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Keine Abschiebung für weinende Reem

5. September 2015

Es war ein aufsehenerregendes Treffen: Ein palästinensisches Mädchen berichtet Bundeskanzlerin Merkel von ihrer drohenden Abschiebung - und bricht in Tränen aus. Jetzt darf ihre Familie bleiben.

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Deutschland Kanzlerin Merkel Bürgerdialog mit Jugendlichen (Foto: bundesregierung.de)
Bild: bundesregierung.de

Reem Sahwil, das Flüchtlingsmädchen aus Palästina darf bleiben. Die 14-Jährige und ihr Vater haben ein befristetes Aufenthaltsrecht in Deutschland erhalten, teilte die Stadt Rostock mit. Dort lebt Reem mit ihrer Familie. "Ich freue mich, dass wir innerhalb der gesetzlichen Vorgaben weitere Weichen für eine gute Perspektive stellen konnten", erklärte dazu der Rostocker Finanz- und Verwaltungssenator Chris Müller. Reem sei "ein Beispiel für gelingende Integration in unserer Hansestadt."

Ihr Tränenausbruch bei einer Diskussion zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und Jungendlichen aus Rostock rührte im Juli im ganzen Land die Menschen. Merkel hatte zuvor deutlich gemacht, dass nicht alle Flüchtlinge nach Deutschland kommen könnten und dass manche auch wieder zurückgehen müssten. Die Kanzlerin hatte das Mädchen, als sie dessen Reaktion bemerkte, gestreichelt und zu trösten versucht. Über die Geste und das Schicksal Reems war unter dem Hashtag #merkelstreichelt heftig diskutiert worden. Die Kanzlerin wurde teils als hartherzige oder abgezockte Frau beschimpft. Viele andere jedoch zeigten auch Verständnis für Merkel, da sie es vermieden habe, sich persönlich einzuschalten und so für Reem einen Präzedenzfall zu schaffen.

Die Familie hatte bislang lediglich den unsicheren Status der Duldung; ihr drohte damit eine Abschiebung. Nun wurde Reem und ihrem Vater zunächst bis März 2016 der rechtliche Status "humanitärer Aufenthalt" zuerkannt. Diese Erlaubnis werde halbjährlich überprüft. Es sei davon auszugehen, dass die Behörden bei den kommenden Prüfungen zu keinem anderen Ergebnis kommen werden. Die endgültige Klärung erfolge spätestens zum März 2017.

Weitere Familienmitglieder bleiben "geduldet"

"Damit die Familie zusammenbleiben kann, wird keine Abschiebung stattfinden", sicherte die Stadt Rostock aber zu: Für die Mutter und den jüngeren Bruder Reems würden derzeit noch weitere Dokumente aus dem Libanon benötigt.

Der Berliner Rechtsanwalt Hans-Eberhard Schultz, der die Interessen Reems und ihrer Familie vertritt, zeigt sich erfreut über die Entwicklung, die keineswegs sicher war. Er will das Mädchen nun auch bei Medienanfragen beraten und dafür sorgen, dass es nur in Gegenwart von Übersetzern und Vertrauten mit Pressevertretern redet. Der Rummel habe in den vergangenen Wochen viel Energie gekostet. "Es gilt nun zunächst, Ruhe in die Sache bringen", sagt er.

Die Kanzlerin und Reem waren Mitte Juli beim Bürgerdialog "Gut leben in Deutschland" in der Rostocker Paul-Friedrich-Scheel-Schule aufeinandergetroffen. Dabei hatte die teilweise gelähmte Reem, die seit vier Jahren in Rostock lebt, von ihrem Schicksal und dem ihrer Familie berichtet. "Es ist wirklich sehr unangenehm, zuzusehen wie andere das Leben genießen können und man es selber halt nicht mitgenießen kann", hatte sie in bestem Deutsch gesagt. "Ich weiß nicht, wie meine Zukunft aussieht." Merkels hatte in ihrer Antwort auf die Gesetzeslage und die vielen Zehntausend Flüchtlinge verwiesen, die nach Europa kommen wollen. "Und wenn wir jetzt sagen: Ihr könnt alle kommen und Ihr könnt alle aus Afrika kommen (...) Das können wir auch nicht schaffen." Mitten in der Antwort war Reem in Tränen ausgebrochen. Merkel war mit den Worten "Ooch komm, das hast du doch prima gemacht" zu ihr gegangen und hatte ihr die Wange gestreichelt.

pab/djo (afp, dpa)