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US-Wahl hält Börsen in Atem

4. November 2020

Der ungewisse Ausgang der US-Präsidentenwahl bewegt auch Anleger. In Asien legten die Aktien am Mittwoch mehrheitlich zu. Der deutsche Leitindex Dax startete zunächst mit Verlusten in den Handel.

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US Wahl 2020 Reaktionen der Börse in Frankfurt
Bild: Kai Pfaffenbach/Reuters

Die Angst vor einem umstrittenen Ausgang bei den US-Präsidentschaftswahlen verschreckt die Anleger an der wichtigsten deutschen Börse. Der deutsche Leitindex Dax rauschte zur Eröffnung am Mittwoch 1,5 Prozent nach unten auf 11.903 Punkte, erholte sich aber im weiteren Verlauf und drehte am Nachmittag deutlich ins Plus. "Jetzt ist genau das passiert, was im Vorfeld der US-Präsidentschaftswahl so ganz und gar nicht das Wunsch-Szenario der Börsen war", sagte Jochen Stanzl vom Handelshaus CMC Markets.

Obwohl aus vielen wichtigen US-Bundesstaaten noch keine endgültigen Ergebnisse  vorlagen, hatte sich US-Präsident Donald Trump zum Wahlsieger erklärt, ohne dafür Belege zu liefern. Zugleich sprach Trump von Betrug an den Wählern und kündigte an, vor den Obersten Gerichtshof ziehen zu wollen.

"Wir erleben, wie eine Albtraum-Situation wahr wird, denn jetzt geht es um juristische Kämpfe", sagte Analyst Naeem Aslam vom Brokerhaus Avatrade. Diese Unsicherheit mache die Händler nervös, insbesondere nachdem Trump das Wort "Betrug" verwendet habe. 

Nikkei mit Gewinnen

In Tokio hatte zuvor der Nikkei 1,7 Prozent auf 23.695 Punkte zugelegt. Im Handelsverlauf war er zwischenzeitlich den höchsten Stand seit Februar geklettert. Anleger sahen zunächst den demokratischen Herausforderer Joe Biden vor US-Präsident Donald Trump und hofften auf ein großes Konjunkturpaket. Doch die zunehmende Sorge vor einem umstrittenen Wahlergebnis begrenzte die Gewinne. "Auch wenn es immer noch kein konkretes Ergebnis gibt, scheinen sich die Aktien in Richtung einer höheren Wahrscheinlichkeit für einen Sieg von Trump zu bewegen", sagte Fumio Matsumoto, Chefstratege bei Okasan Securities.

In Schanghai zeigte sich die Börse etwas fester. Der Index der wichtigsten Unternehmen in Schanghai und Shenzhen gewann 0,8 Prozent. Der entsprechende MSCI-Index für asiatische Aktien außerhalb Japans stieg um 0,9 Prozent.

US Wahl 2020 Japan Börse
Wahlergebnisse statt Aktienkurse auf dem Screen an der Tokioter BörseBild: Carl Court/Getty Images

"Wir müssen mit jedem Präsidenten auskommen"

Für Marcel Fratzscher, de Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), macht es keinen "wirklich fundamentalen Unterschied, wer es wird. Beide sind sehr auf die Stärkung der heimischen Märkte fokussiert in den nächsten Jahren", so Fratzscher im DW-Gespräch. Für Deutschland stehe da "viel auf dem Spiel, weil unsere Wirtschaft stark von Exporten abhängig ist." 

Ähnlich argumentiert auch Anton Börner, Chef des Außenhandelsverbandes BGA. Die USA seien Deutschlands wichtigster Absatzmarkt. "Wir müssen mit jedem Präsidenten auskommen. Entscheidend ist, dass Europa seine wirtschaftlichen und politischen Interessen klar formuliert und auch durchsetzen will. Deutschland und Frankreich haben sich gemeinsam dieser Führungsaufgabe zu stellen." Eine Kursänderung in Handelsfragen sei nicht zu erwarten. "Jeder Präsident wird die Interessen der Vereinigten Staaten voranstellen. Die deutsche Wirtschaft wird auch die nächsten vier Jahre mit der politischen Situation zurechtkommen."

Christoph Schmidt, Präsident des RWI - Leibniz-Instituts für Wirtschaftsforschung und einer der renommiertesten deutschen Ökonomen, sagte: "​​Es zeichnet sich ein unklarer Wahlausgang ab, ein endgültiges Ergebnis könnte noch längere Zeit auf sich warten lassen." Den USA stünden somit schwere Wochen und vielleicht sogar Monate bevor. Auch für US-Handelspartner wie Deutschland sei dies "eine schwierige Situation, die von großer Unsicherheit geprägt ist. Entsprechend werden die Wirtschaftsakteure sich wohl sehr zurückhalten und abwarten, wie sich die Situation entwickelt."

"Finanzmärkte setzen eher auf Biden"

Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Berenberg Bank, sagte, sollte Trump vier weitere Jahre US-Präsident bleiben, sie dies "schlecht für Deutschland und Europa". Zollstreitigkeiten könnten dann die Autoindustrie wieder belasten, so Schmieding gegenüber der DW. "Auch Handelskonflikte dürften sich wieder verschärfen." Die Finanzmärkte würden eher auf Joe Biden hoffen, "weil dann das ausstehende Konjunkturpaket größer ausfallen dürfte".  

"Die US-Präsidentenwahl ist noch nicht entschieden. Die Hoffnung vieler Europäer auf einen klaren Sieg von Joe Biden hat sich nicht erfüllt", sagte Michael Holstein, Konjunkturchef der DZ Bank. Das Ergebnis werde knapp sein, die Spaltung des Landes wohl fortbestehen. "Damit werden die Beziehungen zwischen Europa und den USA nicht einfacher, auch was den Handel angeht", so Holstein. Sollte Trump gewinnen, werde es wirtschaftspolitisch um weitere Steuersenkungen und um Ausgabenkürzungen gehen. Für die deutsche Exportwirtschaft würden die Verhältnisse nicht einfacher.

Unter einem Präsidenten Biden gäbe es zunächst sicherlich ein großes Konjunkturprogramm, später vermutlich Steuererhöhungen für Unternehmen und Haushalte mit hohen Einkommen. Der Fokus in der Handelspolitik würde zwar weniger auf neue Zölle gelegt, doch steigende Defizite im US-Außenhandel würden auch einen Präsident Biden unter Druck setzen.

Auswirkungen auf Währungen

"Der Dollar dürfteim Falle eines Trump-Sieges kurzfristig aufwerten", sagte Dirk Clench von der LBBW. Das lehrten die Erfahrung aus dem überraschenden Wahlsieg Trumps 2016. Zudem dürfte Trump die geopolitischen Konflikte eher anheizen als beruhigen. Daher sollte der Dollar als sicherer Hafen eher nachgefragt werden.

Thomas Altmann von QC Partners wies zwar auch darauf hin, dass die Wahl noch nicht endgültig entschieden sei, "die Börsen preisen aber bereits eine Wiederwahl von Donald Trump ein. Die US-Futures machen einen Freudensprung. Beim Technologie-Future Nasdaq 100 ist es ein wahres Kursfeuerwerk." Donald Trump sei zwar weiterhin eine Art Schreckgespenst für viele US-Handelspartner und viele westliche Politiker, sagte Altmann. An den Börsen habe Donald Trump während seiner ersten Amtszeit dagegen die Wandlung vom Schreckgespenst zum gefeierten Steuersenker vollzogen.

ul/hb (rtr, afp)