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Koka gegen Kopfschmerz

Tobias Käufer8. Juli 2015

Ist Koka gleich Kokain? Nein, sagt Boliviens Präsident Morales, ein ehemaliger Koka-Bauer. Er will den Papst-Besuch für eine besondere Aufklärungskampagne nutzen. Tobias Käufer kennt Details.

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Koka-Pflanze
Bild: AP

Boliviens Präsident Evo Morales ist ein Medienprofi. Wo immer das sozialistische Staatsoberhaupt die Gelegenheit sieht, für die Anerkennung der Kulturpflanze Koka zu kämpfen, legt er sich mächtig ins Zeug. Unvergessen der legendäre Auftritt des ehemaligen Koka-Bauern vor den verdutzten Diplomaten der UN-Vollversammlung in New York, als Morales im Jahr 2009 ein Koka-Blatt aus heimischem Anbau aus der Tasche zog. In den USA ist die Einfuhr von Koka-Blättern streng verboten. Morales wollte mit seiner kleinen Provokation den feinen aber entscheidenden Unterschied zwischen Koka und Kokain demonstrieren. Für seinen smarten Auftritt bekam Morales damals spontanen Applaus, geändert hat sich an der Ächtung der Pflanze trotzdem nichts. Morales Haltung ist unmissverständlich: "Koka-Blätter sind kein Kokain, sie sind für die Gesundheit nicht schädlich und verursachen weder psychische Störungen noch Abhängigkeit."

UN Generalversammlung in New York Bolivien Evo Morales hält ein grünes Kokablatt in die Höhe (Quelle: AP Photo/Mary Altaffer)
Wirbt bei jeder Gelegenheit für die Kokapflanze: Präsident MoralesBild: AP

Der Papst als Fürsprecher

Nun könnte Morales einen mächtigen Fürsprecher gewinnen. Zumindest erweckt die bolivianische Regierung den Eindruck, als könne sich Papst Franziskus bei seinem am Mittwoch beginnenden dreitägigen Besuch in Bolivien zur einer kleinen aber sehr wirkungsvollen Geste hinreißen lassen. Boliviens Kulturminister Marko Machicao behauptet, der Papst werde in Bolivien Koka-Blätter kauen. Zum einen, weil das erste Kirchenoberhaupt aus Lateinamerika generell ein Freund von lokalen Spezialitäten ist, ganz besonders von seinem Heimatkontinent. Zum anderen, weil Franziskus auf dem Flughafen El Alto landen wird. Und der liegt rund 4000 Meter hoch. Menschen, die Höhenluft nicht gewohnt sind, leiden deshalb oft unter Kopfschmerzen. Dagegen hilft seit Jahrhunderten, Kokablätter zu kauen.

Frau in traditioneller Tracht mit Hut kaut Kokablätter in Bolivien (Quelle: AP Photo/Juan Karita)
Beliebtes Allheilmittel der indigenen Bolivianer: KokablätterBild: AP

Vatikan-Sprecher Federico Lombardi wollte nach dem Wirbel um die Aussagen von Machicao kein weiteres Öl ins Feuer gießen. Aber er schloss nicht aus, dass Franziskus zu Koka-Blättern greifen wird: "Weil sich Papst Franziskus gerne an den örtlichen Traditionen orientiert. Es ist ja auch bekannt, dass der Papst gerne Mate trinkt", so Lombardi.

Droge oder Heilmittel?

Für Morales, dessen politischer Aufstieg als Gewerkschaftsboss der Koka-Bauern begann, geht es in der Frage um weitaus mehr, als nur eine Geste. Es geht darum, wer in der internationalen Staatengemeinschaft die Regeln festlegen darf und wer nicht. Einerseits dient die Pflanze als Rohstoff für Kokain und fällt damit unter das internationale Einheitsabkommen über Betäubungsmittel von 1961. Andererseits ist das Kauen der Blätter eine jahrhundertealte indigene Tradition und ist legal. Vor allem Boliviens Indigene nutzen die Wirkung der Blätter gegen Erschöpfung, Hunger und die Höhenkrankheit. Morales sieht ihre Rechte eingeschränkt und fordert deshalb die internationale Anerkennung der Pflanze als Heilmittel.

Grüne Blätter der Koka-Pflanze an einem Zweig (Quelle: dpa Georg Ismar )
Koka: Droge oder Wunderflanze?Bild: picture-alliance/dpa

Allerdings hat auch Bolivien ein großes Problem mit immer mächtiger werdenden Drogenkartellen, die das Land ähnlich wie Peru oder Kolumbien als Ausgangsbasis für den Kokainhandel nutzen. Eine schlagkräftige Strategie gegen den Missbrauch der Kokapflanze hat auch Morales bislang noch nicht zu bieten.

Koka-Offensive soll Vorurteile entkräften

Nun startet Bolivien beim Besuch von Papst Franziskus eine neue Koka-Offensive. Nach Medienberichten werden am Flughafen von El Alto bei der Ankunft des Papstes rund 20.000 kleine Beutel mit Koka-Blättern verteilt, damit sich vor allem ausländische Gäste von den Vorzügen der Heilpflanze überzeugen können. Obendrein wollen Vertreter von sechs Verbänden der Koka-Produzenten in Bolivien den Papst von ihren Produkten begeistern. "Wir werden Koka-Plätzchen, Koka-Tee und andere Koka-Produkte an unseren Bruder, den Papst überreichen", sagte ein Vertreter der Koka-Produzenten aus Cochabamba. Die Präsente sollen im Rahmen des "Treffens der Volksbewegungen" übergeben werden, an dem auch Papst Franziskus teilnehmen wird.