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Kolonialismus: 17.000 menschliche Überreste in Deutschland

29. Dezember 2023

Dank einer deutschlandweiten Umfrage gibt es erstmals einen Überblick über die Anzahl menschlicher Überreste in deutschen Einrichtungen. Ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu weiteren Restitutionen.

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Ein bemalter Mann mit langem Bart und Kopfschmuck läuft eine Gruppe schwarz gekleideter Menschen, die Kisten tragen, voraus.
2019 gab der Freistaat Sachsen die sterblichen Überreste von 45 indigenen Australiern an deren Nachfahren zurückBild: Jan Woitas/dpa/picture alliance

17.000 menschliche Überreste aus kolonialen Kontexten befinden sich in deutschen Museen und universitären Sammlungen. Zu diesem Ergebnis kam eine Umfrage, die im Auftrag von Bund, Ländern und Kommunen gestartet worden war und nun ausgewertet ist. Insgesamt hatten sich 33 Einrichtungen an der Erhebung beteiligt, die relevante Bestände menschlicher Überreste in ihren Sammlungen verwahren - darunter anthropologische, anatomische, medizinhistorische, ethnologische und paläontologische Sammlungen und insbesondere solche, die ab circa 1750 entstanden sind. 

Fast die Hälfte der menschlichen Überreste (46 Prozent) können nicht geografisch zugeordnet werden, so das Ergebnis der Umfrage. Von den Überresten, bei denen die Herkunft bekannt ist, stamme die Mehrheit (71 Prozent) aus Afrika und Ozeanien. Außerdem stellt die Umfrage fest, dass es in deutschen Sammlungen Überreste aus allen Kontinenten gibt.  

Möglich ist den Angaben zufolge, dass die Zahl noch höher liegt. Mehr als ein Drittel der übermittelten Angaben stellten einen Annäherungswert dar, hieß es. In 68 Prozent der Einrichtungen sind menschliche Überreste inventarisiert. Jedoch sind derzeit lediglich 48 Prozent der ermittelten menschlichen Überreste digital erfasst, heißt es in der Mitteilung der Kultusministerkonferenz

Die deutsche Kolonialgeschichte

Falko Mohrs: "Umgang mit menschlichen Überresten in der Vergangenheit fragwürdig"

Umgesetzt hatte die Umfrage die Kontaktstelle für Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten. Sie soll ein Anknüpfungspunkt für weitere Forschung und Rückgaben menschlicher Überreste sein. Außerdem wurde die Kontaktstelle damit beauftragt, ein Konzept zum weiteren Umgang mit sterblichen Überresten aus der Kolonialzeit zu erarbeiten.

Das Auswärtige Amt wird die Ergebnisse der Umfrage zudem den betroffenen Ländern zur Verfügung stellen. Notwendige Konsequenzen aus der Umfrage sollen mit Expertinnen und Experten, insbesondere aus den Herkunftsländern, beraten werden. 

Falko Mohrs, Vorsitzender der Kulturministerkonferenz 2023, sagte: "Der Umgang mit menschlichen Überresten aus kolonialem Kontext in Deutschland war in der Vergangenheit häufig fragwürdig. Jetzt haben wir die Chance, es besser zu machen. Wo immer es geht, sollen Transparenz geschaffen und mit aller gebotenen Sensibilität Rückgaben ermöglicht werden."

Mehr Provenienzforschung notwendig 

Kulturstaatsministerin Claudia Roth bekräftigte, dass menschliche Gebeine aus kolonialen Kontexten nicht in deutsche Museen und Sammlungen gehörten. Es gehöre zur Aufarbeitung der deutschen Kolonialgeschichte, einen angemessenen Umgang damit zu finden und Maßnahmen zur Rückführung in die Herkunftsländer zu entwickeln. "Die Umfrage ist hierfür eine ganz wichtige Grundlage. Sie zeigt, dass die Herkunft menschlicher Gebeine in deutschen Sammlungen in vielen Fällen unklar ist. Besonders die Provenienzforschung kann zur weiteren Aufklärung beitragen."

Die Außen-Staatsministerin Katja Keul sagte, in Gesprächen im Ausland begegne deutschen Vertretern der Wunsch nach mehr Information über den Verbleib der Vorfahren "sowie der Wunsch ganz konkret, ihre Ahnen in der Heimat beerdigen zu können".

bb/fab (epd, www.kmk.org)