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Politik

Koalition streitet über Abschiebungen

6. Mai 2018

Gibt es in Deutschland eine "aggressive Anti-Abschiebe-Industrie"? CSU-Landesgruppenchef Dobrindt sieht das so, andere nicht. Klar ist aber: Der Umgang mit Flüchtlingen sorgt zwischen den Parteien für Streit.

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Ellwangen Polizeieinsatz im Flüchtlingsheim
Bild: picture-alliance/dpa/S. Puchner

Der teils gewaltsame Widerstand gegen eine Abschiebung in Ellwangen hat einen Streit über die Rechte von Flüchtlingen entfacht. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt übte in der "Bild am Sonntag" harsche Kritik an Unterstützern: "Es ist nicht akzeptabel, dass durch eine aggressive Anti-Abschiebe-Industrie bewusst die Bemühungen des Rechtsstaates sabotiert und eine weitere Gefährdung der Öffentlichkeit provoziert wird."

Hintergrund sind die Vorfälle im baden-württembergischen Ellwangen, wo 150 bis 200 Flüchtlinge teils gewaltsam verhindert hatten, dass die Polizei einen Mann aus Togo aus einer Flüchtlingsunterkunft abholte. Der 23-Jährige wurde bei einem Großeinsatz doch gefasst, sitzt in Abschiebehaft und wehrt sich mit rechtlichen Schritten. Er soll nach Italien abgeschoben werden.

"Ein Problem mit dem Rechtsstaat"

Die SPD ist auf den neuen CSU-Vorstoß gar nicht gut zu sprechen. Generalsekretär Lars Klingbeil warf der bayerischen Partei Populismus vor. "Da werden von Herrn Dobrindt dann mal eben grundsätzliche Elemente des Rechtsstaats in Frage gestellt", so Klingbeil. Der Fraktionsgeschäftsführer der Linken, Jan Korte, schlug in die gleiche Kerbe: "Zu der üblichen CSU-Hetze via Sonntagszeitung kommt jetzt, dass Alexander Dobrindt ein Problem mit dem Rechtsstaat hat." Jeder habe Anspruch auf ein faires Verfahren.

Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt sagte: "Mehr als 40 Prozent aller Klagen gegen die Ablehnung der Asylanträge und die Androhung der Abschiebung hatten im letzten Jahr vor Gericht Erfolg." Ähnlich äußerte sich der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Thomas Sternberg. Jeder Einzelfall müsse genau betrachtet werden. 

Appell von Kramp-Karrenbauer

Ein Dauerthema bleiben die geplanten Asyl- und Abschiebezentren, die sogenannten Ankerzentren. Angesichts der Tatsache, dass bislang nur wenige Bundesländer Interesse daran bekundet haben, forderte CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer die SPD auf, von den Sozialdemokraten mitregierte Länder zur Einführung zu bewegen. "Für die SPD stellt sich hier eine Führungsfrage", sagte sie dem "Tagesspiegel" (Montag). Zweck dieser Ankerzentren sei es, schnell festzustellen, wer eine Bleibeperspektive habe und wer nicht. Der SPD müsse klar sein: Es gehe um eine nationale Aufgabe.

Unionsfraktionschef Volker Kauder schloss sich dem Appell an: "Fast alle Ministerpräsidenten unseres Landes haben an den Koalitionsverhandlungen teilgenommen und deswegen erwarte ich, dass sie auch mithelfen, dass wir diese Ankerzentren durchführen können", mahnte Kauder.

Bisher haben Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen Interesse bekundet. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) verteidigte die Maßnahme. Sie schaffe schneller und "rechtsstaatlich einwandfrei" Klarheit über den Schutzstatus, sagte er. "Und diejenigen, die schutzbedürftig sind, werden anschließend schneller über die Bundesrepublik verteilt und künftig hoffentlich auch in der Europäischen Union." 

Entwicklungshilfe soll auf den Prüfstand

In die Debatte um Abschiebungen schaltete sich unterdessen auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) ein. Er plädierte dafür, nicht kooperierenden Staaten die Entwicklungshilfe zu kürzen oder ganz zu entziehen. "Wir können nicht auf der einen Seite Entwicklungshilfe bezahlen und auf der anderen nehmen diese Länder diese Leute nicht zurück", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung".

Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) forderte, Zahlungen an Zusammenarbeit zu knüpfen. "Unkooperatives Verhalten darf nicht durch Entwicklungshilfe begünstigt werden", sagte er der Zeitung. Beide Politiker forderten zudem weniger Unterstützung für Asylbewerber. "Es darf nicht mehr so sein, dass die Menschen sich das Land mit den attraktivsten Leistungen aussuchen können und dann regelmäßig nur nach Deutschland kommen", sagte Kretschmer. Alle EU-Staaten sollten von Geld auf Sachleistungen umstellen.

haz/ww (dpa, epd, kna)