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Der HIV-Kindergarten

Volodymyr Medyany24. Oktober 2007

In der Ukraine breitet sich die HIV-Epidemie aus. Aufklärung und AIDS-Bekämpfung werden immer wichtiger. Mit Hilfe von UNICEF betreibt der Verein "Das Leben Plus" eine Tagesstätte für HIV-positive Kinder.

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HIV-positves Mädchen in Odessa, Quelle: AP
Sophias Eltern sind HIV-positivBild: UNICEF

Auf den breiten Straßen voller Abgase herrscht reger LKW-Verkehr. Entlang der endlosen Betonmauern wächst dichtes, vom Staub längst grau gewordenes Unkraut. Weit und breit keine Fußgänger. Hier in einem der Industriegebiete von Odessa am Rande der Stadt befindet sich das staatliche Gebietszentrum für AIDS-Diagnose. Es entsteht der Eindruck, die HIV-Infizierten seien extra so gut versteckt worden, damit sie bloß nicht stören und nicht an diese schreckliche Krankheit erinnern.

Man kann sich vorstellen: Bei einer solchen Einstellung haben es auch die Kinder von AIDS-Kranken nicht leicht, wie die Koordinatorin von Projekten der Nichtregierungsorganisation "Das Leben Plus", Olga Alexandrova, berichtet: "Seit 2000 gab es immer mehr HIV-Fälle unter den Kindern. Viele haben Probleme bei der Anmeldung in Kindergärten und Schulen. Kindergärten wollten die Kleinen nicht nehmen." So entstand die Idee der Gründung einer speziellen Kindertagesstätte. Das nötige Geld für dieses Vorhaben kam von UNICEF. Laut offiziellen Angaben sind in Odessa bereits 180 Kinder registriert, die sich bei ihren HIV-positiven Müttern angesteckt haben.

100 Patienten monatlich

Auf dem grünen Teppichboden spielen ein paar Mädchen und Jungen mit farbigen Bausteinen. An hellgelben Wänden hängen Kinderbilder. Darunter Regale mit Spielzeug und Bilderbüchern. Der dreijährige Sergei beschäftigt sich gerade mit seinem Lieblingsauto. In die Tagestätte wurde er von seiner Mutter gebracht. "Während der Schwangerschaft habe ich erfahren, dass ich HIV-positiv bin", erzählt sie. "Mein Kind ist auch HIV-positiv. Dann hat man uns erzählt, dass es hier eine Tagesstätte für solche Kinder gibt. Hier kann ich meinen Sohn für ein paar Stunden lassen."

Solange das Kind in der Tagesstätte ist, kann seine Mutter in Ruhe Ärzte besuchen und notwendige Behandlungen bekommen. Monatlich kämen rund 100 Patienten mit ihren Kindern hierher, berichtet Alexandrova. Täglich sind drei bis zehn Jungen und Mädchen dabei.

Die Anmeldung in einem konventionellen Kindergarten haben sie nicht aus den Augen verloren. "Wir haben uns etwas einfallen lassen, damit auch geschwätzige Ärzte lernen, das Berufsgeheimnis einzuhalten", erzählt Alla Demianenko, eine Mitarbeiterin der Kindertagestätte: "Wenn wir ein Kind in einem städtischen Kindergarten anmelden, dann erzähle ich dem medizinischen Mitarbeiter von der Krankheit. Ich muss das machen. Aber gleichzeitig erinnere ich ihn daran, dass es einen Artikel im Strafgesetzbuch über die Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht gibt." Solche freundlichen Erinnerungen seien sehr wirkungsvoll, erzählt sie.

Hilfe für die Zukunft

Inzwischen ist die Tagesstätte für AIDS-kranke Kinder zu einem einzigartigen Dienstleistungs- und Konsultationszentrum geworden. Die Mitarbeiter der Organisation "Das Leben Plus" helfen den Eltern auch bei der Lösung anderer Probleme, berichtet Demianenko: "Gewöhnlich sind es ja Leute, denen sozial geholfen werden muss, und wir helfen ihnen dabei, eine solche Hilfe zu bekommen. Viele wissen überhaupt nicht, dass ihre Kinder das Recht auf Sozialleistungen haben."

Die Mitarbeiter von "Das Leben Plus" richten sich auch an die breite Öffentlichkeit. Denn Experten warnen bereits, ohne effektive Präventionsmaßnahmen könne die Zahl der HIV-Fälle in der Ukraine bis 2010 auf 1,44 Millionen steigen. "Wenn man weiß, auf welchen Wegen HIV übertragen wird und wie man sich vor einer Infektion schützen kann, dann wird man auch sein Verhalten gegenüber der AIDS-Infizierten ändern", hofft Alexandrova.