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Keine Lösung im Streit mit Warschau

Barbara Wesel, Brüssel13. September 2016

Das Europaparlament kritisiert die Entwicklung in Polen, ein Sprecher der polnischen Regierungspartei bezeichnet die Mahnungen als "politisches Manöver". Auch Rufe wie "Hände weg von Polen" sind zu hören.

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Flaggen von Polen und der EU (Foto: Picture alliance)
Bild: picture-alliance/Pacific Press/B. Zawrzel

Der Streit zwischen der EU und Warschau ist nicht ausgestanden. Die polnische Regierung lehnt weiterhin Mahnungen aus Brüssel als "Einmischung" ab. Deshalb will das Europaparlament mit einer erneuten Resolution auf die ungelösten Fragen hinweisen. Nach wie vor geht es vor allem um die Zusammensetzung des Verfassungsgerichtes, die Veröffentlichung seiner Urteile und seine Kompetenzen: Die Lage sei unverändert, erklärt EU-Kommissar Frans Timmermans in Straßburg dazu. Der Entwurf der Resolution steht, am Mittwoch soll das Europaparlament das Papier verabschieden.

Resolution soll Rechtsstaatlichkeitsverfahren unterstützen

Es gebe in Polen weiterhin eine "systembedingte Gefährdung der Rechtsstaatlichkeit", heißt es in der Resolution des EP, die von den fünf großen Fraktionen von Christdemokraten bis zu Linken unterstützt wird. Sie hat keine praktische Wirkung, soll aber das Thema auf der Tagesordnung halten und Öffentlichkeit dafür schaffen. Es gehe um den Dialog, betonen etwa die Sozialdemokraten. Man sehe eine zunehmende Tendenz, Grundfreiheiten anzugreifen, sagt der Fraktionsvorsitzende Gianni Pitella: "Wir kämpfen für euch, nicht gegen euch." Aber schon die Debatte zeigt: Auf der Seite der polnischen Rechtsparteien will keiner zuhören.

Der polnische Christdemokrat Janusz Lewandowski hielt dabei das leidenschaftlichste Plädoyer zur Verteidigung der Demokratie in seinem Land: Die gegenwärtige Regierung gefährde die starke Position Polens in der EU und die starke Wirtschaft, indem sie die demokratische Entwicklung infrage stelle.

"Die Menschen haben nicht dafür gestimmt, die Medien zu säubern, sie haben nicht gegen das Verfassungsgericht gestimmt, nicht für die Kolonisierung der Verwaltung durch die PiS-Partei", sagt Lewandowski. Sie müssten die Wahrheit hören. Die echten Freunde Polens seien jene, die gegen die nationalistischen Tendenzen in Warschau ihre Stimme erheben.

Europaparlament Debatte Polen - Protest vor dem Parlament (Foto: picture-alliance/Wiktor Dabkowski)
Proteste von Anhängern der polnischen Regierung vor dem Europäischen Parlament im JanuarBild: picture-alliance/Wiktor Dabkowski

"Vorurteile gegen Regierung in Warschau"

Der Sprecher der nationalkonservativen polnischen PiS-Partei, die mit den britischen Konservativen in einer europakritischen Fraktion zusammengeschlossen ist, lehnt die anhaltenden Mahnungen der EU als "politisches Manöver" ab. Ryszard Legutko klagt, die EU hätte bloß Vorurteile gegen die Regierung in Warschau und könne keine Meinungsunterschiede ertragen. Er bezeichnet das Rechtsstaatlichkeitsverfahren als eine Verletzung der EU-Verträge.

Unterstützung bekommt er von einigen weiteren Vertretern der polnischen Rechten, die etwa "Hände weg von den Polen" und "dies ist eine Attacke auf unser Vaterland" rufen. Das Ganze sei ein Angriff der schädlichen Politik der Eliten.

"Masterplan der PiS"

"Die PiS-Partei will mit einem Masterplan die polnische Gesellschaft umbauen", sagt die sozialdemokratische Abgeordnete Sylvia-Yvonne Kaufmann. Sie ist vor Kurzem mit einer kleinen Delegation durch Polen gereist und hat dort mit Oppositionellen gesprochen. Die Entwicklung im Land sieht sie kritisch, hofft aber auf die Widerstandskraft der polnischen Zivilgesellschaft.

Das "Komitee für Demokratie und Gerechtigkeit", das die jüngsten Massendemonstrationen gegen die Regierung organisiert hatte, werde den Kampf weiterführen, glaubt die Abgeordnete. Auch eine Veranstaltung mit mehr als tausend polnischen Richtern, die die Regierungspolitik kritisierten, spreche für demokratisches Engagement. Allerdings stellt Kaufmann auch fest, dass die Unterstützung für die PiS-Partei in der Bevölkerung wachse, weil diese soziale Wohltaten verteile.

Europa könne da wenig tun, außer die Probleme ständig öffentlich zu machen und zu diskutieren: "Es gibt die Gefahr, dass die Visegrad-Gruppe (Anm. d. Red.: Polen, Tschechien, Ungarn, Slowakei) immer härter wird", und man dürfe diese Entwicklung nicht befördern und die Länder ausgrenzen, betont Kaufmann. Dennoch gehe die Entwicklung stärker in Richtung einer "Blockbildung" - eine Gefahr für den Zusammenhalt in Europa.