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Neue Diskussion um Benin-Bronzen

25. März 2021

Die Debatte um koloniale Raubkunst wird gerade neu angeheizt. Auch das Humboldt-Forum ist betroffen. Bundesaußenminister Heiko Maas bezieht klar Stellung.

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Eine der Benin-Bronzen steht in einem Museum in Köln
Eine Büste, Teil der berühmten Benin-BronzenBild: Francis Oghuma

In die Diskussion um koloniale Raubkunst in deutschen Museen kommt gerade neuer Schwung. Außenminister Heiko Maas hat sich dabei für eine korrekte Restitution afrikanischer Kulturgüter und speziell der Benin-Bronzen stark gemacht. "Zu einem aufrichtigen Umgang mit der Kolonialgeschichte gehört auch die Frage der Rückgabe von Kulturgütern", sagte er gegenüber der Presse.

Maas hat aktuell den Leiter der Kulturabteilung des Außenministeriums, Andreas Görgen, nach Nigeria geschickt, um sich um eine Museumskooperation mit dem dort geplanten Museum Of West African Art in Benin-City zu kümmern. "Wir sind Teil einer größeren Entwicklung, in der wir dabei helfen sollten, dass kulturelle Infrastruktur in Ländern entsteht, aus denen wir Objekte in Deutschland haben", sagte der Minister.

Die Bronzeskulptur eines Königs aus Benin steht in einer Museumsvitrine.
Bronzen aus Benin in einer Vitrine des Museums für Kunst und Gewerbe in HamburgBild: Daniel Bockwoldt/dpa/picture alliance

Kurswechsel in der Raubkunst-Debatte

Auch der Stiftungsrat für die Museen und Sammlungen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK), zuständig für das neue Berliner Humboldt-Forum, hat sich auf seiner Sitzung am 24.3.2021 mit dieser weiterhin politisch brisanten Frage beschäftigt.

Mit den zuständigen Kulturinstitutionen in Nigeria und Benin-City und mit der Benin Dialogue Group sei man bereits seit Längerem im Gespräch - ein "Dialog auf Augenhöhe", wie betont wird.

Kulturstaatsministerin Monika Grütters attestiert den Verantwortlichen in der Stiftung ausdrücklich die nötige Sensibilität und "Sachkompetenz im Interesse größtmöglicher Transparenz", aber offiziell wird die Rückgabe umstrittener Objekte auf der Webseite der Stiftung weiterhin nur als "Option" genannt.

Grütters wird außerdem alle betroffenen Kulturminister der Länder zeitnah zu einer Gesprächsrunde einladen. Ein erster Schritt, den sie fordert, wird sein, die Bestände an umstrittenen Objekten vollständig zu digitalisieren, damit sie weltweit zugänglich und online einsehbar sind. Im "Fall Gurlitt", der die Bestände an Nazi-Raubkunst in deutschen Museen 2013 in den Fokus der Weltöffentlichkeit gerückt hatte, gab es damals ein ähnliches Vorgehen.

Geraubte Kulturgüter aus der Kolonialzeit stehen im Museum.
Auch im Museum für Völkerkunde in Leipzig stehen Kunstobjekte aus dem früheren Königreich Benin.Bild: Wolfgang Kluge/picture alliance

Parzinger: "Wir sind zu Rückgaben bereit"

Beauftragt mit der Koordination der Museen wurde Hermann Parzinger, der Präsident der Stiftung. Er soll in Absprache mit allen ethnologischen Museen und Sammlungen in Deutschland, die Benin-Bronzen und andere koloniale Raubkunst-Gegenstände im Bestand haben, eine Handhabungs-Strategie entwickeln.

Der größte Teil der berühmten Benin-Bronzen, zu denen auch viele Bronzebüsten der Herrscher im Königreich Benin gehören, befindet sich in den Beständen des Museums für Völkerkunde in Dresden, des Rautenstrauch-Joest-Museums in Köln, des Museums am Rothenbaum, Kulturen und Künste der Welt (MARKK) in Hamburg und des Ethnologischen Museums in Berlins, das zum Preußischen Kulturbesitz gehört.

Gegenüber den Herkunftsländern der wertvollen Kunstschätze räumt Parzinger bereits Entgegenkommen ein: "Wir sind zu Rückgaben bereit", erklärt er in einem aktuellen TV-Interview mit dem Kultursender 3sat. "Wir sind mit Tansania im Gespräch, wir haben bereits einen Stiftungsrats-Beschluss zu einem Bestand an Objekten aus Namibia, wo ein ganz klarer Unrechtskontext vorliegt."

Problematische Herkunft vieler Objekte

Herzstück der ethnologischen Sammlung im neuen Berliner Humboldt-Forum sollen bei der endgültigen Eröffnung die Benin-Bronzen sein, so die bisherige Planung der Stiftung Preußischer Kulturbesitz als Träger des Forums. Im Herbst 2021 werden diese Kunstobjekte, die seit langem für kulturpolitischen Zündstoff sorgen, von ihrem bisherigen Standort in Berlin-Dahlem in die neuen Räumlichkeiten in Berlin-Mitte umziehen.

Die Bronzen stammen aus dem Königreich Benin, einer vorkolonialen und damals hoch entwickelten Monarchie, deren Hauptstadt im Südwesten des heutigen Staates Nigeria lag. Der britischen Kolonialmacht war das Benin-Reich damals zu mächtig und zu eigenständig geworden. Bei einer Strafexpedition legten die Briten im Benin alles in Schutt und Asche - nachdem sie die Paläste geplündert hatten. Die Kolonialherren nahmen alles mit, was sie an Kunstschätzen und Kulturgütern tragen konnten.

Benin-Bronzetafeln hängen übereinander im Museum.
Viele der Benin-Bronzen sind Tafeln, die kunstvolle Reliefs aus Figuren zeigen.Bild: picture-alliance/United Archiv

Schätzungsweise 4000 Objekte umfasste diese Kriegsbeute der Briten, die in alle Welt verkauft wurden. In den Folgejahren gelangten die Bronzen über Auktionshäuser und Kunsthändler in den Besitz europäischer Museen. Bis heute herrscht zwischen großen Häusern in London, Paris und Berlin ein Wettstreit, wer dem Publikum mehr historische Kunstschätze präsentieren kann. Mindestens 80 Prozent des kulturellen Erbes Afrikas steht in europäischen Museen, so die Meinung fachkundiger Experten. Ein Großteil davon verstaubt in den Depots. 

Wichtig ist ein Dialog auf Augenhöhe

Stiftungspräsident Hermann Parzinger sieht in der erneuten Diskussion auch neue Chancen: "Ich finde, dass Benin-Bronzen im Humboldt-Forum nach der jetzigen Diskussion gezeigt werden müssen. Gezeigt werden müssen, mit der ganzen Geschichte, dem ganzen Hintergrund dazu", sagt er im 3sat-Interview.

Für das Humboldt-Forum, das im Herbst 2021 eröffnet werden soll, sei es eine kulturpolitische Verpflichtung, dass Besucher diesen kolonialgeschichtlichen Zusammenhang wissen müssen: "Das ist auch Teil des Konzeptes. Es ist ganz wichtig, dass wir dieses Thema nicht aussparen und dass wir das selbstkritisch aufgreifen. Das ist der Weg, der in die Zukunft führt."