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Kein Gott für die Mafia

Klaus Krämer24. Juni 2014

Papst Franziskus hatte die Gläubigen auf seiner Seite, als er die Mitglieder der Mafia exkommunizierte. Doch was sagt das Recht der katholischen Kirche dazu?

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Papst Franziskus in Sibari, Italien (Foto: REUTERS/Giampiero Sposito)
Bild: Reuters

Es war ein Tagesausflug in eine der ärmsten Gegenden Italiens - mit einer ganz besonderer Note: Papst Franziskus hat am vergangenen Samstag bei einem Gottesdienst im süditalienischen Kalabrien in einem flammenden Appell zum Kampf gegen die Ndrangheta, die dortige Mafia aufgerufen. Dieses Böse müsse bekämpft und entfernt werden. "Wir müssen ihm Nein sagen", forderte der Papst in der Provinzstadt Cassano allo Ionio.

50.000 Gläubige waren zu dem Gottesdienst erwartet worden, 200.000 kamen. Vielleicht hat das den Oberhirten zusätzlich beflügelt, seine besondere Aussage folgen zu lassen: "Jene, die in ihrem Leben dieser Straße des Bösen folgen wie die Mafiosi, sind nicht in Gemeinschaft mit Gott, sie sind exkommuniziert." Starke Worte des katholischen Kirchenoberhauptes. Nie zuvor hat ein Papst Mitglieder der Mafia insgesamt ausdrücklich als "exkommuniziert" bezeichnet, also aus der kirchlichen Gemeinschaft ausgeschlossen.

Großer Andrang beim Papstgottesdienst in Kalabrien (Foto: VINCENZO PINTO/AFP/Getty Images)
Große Resonanz: der Papstgottesdienst in KalabrienBild: Vincenzo Pinto/AFP/Getty Images

Doch ist diese von den meisten Gläubigen begrüßte Aussage überhaupt vom katholischen Kirchenrecht gedeckt? "Nein", sagt Thomas Schüller, Professor für Kirchenrecht an der Universität Münster. "Es ist eine rechtspolitisch zu verstehende Exkommunikation, denn eine Exkommunikation muss immer auf eine konkrete Person hin ausgesprochen werden unter Nennung der nachgewiesenen Tat und unter Nennung der Rechtsfolgen." Aus diesem Grund habe solch eine kollektive Exkommunikation im Moment keine Folgen.

Bereits im Jahr 1994 hatten die sizilianischen Bischöfe in einem Seelsorgepapier geschrieben: "Die Mafia gehört ohne Ausnahme zum Reich der Sünde." Alle, die ihr freiwillig angehörten, müssten wissen, "dass sie in einem nicht heilbaren Widerspruch zum Evangelium Jesu Christi leben und dementsprechend außerhalb der Gemeinschaft der Kirche stehen." Von Exkommunikation war in diesem Papier wortwörtlich nicht die Rede.

Thomas Schüller unterstreicht den legitimen mahnenden Charakter, des damaligen Schreibens, betont jedoch: "Es geht nicht an, dass Bischöfe, auch nicht der Papst, einfach eine ganze Personengruppe, die man ja jetzt noch identifizieren und namentlich benennen müsste, unter kollektiven Exkommunikationsverdacht stellt." Von daher sei das eine Aussage auf einer Metaebene, die politisch das Signal sende: "Ihr seid nicht mehr Teil der katholischen Kirche, denn ihr habt ein menschenunwürdiges Ziel, nämlich Tötung von Leben."

Kirchenrechtler Thomas Schüller von der Universität Münster (Foto: dpa - Bildfunk)
Kirchenrechtler Thomas Schüller: Exkommunikation hat keine FolgenBild: picture-alliance/dpa

Der Papst kämpft weiter gegen die Sünde

Thomas Schüller weist im DW-Interview darauf hin, dass Papst Franziskus auch mit der ausgesprochenen Exkommunikation gegenüber den Mafiosi seinem Stil treu bleibt, "weil er gegen jede strukturelle Sünde massiv vorgeht." Bereits in seinem ersten Schreiben habe er den ungezügelten Kapitalismus hart gegeißelt. "Er sagt, dass dazu auch politische, wirtschaftliche Kartelle und Systeme gehören - und dazu gehört eben auch die Mafia."

Ob die ausgerufene Exkommunikation bei den Adressaten Wirkung zeigt, darüber kann der Münsteraner Kirchenrechtler nur spekulieren. "Wichtig ist an dieser Botschaft die soziale Ächtung, die damit ausgesprochen wird." Man könne hoffen, dass diese Worte des Papstes in Zukunft wenigstens bei manchen eine Umkehr hervorbringe, so Schüller. "Ich bin da allerdings sehr skeptisch."