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Klares Folterverbot

Markus Frenzel6. Juli 2004

Wortreich versucht die US-Regierung die Folterungen im Irak zu verharmlosen. Dabei ist klar: Kein Staat darf einen Kriegsgefangenen oder eine Zivilperson physisch oder psychisch verletzen. Doch gibt es Ausnahmen?

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Gefängnisse sind keine rechtsfreien RäumeBild: AP

Schon immer wurden Menschen in Kriegen grausam misshandelt. Aus dieser Erkenntnis heraus haben sich die Staaten vor knapp 100 Jahren auf internationale Standards geeinigt, wie mit Gefangenen und feindlichen Soldaten umzugehen ist. Spätestens seit 1907 wurde auch die Folter von der Weltgemeinschaft geächtet.

In der Haager Landkriegsordnung wird die "Tötung oder Verletzung von Gegnern, die sich ergeben haben" ausdrücklich verboten. Nach den desaströsen Erfahrungen im Ersten Weltkrieg sah man sich gezwungen, die noch relativ vage gehaltene Landkriegsordnung zu verfeinern und verabschiedete in den 1920er-Jahren eine erste Genfer Konvention. Doch auch im Zweiten Weltkrieg scherten sich die Kriegsführenden, vor allem die deutsche Wehrmacht, einen Dreck um die internationalen Verbote. Die Weltgemeinschaft reagierte.

Klares Folterverbot

Am 12. August 1949 wurden die vier Genfer Abkommen unterzeichnet. Darunter das "Genfer Abkommen über die Behandlung von Kriegsgefangenen". Darin wird festgelegt, dass Kriegsgefangene jederzeit geschützt werden müssten - vor Gewalttätigkeit, Einschüchterung, Beleidigungen und der öffentlichen Neugier. "Zur Erlangung irgendwelcher Auskünfte dürfen die Kriegsgefangenen weder körperlichen noch seelischen Folterungen ausgesetzt, noch darf irgendein Zwang auf sie ausgeübt werden." Ausdrücklich heißt es noch: "Vergeltungsmassnahmen gegen Kriegsgefangene sind verboten."

Trotzdem sahen die Staaten noch die Notwendigkeit, bestimmte Menschenrechte gesondert zu verbriefen und vor allem ausdrücklich die Folter zu verbieten. So wurde 1966 in New York das Schlüsseldokument gegen Folter verabschiedet, der "Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte". Der Artikel 7 bestimmt eindeutig: "Niemand darf der Folter oder grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe unterworfen werden." Unterzeichnet wurde der Pakt auch von den USA. Offiziell trat das Land am 8. Juni 1992 dem Pakt bei.

Auch die Anti-Folter-Konvention der Vereinten Nationen, die seit 1987 gilt, wurde von den USA unterschrieben. "Weil beide, die USA und Großbritannien, die Konvention ratifiziert haben, ist sie gültig. Auch, wenn der Irak nicht zu den Unterzeichnern gehört", meinte denn auch Mark Thomsen, der Chef der Genfer Vereinigung zur Folterprävention. "Als Besatzungsmächte setzen die USA und Großbritannien ihre Rechtsprechung durch und sind deshalb verantwortlich für das, was im Irak geschieht."

Massive Freiheitsstrafen gefordert

"Man sagt allgemein, das Verbot von Folter ist zwingend nach dem Völkerrecht", erklärt Rainer Hofmann die gültige Rechtslage. Zwar sei immer wieder umstritten, welcher Gefangene nun auch ein Kriegsgefangener sei. Für den Irak legt sich der Völkerrechts-Professor von der Universität Kiel jedoch fest: "Meiner Ansicht nach sind es Kriegsgefangene." Und auch das Vorgehen amerikanischer Soldaten gegen irakische Gefangene verurteilt Hofmann klar. "Juristisch handelt es sich um Folter, da kann keine Frage sein", sagt Hofmann der Deutschen Welle. Zwar hätten die USA bereits seit dem Afghanistan-Krieg bewusst versucht, sich juristische Grauzonen zu erhalten. So sei es zu der ungewöhnlichen Klassifizierung der afghanischen Gefangenen in Guantanamo gekommen - als illegale Kombattanten.

Doch auch diese Hilfskonstruktion kann die internationalen Konventionen nicht außer Kraft setzen. "Wenn ich kein Kombattant bin, dann bin ich Zivilist", sagt Hofmann, der Spezialist für das internationale Folterverbot ist. Und weder ein Zivilist, noch ein Kriegsgefangener dürften gefoltert werden. Entsprechend müssten die verantwortlichen amerikanischen Soldaten vor ein Militärgericht gestellt werden. Sollte der Prozess dann die Schuld der Angeklagten nachweisen, so könne nur ein Ergebnis herauskommen. "Es müsste massive Freiheitsstrafen für die Beschuldigten geben", sagt Hofmann.