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Kein Marathon am Krankenbett

Monika Lohmüller10. September 2003

Bereitschaftsdienste in Krankenhäusern gehören künftig zur Arbeitszeit: Dieser Richterspruch des Europäischen Gerichtshofs könnte das deutsche Gesundheitswesen Milliarden kosten. Ein Kommentar von Monika Lohmüller.

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Bereitschaftsdienst ist Arbeitszeit. Wer das bislang nicht wahrhaben wollte, hat es jetzt schwarz auf weiß: Der Richterspruch aus Luxemburg ist eine Genugtuung für jene Ärzte, die seit Jahren unerträglich lange Dienste, manchmal bis zu 30 Stunden, in den Krankenhäusern schieben. Denn nach der Tagesschicht folgt nicht selten die Bereitschaft: Dann bleiben die Ärzte bis zum nächsten Morgen in der Klinik, um in akuten Fällen medizinische Hilfe zu leisten. Wenn wenige Notfälle zu behandeln sind, dann haben sie Glück und können ein paar Stunden schlafen. Doch das richtige Leben sieht anders aus. Nicht selten sind die Bereitschaftsärzte rund um die Uhr im Einsatz. Erlaubt ist das nicht. Das deutsche Arbeitsschutzgesetz schreibt Ruhezeiten vor. Und entsprechend dieser Rechtslage wird der Dienst dann auch vergütet.

Der Marathon am Krankenbett hat mit dem Urteil ein Ende gefunden. Und niemand dürfte überrascht sein. Denn schon vor drei Jahren befand der Europäische Gerichtshof, dass Bereitschaftsdienst eben Arbeitszeit ist. Vor drei Jahren hatten spanische Ärzte geklagt und Recht bekommen. Was also in Spanien gilt, gilt für Europa, gilt bereits in Skandinavien, warum nicht in Deutschland? Spätestens zu diesem Zeitpunkt hätte die Bundesregierung diesen Streit mit einer Gesetzesänderung beenden können. Doch was scheren mich ausgebeutete Ärzte, gefährdete Patienten, wenn es um Milliarden geht! War das der Grund warum die europäische Richtlinie noch nicht umgesetzt wurde? Ein Schuft, der Böses dabei denkt!

Dass jetzt der Ruf nach neuen Stellen vor allem von den Ärzteverbänden laut wird, liegt auf der Hand. Sie beantworten auch gleich die Kostenfrage: Die Schaffung Tausender neuer Stellen koste das Gesundheitswesen Milliarden, heißt es. Und all das werde die Beiträge zur Krankenversicherung steigen lassen. Da mag etwas dran sein. Aber vielleicht könnten die Funktionäre auch einmal das Geld beiseite legen und den Blick in zahlreiche Kliniken werfen, die bereits Arbeitszeitmodelle entwickelt haben, die weit weniger kosten. Durch das Urteil aus Luxemburg sind Gesetzgeber, Kliniken und Verbände unter Druck geraten. Die Bundesregierung kündigte bereits eine rasche Umsetzung an. Und dann sollte es vornehmlich um intelligente Lösungen gehen. Schließlich dient das Urteil aus Luxemburg dem Wohl der Patienten - und der Ärzte.