Koch-Mehrin tritt wegen Plagiaten zurück
12. Mai 2011Wegen Plagiatsvorwürfen im Zusammenhang mit ihrer Doktorarbeit hat die FDP-Spitzenpolitikerin Silvana Koch-Mehrin alle wichtigen Ämter niedergelegt. Sie trete "mit sofortiger Wirkung" als Vorsitzende der FDP im Europäischen Parlament sowie als Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments zurück und verlasse das FDP-Präsidium, erklärte Koch-Mehrin am Mittwochabend (11.05.2011) in Brüssel. Ihr Abgeordnetenmandat im Europaparlament will sie aber behalten.
Die Universität Heidelberg prüft derzeit, ob Koch-Mehrin Teile ihrer Doktorarbeit abgeschrieben hat. Wie der "Tagesspiegel" berichtete, wurde bereits ein förmliches Verfahren zur Aberkennung des Doktortitels eingeleitet. Zuvor hatte die Internet-Plattform "VroniPlag Wiki" auf dutzenden Seiten ihrer 1999 eingereichten und 2001 veröffentlichten Dissertation "Historische Währungsunion zwischen Wirtschaft und Politik" Plagiate nachgewiesen.
Keine Überraschung für Rösler
Sie wünsche sich, dass die Prüfung "vertraulich, fair, nach rechtsstaatlichen Maßstäben und ohne Ansehen der Person durchgeführt" werde, sagte Koch-Mehrin. "Ich möchte mit diesem Schritt auch verhindern, dass meine gesamte Familie durch die öffentliche Diskussion weiter belastet wird", begründete sie ihren Rückzug.
Die FDP-Spitze reagiere mit Respekt auf den Rückzug. "Ich respektiere die Gründe und bin zuversichtlich, dass sie die Europapolitik auch künftig weiter prägen wird", teilte der scheidende FDP-Chef Guido Westerwelle mit. Seinen designierten Nachfolger Philipp Rösler dürfte der Rücktritt allerdings nicht überrascht haben: Aus FDP-Kreisen hieß es, Koch-Mehrin habe sich vorher mit Rösler getroffen. Sie hoffe, mit ihrer Entscheidung "meiner Partei den Neuanfang mit einem neuen Führungsteam zu erleichtern", heißt es in der Rückzugserklärung der 40-Jährigen.
Guttenberg täuschte
Silvana Koch-Mehrin ist nicht die einzige Spitzenpolitikerin, die derzeit wegen Plagiatsvorwürfen in der Kritik steht. Ebenfalls am Mittwoch stellte die Universität Bayreuth offiziell fest, dass der wegen einer Plagiatsaffäre zurückgetretene Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg bei seiner Dissertation vorsätzlich getäuscht hat. Guttenberg habe in großer Menge fremde Texte übernommen, ohne das kenntlich zu machen, so das Ergebnis einer Untersuchungskommission der Universität. Der CSU-Politiker hatte seinen Doktortitel bereits im Februar verloren.
Und auch die Tochter des ehemaligen bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber (CSU), Veronica Saß, ist wegen Plagiaten ihren Doktortitel los. Erhebliche Teile ihrer Doktorarbeit seien abgeschrieben, teilte die Universität Konstanz am Mittwoch mit. Saß ließ über ihre Anwälte mitteilen, sie werde die Entscheidung gerichtlich anfechten.
Autor: Dirk Eckert (afp, dapd, dpa)
Redaktion: Thomas Grimmer