Kerry wirbt bei Golfstaaten für Atomdeal
3. August 2015Das Abkommen, das dem Iran die friedliche Nutzung der Atomenergie erlaubt, die Entwicklung von Atomwaffen aber verhindern soll, stößt nicht nur bei Israel auf Vorbehalte. Auch die sunnitisch geprägten Golfmonarchien sehen den Deal skeptisch. Sie werfen dem schiitischen Iran Hegemoniestreben im Nahen Osten und vor allem die Einmischung in die Angelegenheiten Iraks, Syriens und des Jemen vor. Besonders die Regionalmacht Saudi-Arabien sieht den Iran als Rivalen und befürchtet, dass das Land nach Aufhebung der gegen ihn verhängten Embargos die Mehreinnahmen nutzt, um seinen Militärhaushalt aufzustocken und die Hilfe für verbündete Milizen in der Region auszuweiten.
Deshalb reiste US-Außenminister Kerry für eine Sondersitzung der Außenminister des Golfkooperationsrats (GCC) nach Doha. Dem Kooperationsrat gehören neben Katar auch Saudi-Arabien, Bahrain, Kuwait, Oman und die Vereinigten Arabischen Emiraten an.
Mehr Stabilität durch Atomdeal
Nach dem Treffen sprach sich Katars Außenminister Chalid Al-Attija für das Abkommen aus: Der Deal zwischen dem Iran und der 5+1-Gruppe aus den USA, China, Russland, Frankreich, Großbritannien und Deutschland sei "die beste Option unter anderen Optionen", so al-Attija. Auch Kerry betonte, dass die Golfstaaten den Deal letztendlich als stabilitätsfördernde Maßnahme für den Nahen Osten betrachten. Die Minister seien sich einig, dass er auf lange Sicht zur Sicherheit in der Region beitragen werde, so Kerry nach einem Treffen mit seinen Amtskollegen.
Chalid Al-Attija sagte, er hoffe, dass das Atomabkommen auf die gesamte Region ausgeweitet werde – eine Anspielung auf Israel, das zwar allgemein als Atommacht gilt, dies aber nicht offiziell bestätigt hat. Gleichzeitig forderten die arabischen Golfstaaten aber eine vollständige Umsetzung des Abkommens und bekräftigten ihre Sorge, dass der Iran seinen Einfluss in der Region weiter ausbauen könnte.
Ausbau der sicherheitspolitischen Kooperation
Kerry konnte die Golfmonarchien wohl mit der Zusage für den Ausbau der militärischen und sicherheitspolitischen Zusammenarbeit beruhigen. Dabei geht es nach den Worten von Kerry beispielsweise um ein gemeinsames Training von Sondereinheiten oder den Austausch von Geheimdienstinformationen. Auch den Kampf gegen Extremisten wolle man weiter gemeinsam führen.
Offenbar wurden auch zügige Waffenlieferungen an die Golfstaaten diskutiert. "Wir stimmen überein, den Verkauf einiger Rüstungsgüter schneller zu bewerkstelligen, die notwendig sind und in der Vergangenheit zu lange auf sich warten ließen", sagte Kerry der Nachrichtenagentur AFP zufolge.
Versöhnliche Töne aus dem Iran
Aus Teheran kamen versöhnliche Töne: "Diplomatie ist der einzige Weg, um Missverständnisse auszuräumen", so Vizeaußenminister Hussein Amirabdollahian an Saudi-Arabien gewandt. Teheran würde jeden konstruktiven Schritt Riads positiv erwidern, sagte er dem Nachrichtensender Al-Alam.
Irans Präsident Hassan Ruhani sagte, die Einigung im Atomstreit könnte ein Vorbild für die Lösung anderer Konflikte sein. Das Abkommen werde bessere Aussichten für schnellere Lösungen der Konflikte in Syrien und im Jemen schaffen, so Ruhani in einer am Sonntag live im Fernsehen übertragenen Ansprache. In beiden Ländern könne eine endgültige Lösung nur "politisch" herbeigeführt werden.
Petition in Israel
In Israel forderten ehemalige Chefs der Geheimdienste und Generäle im Ruhestand die Regierung in einer am Montag veröffentlichten Petition auf, das Abkommen als "vollendete Tatsache" anzunehmen. Notwendig sei eine Politik, "die das Vertrauen und die diplomatische und Sicherheitszusammenarbeit mit der US-Regierung wiederherstellt". Dies werde die Vorbereitung auf die "zahlreichen Herausforderungen" ermöglichen, die sich aus dem Abkommen ergäben.
Zu den Unterzeichnern der Eingabe gehören zwei ehemalige Chefs des Inlandsgeheimdiensts Schin Bet, Ani Ayalon und Carmi Gillon, der ehemalige Vizechef des Auslandsgeheimdiensts Mossad, Amiram Levin, der frühere Direktor der Atomenergiekommission, Uzi Eilmann, sowie mehrere Generäle und ranghohe Offiziere außer Dienst. Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, der zu den schärfsten Kritikern des Atomabkommens mit dem Iran zählt, versucht seit Tagen, den US-Kongress auf seine Seite zu ziehen.
chr/stu (afp, dpa, rtr)