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Kollaps der Hypo Real Estate darf nicht sein

17. März 2009

Mehrere Milliarden Euro staatliche Hilfen flossen bereits an den Immobilienfinanzierer Hypo Real Estate. Nun wird die Bank vielleicht ganz verstaatlicht. Doch warum muss dieses Unternehmen unbedingt gerettet werden?

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Hypo-Real-Estate-Logo auf einem Briefkasten (Foto: AP)
Fällt die Hypo Real Estate, fallen auch andereBild: AP

Die deutsche Bank Hypo Real Estate steht kurz vor der Insolvenz, wenn nicht die Bundesregierung der Bank weiterhin die rettende Hand hinhält. Bislang wurden Garantien in Höhe von rund 102 Milliarden Euro vergeben, die waren allerdings nicht mit Geldzahlungen verbunden. Doch in den nächsten Wochen braucht die Hypo Real Estate voraussichtlich mehrere Milliarden Euro frisches Geld.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (Foto: AP)
Bundeskanzlerin Angela Merkel: Verstaatlichung als letztes MittelBild: AP

Um das eingesetzte Geld zu sichern, hat die Regierung speziell für diese Bank ein Gesetz geschaffen mit dem unhandlichen Namen: "Finanzmarktstabilisierungsergänzungsgesetz". Es ermöglicht eine Verstaatlichung der angeschlagenen Münchner Immobilienbank, und als letztes Mittel ist dafür auch eine Enteignung der bisherigen Anteilseigner vorgesehen.

Doch warum muss die Hypo Real Estate unbedingt vor einem Zusammenbruch gerettet werden?

Vertrauen in Gefahr

Präsident der Bundesbank, Axel Weber (Foto: AP)
Präsident der Bundesbank, Axel Weber: Totalstillstand drohtBild: AP

Schon nach dem ersten Rettungsversuch im Oktober scheute sich der ansonsten qua Amt zurückhaltende Bundesbankpräsident Axel Weber nicht vor deutlichen Worten. Eine Alternative zu der dramatischen Rettungsaktion habe es nicht gegeben – denn es habe ein, so wörtlich, "Totalstillstand des Geldsystems" gedroht.

Damit unser Bankensystem funktioniert ist vor allem Vertrauen in die Banken und das System wichtig. Denn wenn eine Bank zusammenbricht, die im wichtigsten deutschen Aktienindex, dem DAX, notiert ist, dann könnten die Deutschen ihr Vertrauen ins gesamte Bankensystem des Landes verlieren. Allein auf den Sparkonten liegen weit über 500 Milliarden Euro. Würden die Menschen beginnen, diese Einlagen abzuziehen, dann wären die Folgen nicht mehr beherrschbar. Der Geldmarkt würde restlos austrocknen.

Es droht ein Dominoeffekt

Luftaufnahme vom Frankfurter Flughafen (Foto: dpa)
Flughäfen werden von der Hypo Real Estate finanziertBild: dpa

Zwar betreibt die Hypo Real Estate selber kein Privatkundengeschäft, dennoch ist sie ein großer Spieler in Deutschland und Europa. Mit einer Bilanzsumme von rund 400 Milliarden Euro gehört sie zu den größten Finanzkonzernen des Landes. Das Unternehmen mit Sitz in München ist auf große Finanzierungsprojekte wie Bürogebäude, Hotels oder Flughäfen spezialisiert. Beispielsweise wurde die höchste und längste Schrägseilbrücke der Welt, das Viaduc de Millau in Südfrankreich, von der Hypo Real Estate finanziert.

Wenn solch eine große Bank falle, meint der Bankenexperte Wolfgang Gerke, dann würde das andere Banken in Schwierigkeiten bringen. Denn unser Bankensystem sei weltweit stark vernetzt. "Natürlich ist so ein Rettungspaket nicht billig. Aber es ist der bessere Weg. Wir haben aus der Weltwirtschaftskrise gelernt, dass man keine Panik aufkommen lassen darf."

Refinanzierung der Banken in Gefahr

Hauptsitz der Hypo Real Estate in München (Foto: AP)
Ein Kollaps reißt andere Banken mitBild: AP

Ein ganz wichtiger Spieler ist die Hypo Real Estate außerdem im deutschen Markt für sogenannte Pfandbriefe. Und der ist mit einem Volumen von geschätzten 900 Milliarden Euro der größte der Welt. Mit Pfandbriefen refinanzieren sich Banken und Versicherungen, sie gelten als besonders sichere Anlagen. Die Pfandbriefe der Hypo Real Estate beispielsweise sind mit Immobilien abgesichert. Damit gab es in der Vergangenheit keine Schwierigkeiten. Wer Geduld hatte und auf lange Laufzeiten setzte, hat hier immer Gewinn gemacht.

Würde dieser bislang sichere Markt jetzt austrocknen, beispielsweise durch den Kollaps der Hypo Real Estate, dann würden andere Kreditinstitute massive Schwierigkeiten bekommen, sich mit frischem Geld zu versorgen. Das wäre ein sogenanntes systemisches Risiko, von dem oft die Rede ist.

Öffentlicher Hand droht Verlust der Finanzierers

Und es gibt noch andere Gründe für die Rettung der Hypo Real Estate, auf die der deutsche Finanzminister Peer Steinbrück hinweist: "Wenn wir dieses Institut jetzt fallen lassen, das so vernetzt ist mit Genossenschaften, mit Banken, mit Landesbanken, mit Ländern, mit Kommunen, mit Berufsgenossenschaften, das würde einen Flächenbrand auslösen."

Ein rotes Ampelmännchen ist an einer Fußgängerampel vor einer Repräsentanz der Bank Hypo Real Estate in Berlin zu sehen (Foto: dpa)
Finanzierung der öffentlichen Haushalte in GefahrBild: picture alliance/dpa

Der Flächenbrand würde sich auch auf die öffentliche Hand auswirken. Denn verschwindet die Hypo Real Estate vom Markt, dann fehlt plötzlich ein großer Finanzierer von verschuldeten öffentlichen Haushalten – angefangen vom Bund, über die Bundesländer bis hin zu den Kommunen. Aber auch gewerbliche Immobilienprojekte stünden mit einem Schlag ohne Finanzierung da. Versorgungswerke oder Berufsgenossenschaften hätten plötzlich Probleme, denn sie haben teilweise sehr hohe Beträge bei der Münchner Bank angelegt.

Autorin: Insa Wrede

Redaktion: Henrik Böhme