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Politik

Khashoggi-Sohn: Wir vergeben den Mördern

22. Mai 2020

Das öffentliche Statement wirft viele Fragen auf - eineinhalb Jahre nach dem Mord an dem saudischen Exil-Journalisten. Der Zeitpunkt für die Twitter-Nachricht ist nicht zufällig gewählt.

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Saudi-Arabien Salah Khashoggi mit Kronprinz Mohammed bin Salman  (Foto: picture-alliance/dpa/SPA)
Salah Khashoggi (links), Sohn des ermordeten Journalisten, mit Kronprinz Mohammed bin Salman (Archivbild)Bild: picture-alliance/dpa/SPA

Ein Sohn des getöteten saudischen Journalisten Jamal Khashoggi hat dessen Mördern im Namen der Familie Vergebung ausgesprochen. "Wenn ein Mensch verzeiht und sich versöhnt, erhält er seinen Lohn von Allah", schrieb Salah Khashoggi kurz vor Ende des Fastenmonats Ramadan auf Twitter. "Darum verkünden wir, die Söhne des Märtyrers Jamal Khashoggi, dass wir diejenigen, die unseren Vater getötet haben, begnadigen." Salah Khashoggi erklärte zudem, er habe "volles Vertrauen" in das Justizsystem Saudi-Arabiens. 
Jamal Khashoggi war im Oktober 2018 im saudischen Konsulat in der türkischen Metropole Istanbul grausam ermordet worden. Der Journalist, der in den USA lebte, war ein scharfer Kritiker der Golfmonarchie, insbesondere des Kronprinzen Mohammed bin Salman, der als Anwärter auf den Königsthron gilt.
Das internationale Ansehen des erst als Reformpolitiker gehandelten Prinzen hat durch die Khashoggi-Affäre stark gelitten. Die Türkei und zahlreiche westliche Länder werfen Mohammed vor, direkt in den Mord verwickelt zu sein, den ein saudisches Killerkommando ausgeführt haben soll.
Beobachter sehen das jüngste Statement des Khashoggi-Sohns im Zusammenhang mit dem Todesurteil gegen fünf Menschen, das ein saudisches Gericht im Dezember verhängt hatte. Vermutet wird, die Höchststrafe könne nun abgemildert werden.

Journalist Jamal Khashoggi (Foto: picture-alliance/abaca/Balkis)
Der 2018 getötete saudische Journalist Jamal KhashoggiBild: picture-alliance/abaca/Balkis

Die Stellungnahme der Söhne habe zur Folge, "dass die Mörder der Todesstrafe entgehen werden", erklärte der saudi-arabische Autor und Analyst Ali Schihabi, der der Regierung in Riad nahesteht, auf Twitter. Schließlich sei es nach islamischem Recht das Vorrecht der Opferangehörigen, den Tätern zu verzeihen. "Die anderen juristischen Verfahren des Staates werden fortgesetzt", fügte Schihabi hinzu. Auch der Analyst Nabil Nowairah erklärte, die Initiative der Söhne bedeute de facto, dass "die Mörder nicht hingerichtet werden". Die saudi-arabischen Behörden äußerten sich zunächst nicht zu den Folgen der Erklärung von Kashoggis Söhnen. 

Angekratztes Image

Ob es Absprachen und Zusicherungen an Khashoggis Familie gab, ist offen. Laut der Zeitung "Washington Post", für die der Journalist im Exil geschrieben hatte, sollen seine Kinder nach dem Mord mit Luxusimmobilien bedacht worden sein.
Die saudische Regierung hatte eine Tötung Khashoggis eingeräumt, einen Befehl des faktischen Herrschers Mohammed bin Salman jedoch ebenso bestritten wie einen allgemeinen Mordvorsatz. Das Königreich, das im November Gastgeber des G20-Gipfels der führenden Industriestaaten sein soll, steht derzeit unter Druck. Erst im März waren laut US-Medienberichten mehrere hochrangige Prinzen festgenommen worden, was auf interne Machtkämpfe hindeutet. Zudem sind im Zuge der Corona-Pandemie die Preise für Erdöl - die wichtigste Geldquelle der Saudis - gefallen. Sollte wegen des Virus die große muslimische Pilgerfahrt Hadsch Ende Juli gestrichen werden, brechen weitere Einnahmen weg.
jj/sam (afp, rtr)

Türkei Istanbul Tötung von Journalist Jamal Khashoggi |  Polizeibarrikade vor saudischem Konsulat (Foto: picture-alliance/AA/A. Bolat)
Polizeiabsperrung vor dem saudischen Konsulat in Istanbul (Archivbild)Bild: picture-alliance/AA/A. Bolat