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Kernfrage bleibt ungelöst

Hans Sproß1. März 2004

Die multinationalen Gespräche in Peking über Nordkoreas Atom-Programm sind am Wochenende zu Ende gegangen. Die Einschätzungen über den Erfolg der Verhandlungen gingen bei den Beteiligten allerdings weit auseinander.

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Was soll man von multilateralen Verhandlungen halten, nach deren Beendigung von den Teilnehmern solche unterschiedlichen Kommentare abgegeben werden wie: "sehr erfolgreich", "immer noch tiefgehende Differenzen", "großer Schritt nach vorne", "extremes Misstrauen"?

Zumindest eines ist in einem solchen Fall klar, nämlich, dass es noch viel zu verhandeln gibt. Und es soll weiterverhandelt werden, darauf haben sich die Teilnehmer der Sechs-Parteien-Gespräche geeinigt: auf jeden Fall schon mal ein positives Ergebnis.

Beteiligte haben sich "ausgesprochen"

Positiv ist auch, dass die sechs Beteiligten - Nordkorea und die USA als die eigentlichen Gegenspieler, China als Gastgeber und Moderator sowie die drei Nachbarn Japan, Südkorea und Russland - vier Tage lang über das Thema gesprochen haben. Immerhin! Denn andernfalls wären die "tiefgreifenden Differenzen" ja nicht zutage getreten, von denen der chinesische Außenminister Li Zhaoxing sprach.

Und sonst hätte auch ein Mitglied der amerikanischen Delegation nicht vom "großen Erfolg" gesprochen. Dieser bestehe darin, dass das Hauptanliegen der USA, die vollständige, nachprüfbare und irreversible Abwicklung des nordkoreanischen Nuklear-Programms, jetzt für alle Beteiligten - außer Nordkorea natürlich - zum zentralen Tagesordnungspunkt geworden sei.

Ungutes Gefühl bleibt

Dennoch bleibt ein ungutes Gefühl angesichts des Ausbleibens eines greifbaren Erfolges in Form einer gemeinsamen Erklärung oder einer Verständigung über konkrete Abrüstungsschritte. Denn man muss sich stets in Erinnerung rufen, was bei den Sechs-Parteien-Gesprächen auf dem Spiel steht: Nichts weniger als Frieden und Stabilität auf der koreanischen Halbinsel und im Fernen Osten insgesamt.

Einsatzfähige Atom-Waffen in den Händen eines Regimes, für das die Außenwelt vor allem aus Feinden und Böswilligen besteht. Im Vergleich zu diesem Albtraum-Szenario erscheint das nukleare Patt zwischen Indien und Pakistan geradezu als ein Wunschbild der Stabilität.

Ausflüchte und Hinhaltetaktik

Und bislang sieht es nicht so aus, als hätten die Nordkoreaner die Absicht einzulenken: So bestreiten sie, irgend etwas mit hochangereichertem Uran zu tun zu haben, trotz offenbar vorliegender amerikanischer Beweise des Gegenteils und trotz der Enthüllungen über Pakistans Weiterverbreitung eben dieser Technologie auch an Nordkorea. Auch was über die jüngsten Angebote Nordkoreas zum Stichwort "Einfrieren" von Atom-Programmen bekannt geworden ist, klingt stark nach Ausflüchten und Hinhaltetaktik.

Dennoch besteht nach der jetzt beendeten zweiten Runde der multilateralen Nordkorea-Gespräche auch Grund für Optimismus: Dass nämlich anhaltender diplomatischer Druck, gekoppelt mit der Aussicht auf Wirtschaftshilfe und internationale Aufwertung - Beispiel Libyen - die Führung in Pjöngjang von ihrem nuklearen Irrweg abbringen wird. Wie sagte doch der chinesische Außenminister zum Abschluss der Gesprächsrunde: "Der Weg ist lang und steinig. Aber die Zeit ist auf unserer Seite und auf der Seite des Friedens."