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Kennedy in Berlin

Suzanne Cords17. Juni 2013

Vor 50 Jahren besuchte John F. Kennedy die Bundesrepublik, und die Deutschen jubelten ihm begeistert zu; doch das USA-Fieber war längst schon in anderer Form ausgebrochen: Musik aus den USA hatte die Jugend infiziert.

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John F. Kennedy in Berlin 1963 am Rednerpult Foto: picture alliance/Sven Simon
Bild: picture alliance/Sven Simon

"Alle freien Menschen, wo auch immer sie leben mögen, sind Berliner Bürger, und deswegen sage auch ich voller Stolz: "Ich bin ein Berliner." Mit diesen Worten traf John F. Kennedy die Einwohner der geteilten Stadt mitten ins Herz; der mächtigste Politiker der damaligen Welt erklärte sich solidarisch mit ihnen. Man hatte sie nicht vergessen.

Rund zwei Millionen Schaulustige hatten sich auf der Berliner Route des smarten jungen US-Präsidenten versammelt und machten seinen Besuch zu einem wahren Triumphzug. Beim Abflug aus Deutschland meinte ein bewegter Kennedy zu einem seiner engsten Berater: "So einen Tag wie heute werden wir nie mehr erleben."

Rebellion gegen das Spießbürgertum

Doch die Begeisterung für die USA zeigte sich längst auch anderswo. Während Kennedy auf den Straßen Berlins gefeiert wurde, spielten die Radiosender den Hit "If I Had a Hammer" des Texaners Trini Lopez rauf und runter.

Elvis Presley, umrundet von Fans Copyright: Claus-Kurt Ilge
Elvis Presley war auch für deutsche Teenager ein IdolBild: Claus-Kurt Ilge

 Was die in Deutschland stationierten G.I.s an US-amerikanischer Live-Kultur importierten, traf auf begeisterte Reaktionen. Vor allem die Musik beeinflusste eine ganze Generation maßgeblich; mit dem wilden und lauten Rock 'n' Roll rebellierten die Teenager im spießigen Nachkriegsdeutschland gegen die kleinbürgerlichen Moralwerte ihrer Eltern. Als Elvis Presley 1958 seinen Militärdienst in Deutschland absolvierte, lagen ihm nicht nur Mädchenherzen zu Füßen; überall wurde der King von Fans belagert. 1963 stand er mit  "Kiss Me Quick "ganz oben in den deutschen Charts.

Fräuleins und Boys

Nach dem  verlorenen Krieg wurden  G.I.s Jahrzehnte lang zu Botschaftern der populären amerikanischen Kultur. Vor allem in den 50er und 60er Jahren begegneten sich Amerikaner und Deutsche in den Soldatenclubs. Hier gab es keine Verlierer und Besatzer, sondern nette Fräuleins und smarte Boys mit lässigem Charme. Von Frankfurt über Bonn bis Hamburg tanzte man zu den Klängen aus Übersee. 

"Von G. I. Blues zu G. I Disco – Der American Way of Music in Deutschland", eine Ausstellung des AlliertenMuseums in Berlin (vom 24. Mai 2013 bis 27. April 2014) Szene aus dem Berliner Jazz-Club Badewanne, um 1955. Die Badewanne war in den 50er und 60er Jahren der bekannteste Jazzclub Berlins Tanzende Jugendliche Anfang der 60er Jahre Copyright: John Provan, Kelkheim
Rock'n Roll war angesagtBild: John Provan, Kelkheim

Die amerikanischen Soldaten hatten nicht nur ihre Musik im Gepäck. Lässig gekleidet, Coca-Cola trinkend und Kaugummi kauend verkörperten die G.I.s für die junge Generation den "American Way of Life" – für viele das Sinnbild von Freiheit, Individualismus und  Glück. Die passende Musik dazu lieferte der Sender American Forces Network (AFN), der 1942 zur Rundfunkversorgung der Streitkräfte der Vereinigten Staaten in Europa gegründet worden war und längst auch zahlreiche deutsche Stammhörer hatte. Es gab sogar ein eigenes Teenagerprogramm namens "Accent on you", das bei der Jugend höchste Einschaltquoten erzielte.

Musikalische Wegbereiter

Bei AFN gab es aber auch Musik, die ihrer Zeit voraus war - zum Beispiel der Sound der Monks: Die Gründungsmitglieder der Band waren als  G.I.s in der Coleman-Kaserne in Gelnhausen bei Frankfurt stationiert und blieben nach Ende ihrer Militärzeit in Deutschland. Die Musik der "Mönche", die als "Anti- Beatles" mit Tonsur, Kutte  und einem Strick um den Hals auftraten, galt als Wegbereiter des Punk – ein Sound, der vom Publikum damals mit sehr gemischten Gefühlen aufgenommen wurde. Begierig auf neue Klänge war die junge Generation aber immer: Was aus den USA kam, galt als angesagt.

The Monks auf der Bühne Copyright: Dietmar Post/Monks
The Monks wurden nie so populär wie die BeatlesBild: Dietmar Post/Monks

Nicht zuletzt dank der GI-Clubs nahm der Siegeszug unzähliger deutscher Musik-Clubs seinen Lauf. Ob 70er Jahre Disco-Sound, der HipHop der 80er  oder später elektronische Klänge: Mit den amerikanischen Soldaten hat alles angefangen. Und ihr Präsident John F. Kennedy heizte das USA-Fieber vor 50 Jahren noch einmal richtig an.