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Klimawandel: Griechenland ächzt unter der Hitze

Sofia Kleftaki (aus Athen)
19. Juli 2024

Seit zwei Wochen herrschen in Griechenland Temperaturen von teils über 40 Grad. Spürbarste Folge für Touristen: Die Akropolis ist tagsüber geschlossen. Doch das Land kämpft auch mit viel ernsteren Konsequenzen der Hitze.

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Menschenmassen auf dem Akropolishügel in Athen
Um kurz nach 19 Uhr noch 37 Grad: Touristen auf der Akropolis in Athen am 18.07.2024Bild: Sofia Kleftaki/DW

Touristen wischen sich auf dem Weg zur Akropolis den Schweiß von der Stirn. Es ist 19 Uhr, und noch immer ist die sengende Hitze der Sonne zu spüren. Die Temperatur beträgt zu dieser Stunde 37 Grad. Es weht ein schwacher warmer Wind. Eine ältere Frau, die den Parthenon-Tempel besichtigen möchte, keucht und wird von ihrer Familie gestützt.

Die griechische Hauptstadt Athen an einem Abend in diesen Tagen: Die Akropolis ist von 12 bis 17 Uhr wegen extremer Hitze geschlossen, die Touristen können sie erst abends besichtigen. Die Maßnahme der Athener Stadtverwaltung machte international Schlagzeilen - und ist dabei doch nur eine der sichtbarsten Auswirkungen des Klimawandels im Mittelmeerraum.

Menschenmassen auf dem Akropolishügel in Athen
Die Akropolis ("Oberstadt") in Athen ist seit 1987 Teil des UNESCO-WelterbesBild: Sofia Kleftaki/DW

Unter allen südeuropäischen Ländern leidet Griechenland zur Zeit am meisten unter der Hitze und unter anderen Folgen des Klimawandels. Waldbrände, Wasserknappheit und anhaltende Trockenheit, zugleich aber auch Überschwemmungen kommen seit einigen Jahren immer öfter vor - und vor allem die Hitzewellen immer früher. In diesem Jahr ist es besonders schlimm: Seit fast zwei Wochen herrschen in Griechenland ununterbrochen Temperaturen um und über 40 Grad.

Touristen starben

"So eine lange Hitzewelle gab es zuletzt 1987", sagt Theodoros Kolydas, der Leiter des griechischen Wetterdienstes HNMS (Hellenic National Meteorological Service), der DW. Die Wetterstationen der HNMS haben am Donnerstag (18.07.2024) in Serres (Nordgriechenland) 43 Grad Celsius Lufttemperatur im Schatten gemessen, in Konitsa (Nordwestgriechenland) 40 Grad, am Flughafen Elliniko (Athen) und in einigen anderen Orten jeweils 39 Grad. Die Hitzewelle wird voraussichtlich noch bis Sonntag (21.07.2024) andauern.

Menschenmassen auf dem Akropolishügel in Athen
Touristenmagnet, trotz Hitze: Menschenmassen auf dem AkropolishügelBild: Sofia Kleftaki/DW

Schon mehrere Touristen sind in den vergangenen Wochen an den Folgen der hohen Temperaturen gestorben. Mediziner warnen vor den gesundheitlichen Risiken der extremen Wetterbedingungen. Besonders in den Mittagsstunden wird der Körper überbeansprucht. Es drohen Dehydration oder Hitzeschlag. Ältere Menschen und Risikopersonen sollten sich überhaupt nicht der Sonne aussetzen.

Schutzmaßnahmen für Arbeitnehmer

"Die meisten Besucher gerade aus Nordeuropa nehmen die Hitze auf die leichte Schulter", sagt die Ärztin Violeta Talou. Die Athener Pneumologin warnt davor, die andauernde Hitze und deren Folgen auf den Körper zu unterschätzen. "Die Akropolis ist der Inbegriff von Sonneneinstrahlung. Es gibt dort oben am Parthenon-Tempel weder Grünflächen noch Schatten. Der steile Weg und die vielen Treppen belasten den Organismus zusätzlich. Es ist besser, wenn die Akropolis geschlossen ist, als dass wir Tote haben", sagt die Lungenärztin der DW.

Doch es gibt nicht nur Maßnahmen zum Schutz von Touristen. Nach einer Notfallmeldung des griechischen Wetterdienstes hat das Ministerium für Arbeit und soziale Sicherheit Sofortmaßnahmen ergriffen, um die Gesundheit und Sicherheit von Arbeitnehmern während der andauernden Hitzewelle zu gewährleisten. Wenn die Temperaturen die 40-Grad-Grenze erreichen oder überschreiten, gilt zwischen 12 und 17 Uhr eine obligatorische Arbeitsniederlegung für manuelle Arbeiten im Freien. Das betrifft beispielsweise Bauarbeiter und Personal von Liefer- und Zustelldiensten. Risikogruppen wird zur Arbeit im Homeoffice geraten.

Touristengruppe auf einer Straße (in Athen) steht im Schatten eines Baumes
Etwas Abkühlung im Schatten: Eine Touristengruppe in der Innenstadt von Athen (17.07.2024)Bild: Sofia Kleftaki/DW

"Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer sind oberste Priorität", erklärt Niki Kerameus, Ministerin für Arbeit und soziale Sicherheit der DW. "Unternehmen, die gegen diese Maßnahme verstoßen, müssen mit einem Bußgeld in Höhe von 2000 Euro pro Arbeitnehmer rechnen," so die Ministerin.

Wasser als Luxusgut

Der Klimawandel macht sich auch beim Wasser bemerkbar. Die Dürreperioden der letzten Jahre in Kombination mit den steigenden Temperaturen lassen Wasser zum Luxusgut werden. Die neuen Gegebenheiten sorgen bei griechischen Behörden und kommunalen Versorgern für Alarmstimmung.

"Wir trinken Wasser auf dein Wohl... , weil du den Hahn zudrehst!", heißt es auf der Webseite des Athener Wasserversorgers EYDAP. Darunter stehen Tipps, wie man zuhause und draußen Wasser sparen soll. Unter anderem wird dort empfohlen, kürzer als fünf Minuten zu duschen.

Olivenbaum in der Sonne
Olivenbaum auf dem Akropolishügel: Olivenbäume können Hitze in Maßen ertragen, zu viel und zu lange Hitze schädigt sieBild: Sofia Kleftaki/DW

Der Massentourismus in den Sommermonaten belastet die Wasserversorgung zusätzlich. Viele griechische Inseln haben inmitten der touristischen Hochsaison bereits Probleme.

"Bei uns herrscht hoher Wassermangel", sagt Kostas Revynthis, der Bürgermeister von Serifos, der DW. Die kleine Insel in den Kykladen ist in den vergangenen fünf Jahren touristisch stark gewachsen. Noch kann sie sich versorgen, allerdings ist Revynthis besorgt: "Ich bin mir sicher, dass es im August zu Problemen bei der Wasserversorgung kommen wird." Deshalb denkt die Inselverwaltung inzwischen darüber nach, eine Anlage für die Entsalzung von Meerwasser zu bauen.

Olivenernte geht zurück

Neben dem Tourismus ist auch die Landwirtschaft als wichtiger griechischer Wirtschaftszweig stark betroffen von den Folgen des Klimawandels. Die Familie Chatzidimitriou von der Insel Lesbos konnte in den vergangenen Jahren in ihren Olivenhainen immer weniger ernten. Seit vier Generationen produziert die Familie Olivenöl. "Die Ernte ist letztes Jahr um fast die Hälfte zurückgegangen, das ist extrem", sagt Tochter Eirini Chatzidimitriou der DW. Die andauernde Hitze setzt die Olivenbäume unter Stress. Das verringert nicht nur die Erträge, sondern kann auch die Qualität der Oliven erheblich beeinflussen. Chatzidimitriou ist besorgt: "Wenn es so weitergeht, werden die Olivenölpreise noch weiter explodieren."

Waldbrand in der Nähe von Häusern (in Griechenland, bei Athen)
Waldbrand in der Nähe von Häusern in Keratea, südöstlich von AthenBild: Marios Lolos/XinHua/picture alliance

Durch die Trockenheit und die hohen Temperaturen ist auch die Waldbrandgefahr besonders hoch. Winde begünstigen die Ausbreitung von Feuern und machen die Löscharbeiten extrem schwierig. Zu sehen auch wieder in diesem Jahr: Seit Juni 2024 brechen permanent Feuer im ganzen Land aus. Noch ist unklar, welche Dimension die Brände in diesem Jahr erreichen. Im Vorjahr erlebte der Nordosten Griechenlands Europas bisher schlimmste Waldbrände. Unter anderem brannten im Sommer 2023 in einem Teil des Parnitha-Gebirges, den sogenannten "Lungen Athens", große Waldflächen ab.

Die Auswirkungen für die Hauptstadt sind kaum zu unterschätzen. In Athen gibt es Beton, soweit das Auge reicht und nur winzige Grünflächen. Die unzähligen Klimaanlagen in der Stadt sorgen für zusätzliche Wärme. Der Bürgermeister Athens, Charis Doukas, plant deshalb die Schaffung von Grünflächen, um für eine natürliche Abkühlung in der Stadt zu sorgen. Bis Ende 2024 ist die Pflanzung von 5000 Bäumen geplant - in der dichtbebauten Athener Innenstadt eine schwierige Herausforderung.