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Kermani ermahnt klassische Medien

9. März 2017

Medien sollten nicht in den Überbietungswettbewerb eintreten, sagt der deutsch-iranische Schriftsteller und setzt auf Qualität. Statt noch mehr Meinungen bräuchte es investigativen und fundierten Journalismus.

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Deutschland Navid Kermani
Bild: picture alliance/dpa/S. Simon

Der Schriftsteller und Träger des Friedenspreis des Deutschen Buchhandels Navid Kermani warnt die Medien davor, sich auf einen Wettbewerb mit Sozialen Netzwerken einzulassen und dabei die Qualität zu vernachlässigen. Zeitungen und andere seriöse Medien seien noch immer unerlässlich, wenn es darum gehe, umfassend zu informieren und Informationen zu gewichten, sagte Kermani der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung": "In den scheinbar demokratisierten Kommunikationsräumen des Internets kann jeder seine Meinung in die Welt posaunen. Da sollten die Zeitungen nicht in den Überbietungswettbewerb eintreten. Mit immer noch einer Kolumne samt Autorenbild, wo dann jemand seine Meinung zu etwas sagt, von dem er keine oder jedenfalls nur wenig Ahnung hat", erklärte der Publizist. "Meinungen haben wir im Internet und in den Talkshows echt genug." 

Qualitätsjournalismus unerlässlich

Die Medienhäuser sollten stattdessen Wert legen auf eine gute Sprache, variierende Stile, investigativen und fundierten Journalismus sowie aufwendige Recherche, forderte der Autor, der am Mittwoch den mit 20.000 Euro dotierten Bürgerpreis der Tageszeitungen entgegengenommen hat: "Ginge das verloren, bräche auch die Informationsbasis weg, auf der sich öffentliche Meinung überhaupt erst bilden kann." 

Der Bürgerpreis wird seit 2010 vom Bundesverband der Deutschen Zeitungsverlage (BDZV) für herausragendes bürgerschaftliches Engagement ausgeschrieben. Die Jury würdigte Kermanis Engagement für Toleranz und eine zivile Gesellschaft. Unter anderem habe Kermani gemeinsam mit weiteren Prominenten mit der "Kölner/Rheinischen Botschaft" vom 22. Januar 2016 als Folge der Kölner Silvesternacht 2015 ein nachdrückliches Zeichen für eine kritische und selbstbewusste Zivilgesellschaft gesetzt. In politisch und gesellschaftlich schwierigen Zeiten gilt Kermani vielen als moralische Instanz.

Demokratien Europas in Gefahr

Freiheit und Rechtsstaatlichkeit seien nicht selbstverständlich, sagte Kermani dem Bonner General-Anzeiger: "Genau das merken wir doch gerade im Westen, dass Demokratie immer fragil ist und man sich nicht zurücklehnen kann." Im Hinblick auf US-Präsident Donald Trump sagte Kermani, die Gefahr sei vor dessen Wahl nicht wahr- oder ernstgenommen worden. "Dieses Versagen der liberalen Öffentlichkeit sollte auch die Medien umtreiben und nach ihrer künftigen Rolle fragen lassen." 

jhi/suc (epd/kna)