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Koalition sucht nach schnellen Antworten

6. September 2015

Beim Spitzentreffen der Koalition von CDU/CSU und SPD gibt es nur ein Thema: Die Reaktion Deutschlands auf die Flüchtlingskrise. Die Regierung Merkel will sich dabei auf das kurzfristig Machbare konzentrieren.

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Flüchtlinge am Bahnhof Wien warten auf die Abfahrt nach München (foto: dpa)
Ungeduldiges Warten auf den Zug Richtung DeutschlandBild: picture-alliance/dpa/J. Dieckmann

Die strittigen Fragen würden laut Angaben aus den Fraktionen wohl ausgeklammert, berichteten Korrespondenten aus Berlin unmittelbar vor Beginn des Koalitionsgipfels im Kanzleramt. Hauptthemen sind die Aufnahme, Versorgung und Eingliederung der hunderttausenden Flüchtlinge in der Bundesrepublik, aber auch beschleunigte Abschiebeverfahren. Andere Probleme wie das Betreuungsgeld oder das vor allem von der SPD geforderte Einwanderungsgesetz dürften zurückgestellt werden. Ziel der Delegationen von CDU, CSU und SPD ist eine Einigung über Grundzüge eines umfassenden Maßnahmenkatalogs, den Kanzlerin Angela Merkel angekündigt hatte.

Dieses Paket möglichst rasch wirksamer Maßnahmen soll dann zusammen mit den Ministerpräsidenten der Länder auf einem großen "Flüchtlingsgipfel" am 24. September in Berlin vereinbart werden. Bundesinnenminister Thomas de Maiziere (CDU) hatte eine Reihe von Gesetzesänderungen bis hin zu einer Grundgesetzänderung zur Diskussion gestellt. Merkel hatte in ihrer Sommerpressekonferenz von ihren Landsleuten "Flexibilität" gefordert.

Rückendeckung für Merkel von der SPD

Im Vorfeld der Sitzung des Koalitionsausschusses hatte es handfesten Streit innerhalb des Unionslagers gegeben. Angesichts der von der Bundesregierung erteilten Einreiseerlaubnis für Flüchtlinge aus Ungarn stellte auch CSU-Chef Horst Seehofer die Berliner Entscheidungen in Frage. "Wir können nicht als Bundesrepublik auf Dauer, bei 28 Mitgliedsstaaten, beinahe sämtliche Flüchtlinge aufnehmen", sagte der bayerische Ministerpräsident. Bayerns CSU-Innenminister Joachim Herrmann sagte beim Besuch einer Polizeidienststelle in Passau, die Entscheidung sei mit den Ländern nicht abgesprochen gewesen. Sie sei ein "völlig falsches Signal innerhalb Europas", das korrigiert werden müsse.

Von den Sozialdemokraten kam jedoch ausdrücklich Lob für die Bundeskanzlerin. Fraktionschef Thomas Oppermann und Generalsekretärin Yasmin Fahimi erklärten übereinstimmend, die Entscheidung der Bundesregierung sei "in dieser humanitären Ausnahmesituation" absolut richtig gewesen.

Die Kosten

Die Gesamtkosten für die Betreuung der Flüchtlinge belaufen sich nach Recherchen der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (F.A.S.) auf rund zehn Milliarden Euro in diesem Jahr. Nachdem beim Flüchtlingsgipfel im Juli ein Bedarf von 5,6 Milliarden Euro für 450.000 Asylbewerber veranschlagt worden war, sei ein solches Volumen für die nun prognostizierten mindestens 800.000 Neuankömmlinge von der Größenordnung her realistisch, hieß es laut F.A.S. aus verschiedenen Verwaltungen auf Kommunal-, Landes- und Bundesebene.

Auf kommunaler Ebene würden die jährlichen Kosten pro Flüchtling je nach Bundesland mit 12.000 bis 13.000 Euro beziffert, schreibt das Frankfurter Blatt. Darin enthalten seien Unterkunft, Verpflegung, Taschengeld, Gesundheitskosten und Verwaltungsaufwand.

Verpflegung und Gesundheit

Umstritten ist der Vorschlag de Maizieres, die Bargeldzahlungen für Asylbewerber weitgehend durch Sachleistungen zu ersetzen. Gegen die in einigen Bundesländern eingeführte Gesundheitskarte zur medizinischen Versorgung der Migranten bestehen Vorbehalte der Union. Diese Bereiche spielen bei den Beratungen am Sonntag wohl noch keine Rolle.

Asylrecht

Einigkeit besteht in der schwarz-roten Koalition darin, dass die Asylverfahren verkürzt werden sollen. Damit sollen auch Flüchtlinge aus Ländern mit geringen Chancen auf Anerkennung schneller abgeschoben werden können. Dazu sollen etwa auch die Balkan-Staaten Albanien, Kosovo und Montenegro als "sichere Herkunftsländer" eingestuft werden.

De Maiziere hatte angeregt, im Gesetz keine Länder mehr namentlich zu nennen, sondern einfach jene Staaten als sicher einzustufen, deren Bürger nur selten Asyl erhalten. Ob die Sozialdemokraten das mitmachen, ist offen.

SC/jj (afp, dpa, rtr, ARD)