Keine Koalition in der Türkei in Sicht
15. Juli 2015Der Chef der islamisch-konservativen Regierungspartei AKP, Ministerpräsident Ahmet Davutoglu, hat sich in Ankara mit der Führung der pro-kurdischen HDP getroffen. Ein Bündnis zwischen beiden Parteien scheint unwahrscheinlich. Dennoch zeigt allein die Tatsache, dass die seit Jahrzehnten als Separatisten abgestempelten Kurden zum Sondierungsgespräch eingeladen wurden, die wachsende Akzeptanz der Volksgruppe in der politischen Landschaft. Vor der Begegnung rief der Co-Vorsitzende der HDP, Selahattin Demirtas, die "Kurdische Arbeiterpartei" (PKK) dazu auf, nach mehr als 30 Jahren des bewaffneten Kampfes gegen den türkischen Staat die Waffen niederzulegen.
Davutoglu als Chef der stärksten Fraktion hat nun alle drei im Parlament vertretenen Oppositionsparteien konsultiert. Eine zweite Gesprächsrunde soll in der kommenden Woche folgen.
Säkulare CHP will Erdogans Macht beschneiden
Am Dienstag war Davutoglu mit dem Vorsitzenden der ultrarechten MHP, Devlet Bahceli, zusammengetroffen. Die Nationalisten sprachen sich jedoch gegen ein Bündnis aus, wie Davutoglu anschließend mitteilte. Am Montag hatte er Gespräche mit der größten Oppositionspartei, der säkulare CHP, geführt. Diese fordert allerdings, die Machtbefugnisse von Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan zu beschneiden, was wiederum die AKP strikt ablehnt.
Die AKP war aus der Parlamentswahl am 7. Juni als stärkste Kraft hervorgegangen. Erstmals in ihrer bisher 13-jährigen Herrschaft verfehlte sie jedoch die absolute Mehrheit und ist nun auf einen Koalitionspartner angewiesen. Sollte bis Ende August keine Regierung zustande kommen, müssten für den Herbst Neuwahlen in der Türkei angesetzt werden.
Finanzminister warnt vor Neuwahlen
Vor solch einem Schritt warnt allerdings Finanzminister Mehmet Simsek. Die Wirtschaft würde schweren Schaden nehmen, sollten die Koalitionsverhandlungen tatsächlich scheitern, erklärte Simsek vor Journalisten in Ankara. Investoren würden angesichts der politischen Unsicherheit abgeschreckt. Er wies darauf hin, diese Phase der politischen Instabilität gelte dann für das restliche Jahr 2015.
se/wl (afp, rtre, dpa)