Keine Einsicht in NSA-Spionageziele
14. Oktober 2016Im Streit um die Herausgabe der brisanten NSA-Selektorenliste durch die Bundesregierung gibt es eine erste Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe: Die sogenannte G-10-Kommission, die die Überwachungspraktiken der deutschen Geheimdienste prüft und genehmigt, ist demnach nicht berechtigt, über eine Organklage Einsicht in die Liste zu erzwingen, wie das Gericht in Karlsruhe mitteilte. Laut Auffassung des Gerichts übt das kleine Gremium keine parlamentarische Kontrollfunktion aus. Der Antrag scheiterte also aus formalen Gründen, eine inhaltliche Bewertung nahmen die Richter nicht vor.
Anhängig ist aber noch eine Klage von Grünen und Linken im Bundestag, die eine Herausgabe der Liste mit den unzulässigen Spionagezielen an den NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestags durchsetzen wollen.
40.000 Suchmerkmale
Der US-Geheimdienst hatte die Selektorenliste mit mehr als 40.000 Suchmerkmalen wie Telefon- beziehungsweise Mobilfunknummern, E-Mail- oder IP-Adressen dem Bundesnachrichtendienst (BND) zur Ausspähung vorgelegt. 2013 wurde bekannt, dass der BND den Amerikanern über Jahre dabei geholfen hat, europäische Unternehmen, EU-Institutionen und Politiker auszuforschen. Tausende dieser Suchmerkmale sortierte der BND nachträglich aus, weil sie gegen deutsche Interessen verstießen.
Die Bundesregierung verweigert die Herausgabe der Liste. Stattdessen wurde mit Koalitionsmehrheit der Verwaltungsrichter Kurt Graulich als "Vertrauensperson" bestellt. Dieser nahm Einsicht in die Liste und unterrichtete anschließend den Untersuchungsausschuss.
Die G-10-Kommission besteht aus vier Mitgliedern plus vier Stellvertretern. Ihre Aufgabe ist es, Abhörmaßnahmen vorab zu genehmigen. Denn das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis in Deutschland ist in Artikel 10 des Grundgesetzes besonders geschützt - daher der Begriff G-10-Kommission.
se/kle (dpa, afp)