Kino Made in Germany
28. Januar 2010Im Goethe-Institut türmen sich auf einem Schreibtisch zahlreiche Trophäen – für die beste Schauspielerin, die beste Filmmusik, die beste Regie. Die Statuen kommen von kleineren Festivals in aller Welt und landen alle zur Weiterverteilung in der Zentrale in München beim Bereich "Film". Wenn der entsprechende Regisseur nicht selbst zum Festival nach Asien oder in die Karibik reisen kann, sind es die Mitarbeiter der ortsansässigen Goethe-Institute, die stellvertretend die Ehrungen entgegennehmen. Christian Lüffe ist zuständig für die Koordination der Filmprogramme im Ausland. Gern zeigt Lüffe
die Auszeichnungen aus exotischen Ländern, denn die Routine in der Filmabteilung des Instituts ist oft weniger glamourös.
Mehr Zuschauer als die Programmkinos
Rund 40 Cinematheken in aller Welt, die das Goethe-Institut unterhält, wollen mit aktuellen Filmen versorgt werden. Und die gilt es nicht nur auszuwählen – auch die Rechte für Vorführung und Kopien müssen geklärt werden. Ob Film-Reihen, Festivals oder DVDs für die Cinematheken: Bevor ein Film gezeigt wird, müssen die Übersetzungen für die Untertitel in der Landessprache gemacht sein - auch wenn die Goethe-Institute ja dafür bekannt sind, dass man dort Deutschkurse belegen kann. Lüffe rechnet vor, dass jede einzelne Cinemathek des Goethe-Instituts mehr Zuschauer hat als ein durchschnittliches Programmkino in Deutschland – allerdings bezogen auf deutsche Filme.
Während in den Arthouse-Kinos deutscher Städte auch französische, amerikanische oder skandinavische Streifen laufen, sind bei den Goethe-Instituten alle Filme, die auf die Leinwand kommen, aus deutscher Produktion: Klassiker des Autorenkinos der 70er Jahren genauso wie aktuelle Spiel- und Dokumentarfilme. Die Filme sollen wie das ganze Kulturprogramm nicht nur Insider erreichen, sondern sozusagen ein "Appetizer auf die ganze deutsche Kultur" sein, wie Christian Lüffe es nennt – und vielleicht sogar einen Anreiz schaffen, mehr über das Land und seine Sprache zu erfahren. Auch und gerade, weil Filme so viel transportieren, denn alles - so Lüffe - sei ja in einem Film vereint: "Bilder, Musik, Sprache, eigentlich ein ideales Medium, sich einer anderen Kultur anzunähern." Und so besteht fast die Hälfte aller Veranstaltungen des Goethe-Instituts im Ausland aus Filmvorführungen.
Über Kino reden – Filme zeigen
Auch eine zweite Institution, die sich um den deutschen Film im Ausland kümmert, hat ihren Hauptsitz in München: "German Films". Als eine Art Auslandsvertretung der deutschen Filmbranche kannte man "German Films" früher auch als "Export-Union des Deutschen Films". Trotz des Namenswechsels ist das Ziel gleich geblieben: Den Verkauf deutscher Kinoproduktionen im Ausland anzukurbeln. Dafür ist die Organisation auf allen großen Festivals vertreten, Lobbyarbeit gehört zum Job.
Und natürlich die konsequente Präsenz überall dort, wo ein Potential vorhanden ist, deutsche Filme tatsächlich im Ausland zu vermarkten und ins Kino zu bringen. Hier geht es nicht wie beim Goethe-Institut um subventionierte Kultur, sondern um den Filmmarkt. Trotzdem sind die Schnittmengen groß. Künstlerisch anspruchsvolle deutsche Filme sind als Markenprodukt "Made in Germany" genau das, was Festivals und Kinoverleiher im Ausland schätzen. "German Films" operiert als Marketing-Organisation überall dort, wo sich die Filmbranche trifft – vor allem bei allen großen Festivals. Nicht zuletzt organisiert der Dachverband für die internationale Verbreitung deutscher Filme die Vorauswahl für die deutschen Oscar-Einreichungen und unterstützt die Kampagne für den deutschen Beitrag in Los Angeles.
"Nouvelle Vague Allemande" und Oscar-Ehren
Nicht immer waren die Voraussetzungen für diese Arbeit so gut wie heute. In Frankreich spricht man von einer Nouvelle Vague Allemande, wenn man über die jungen Filmemacher aus Deutschland berichtet, einheimische Produktionen feiern Erfolge bei der Berlinale und auch bei den Oscars war Deutschland in letzter Zeit höchst erfolgreich. "Das weisse Band" ist nur das jüngste Beispiel dieser Erfolgsstory. Ein weiteres Zeichen der neuen Popularität: Auch deutsche Schauspieler tauchen immer häufiger in internationalen Produktionen auf.
Mariette Rissenbeek ist bei "German Films" für die Festival-Arbeit und PR zuständig. Den Aufwärtstrend könne man schon seit einigen Jahren erkennen: "Wir hatten das Gefühl, dass 'Good Bye, Lenin' international ein Türöffner war. Auf einmal haben ausländische Verleiher gesehen, dass deutsche Filme auch Geld an der Kinokasse machen und unterhaltsam sein können." Und so gibt es mittlerweile viele Erfolgsgeschichten von deutschen Filmen, die auch im Ausland an den Kinokassen reüssieren.
Autorin: Renate Heilmeier
Redaktion: Jochen Kürten