF) sieht auch Probleme in Ländern wie Venezuela, dem Irak oder Nigeria.

Öl-Angebot dürfte hoch bleiben

Das Öl-Angebot dürfte hoch bleiben, warnt auch die Weltbank. Denn mit dem Iran kommt ein wichtiger Förderer zurück auf den Markt. Nachdem sich Teheran mit dem Westen auf einen Kompromiss zum Nuklearprogramm geeinigt hat, kann die Ölförderung wieder kräftig hochgefahren werden. "Nach dem Ende der Sanktionen ist es unser Recht, sofort wieder zum Produktionslevel zurückzukehren, das wir im historischen Durchschnitt hatten", hatte Irans Ölminister Bijan Namdar Zanganeh Anfang September gesagt.

Zudem könnten die Ölpreise im nächsten Jahr auch durch eine Abschwächung der Weltwirtschaft unter Druck geraten, die den Energiebedarf dämpft. Dem IWF zufolge stellen die drastisch gesunkenen Rohstoffpreise eines der größten Risiken für die Konjunktur dar.

Vor negativen Folgen anhaltend niedriger Ölpreise warnt auch die Internationale Energieagentur (IEA). "Niedrigere Preise sind nicht nur gute Nachrichten für Verbraucher", heißt es im Jahresbericht der Energieagentur. So bestehe das Risiko, dass notwendige Investitionen in die Ölförderung unterblieben. Darüber hinaus könne sich die Abhängigkeit von Ölproduzenten aus dem Nahen Osten erhöhen, deren Förderkosten besonders niedrig seien.

Druck auf den Ölpreis steigt sogar

Experten gehen davon aus, dass der Ölpreis sogar noch stärker unter Druck geraten könnte. "Die Stimmung am Markt hat erneut zum maximalen Pessimismus gedreht - die Rede ist wieder vom 20-Dollar-Ölpreis", heißt es im Ausblick des Analysehauses Energy Aspects.

"Der Ölpreis könnte weiter fallen, das Risiko besteht", sagt Spencer Welch, Ölmarkt-Experte von der Unternehmensberatung IHS in London im Gespräch mit der DW. Er schränkt aber ein: "Wenn der Ölpreis auf nahezu 20 Dollar pro Barrel sinkt, würde das Öl-Angebot zurückgehen und das würde den Preis wieder hoch treiben."

Generell ist Welch der Meinung, der niedrige Ölpreis sei schlecht für die Fracking-Industrie, aber auch schlecht für eine Weiterentwicklung erneuerbarer Energien.

Energiewende in Deutschland gefährdet?

Ist deshalb sogar die Energiewende in Deutschland gefährdet? Eugen Weinberg weist dies entschieden zurück, denn in Deutschland stünden sowohl die Öl wie auch Gas nicht in direkter Konkurrenz zu den erneuerbaren Energien. Öl und Gas würden ja in der Regel nicht zur Stromerzeugung verwendet. Der größte Abnehmer von Öl seien der Transport- und Mobilitätssektor und Gas werde in Deutschland meistens zu Heizzwecken verwendet. "Also werden die niedrigen Ölpreise die Energiewende bei uns nicht beeinträchtigen."

Die niedrigen Preise wirkten in vielen Industriestaaten - auch Deutschland - sogar wie ein Konjunkturprogramm. "Weil der schwache Ölpreis nicht mit einer fallenden Nachfrage, sondern vor allem durch die Opec erzeugt wird, wird unsere Wirtschaft aktuell eher befeuert", sagt Eugen Weinberg. "In diesem Jahr sollte die Ölnachfrage so stark steigen wie selten zuvor - und das ist wahrscheinlich auch eine Folge der niedrigeren Ölpreise."