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Klimawandel: Armut und Flucht

Gero Rueter KNA AFP
29. September 2017

Immer mehr Menschen leiden unter der Erderwärmung. Mit steigender Temperatur sinken laut einem Bericht des Internationalen Währungsfonds (IWF) Produktivität und Wohlstand. Vor allem ärmere Länder seien davon betroffen.

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Kenia Turkana - Leben am Abgrund
Bild: DW/S. Petersmann

Welche Folgen hat der Klimawandel auf Ökonomie und Wohlstand? Wie wirkt sich die Erhöhung der Temperatur auf Arbeitsproduktivität, Investment und Kindersterblichkeit aus? Und welche Länder sind von steigenden Temperaturen besonders betroffen?

Im aktuellen World Economic Outlook des Intarnationalen Währungsfonds (IWF) gehen Wissenschaftler dieser Frage nach und untersuchen die Effekte von Temperaturerhöhung und Extremwetter für Mensch und Wirtschaft.

Seit Beginn der industriellen Revolution im 19. Jahrhundert stieg die globale Temperatur deutlich an und "in den letzten 30 bis 40 Jahren so schnell wie nie zuvor", schreiben die Autoren und betonen, dass von den Folgen dieser Bedrohung besonders wärmere Weltregionen zu leiden hätten, Regionen in denen viele der ärmsten Länder angesiedelt sind - etwa in Afrika.

Globale Meeres- und Erdoberflächen-Temperaturanomalien von 1880 - 2016 in °C Infografik DEU

Hohe Temperatur senkt Wohlstand

Steigende Temperaturen führen zunehmend zu Extremwetterereignissen wie Wirbelstürmen, starken Regenfällen mit Überschwemmungen, anhaltenden Hitzeperioden oder Dürren. Die Berichte über Katastrophen und das damit verbundene Leid für Bevölkerung und Wirtschaft nehmen entsprechend zu.

Die IWF-Forscher beschreiben aber noch ein weiteres Problem, das sich negativ für die Entwicklung von Wohlstand auswirkt. Sie gehen in ihren Berechnungen davon aus, dass in ärmeren und wärmeren Regionen der Welt die Arbeitsproduktivität durch die Temperaturerhöhung erheblich sinken wird: "Unsere Schätzungen deuten darauf hin, dass eine Temperaturerhöhung von einem Grad Celsius in einem Land mit einer durchschnittlichen Jahrestemperatur von 25 Grad - wie etwa Bangladesch, Haiti oder das zentralafrikanische Gabun - die Pro-Kopf-Produktion um bis zu 1,5 Prozent senken würde."

Hohe Temperaturen erschwerten die wirtschaftliche Tätigkeit mehrfach. Die landwirtschaftliche Produktion werde weniger, auch weil die Produktivität der Arbeiter bei hohen Temperaturen sinke und ihre Gesundheit leide. Auch gingen die Investitionen in den Ländern zurück und mit sinkender Wirtschaftskraft sei sinkender Wohlstand und höhere Kindersterblichkeit verbunden.

Infografik Tage mit tödlicher Hitze im Jahr 2100 DEU
Bei steigenden CO2-Emissionen nehmen die hitzebedingten Todesfälle weltweit zu

Zunehmende Klimakosten auch in den USA

Vom Klimawandel betroffen sind aber auch die Industrieländer. Fast zeitgleich zum IWF-Outlook wurde von der regierungsunabhängigen US-Organisation Universal Ecological Fund die Studie "The Economic Case for Climate Action in the United States" in Washington veröffentlicht. Demnach belaufen sich die durch Unwetter verursachten Schäden für die US-Wirtschaft im kommenden Jahrzehnt auf jährlich mindestens 360 Milliarden Dollar (306 Milliarden Euro) - das wäre rund die Hälfte des jährlichen Wirtschaftswachstums der Vereinigten Staaten.

Für die Nutzung fossiler Energieträger müssten die USA einen hohen Preis zahlen, den sich die Wirtschaft nicht leisten könne, sagte Ko-Autor Robert Watson. Die Studie zieht dabei sowohl wirtschaftliche Einbußen durch Unwetter, die durch den Klimawandel verursacht werden, als auch steigende Gesundheitskosten als Folge von Luftverschmutzung in Betracht.

Demnach belaufen sich die Kosten in den USA in diesem Jahr auf 240 Milliarden Dollar, dabei seien noch nicht die durch die Hurrikane "Harvey" und "Irma" verursachten Schäden eingerechnet. Auch nicht beinhaltet sind Schäden in der Landwirtschaft, die durch den Klimawandel entstehen.

Dominica Hurrikan Maria
Die Stadt Roseau auf der Karibikinsel Dominica nach dem Hurrikan MariaBild: Getty Images/AFP/Str

Klimawandel begünstigt Flucht

Viele Menschen fliehen vor Kriegen, einige wegen des Klimawandels. "Schon jetzt beobachten wir Flüchtlingsströme im direkten Zusammenhang mit Klimaveränderungen. In Mittelamerika gab es eine furchtbare Dürre und diese führte zu Hungersnöten. Weil die Menschen deshalb flüchten, sind in einigen Ländern mittlerweile ganze Landstriche verlassen", sagte UN-Klimasekretärin Patricia Espinosa im DW-Interview.

Aufgrund der globalen Klimaerwärmung und sich verschlechternden Lebensbedingungen könnten laut einer Studie von Greenpeace bis zu 200 Millionen Menschen in den nächsten 30 Jahren gezwungen sein, ihre Heimat zu verlassen, um zu überleben.

Bildergalerie Irma Folgeschäden Philippinen
Extremwetter nehmen zu. Hochwasser in der philippinischen Hauptstadt Manila im September 2017Bild: Reuters/E. De Castro

Internationale Kooperation nötig

Der IWF spricht sich in seinem Ausblick für Hilfen für die besonders vom Klimawandel betroffenen Länder aus. In den am härtesten getroffenen Volkswirtschaften leben laut IWF derzeit rund 60 Prozent der Weltbevölkerung.

Erforderlich sei eine "globale Lösung" des drohenden Problems: "Die internationale Gemeinschaft muss eine Schlüsselrolle bei der Unterstützung der Anstrengungen der einkommensschwachen Länder zur Bewältigung des Klimawandels spielen", fordert der IWF. Dies sei eine "moralische Pflicht". Denn die armen Staaten seien zugleich jene, die selbst kaum zur Erderwärmung beitragen würden - im Gegensatz zu den reichen Industriestaaten.

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Gero Rueter Redakteur in der Umweltredaktion