Klöster, Tempel, Rituale - spirituelles Deutschland
10. Juli 2013"Der Mensch ist ein religiöses Wesen", ein Zitat, das in leicht abgewandelten Formen verschiedenen historischen Gestalten zugeschrieben wird – dem Philosophen Thomas von Aquin ebenso wie dem russischen Schriftstelle Fjodor Dostojewski oder dem kommunistischen Revolutionär Wladimir Iljitsch Lenin. Dass Religion fast ausnahmslos ein grundlegendes Bedürfnis für Menschen ist, belegt schon die Vielzahl existierender Religionen, die zum Teil Jahrtausende alte Tradition haben. Religiosität ist der Ausdruck der Sehnsucht des Menschen nach einem göttlichen Gegenüber, nach Unvergänglichkeit. Religiöse Praktiken und - nicht zu vergessen - religiöse Orte sind die Refugien, in denen der Gläubige zu sich selbst und zu Gott finden möchte.
Land der Religionsfreiheit
Deutschland ist seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs ein demokratisches Land. Die Väter der bundesdeutschen Verfassung haben aus der nationalsozialistischen Diktatur Lehren gezogen – insbesondere aus der Verfolgung religiös Andersdenkender wie Juden oder Zeugen Jehovas. Die Religionsfreiheit ist ein garantiertes Grundrecht. Im Artikel 4 des Grundgesetzes Absatz 1 heißt es: "Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich." In Absatz zwei wird zudem die ungestörte Religionsausübung gewährleistet. Deutschland ist zwar ein stark christlich geprägtes Land, doch die garantierte Freiheit der Religion gilt nicht nur für Deutsche, sondern auch für Menschen aus aller Welt, die hier eine Heimat gefunden haben. Darin eingeschlossen ist, dass die Anhänger unterschiedlicher Religionen und religiöser Strömungen selbstverständlich Gotteshäuser errichten dürfen, in denen sie ihren jeweiligen Glauben praktizieren können.
Vielfalt des Glaubens
Der religiösen Vielfalt sind in Deutschland in der Regel keine Grenzen gesetzt. Diese Vielfalt spiegelt sich wider in den bedeutenden Sakralbauten katholischer und evangelischer Christen. So ist der Kölner Dom, in einem Zeitraum von über 600 Jahren erbaut, die meistbesuchte Sehenswürdigkeit Deutschlands. Sechs Millionen Menschen aus aller Welt besuchen das gotische Bauwerk jedes Jahr. Während der nationalsozialistischen Diktatur wurden fast alle jüdischen Gotteshäuser zerstört, seit dessen Ende jedoch zahlreiche Synagogen-Neubauten realisiert. Die ersten Moscheen mit Kuppel und Minarett entstanden Mitte der 1950er Jahre. Inzwischen haben Muslime in Deutschland repräsentative Großmoscheen errichtet. Buddhistische und hinduistische Tempel gibt es zwar in geringerer Zahl, aber auch sie gehören zum bunten Gesamtbild religiöser Gebäude hierzulande.
Serie mit spirituellen Orten
Religiöse Gebäude sind immer auch Orte geistlicher Belange, der Spiritualität. Deren Vielfalt ist jedoch kaum zu beschreiben. Allerdings ist es möglich, exemplarisch einige dieser Stätten vorzustellen. Der katholische Wallfahrtsort Kevelaer an der niederländischen Grenze, der einzige Bahai-Tempel Europas, die größte griechisch-orthodoxe Kirche Europas außerhalb Griechenlands, das noch junge Europäisches Institut für Angewandten Buddhismus, das bedeutendste koptische Kloster, das Zentrum für Sufismus, das nach über 500 Jahren wieder aufgebaute Kloster Volkenroda, ein Hindu-Tempel mitten im Ruhrgebiet oder die Herrnhuter Brüdergemeine, ein christliches Glaubenszentrum, das seit 300 Jahren in zahlreichen Weltgegenden aktiv ist. Sie alle lohnen einen Besuch – sie alle werden wir vorstellen - manchmal unscheinbare, aber immer wichtige und interessante Stätten geistlicher Inspiration - in der DW-Serie "Spirituelle Orte in Deutschland".