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Kommandowechsel in Nigerias Ölbranche

Theresa Krinninger6. August 2015

Präsident Buharis Anti-Korruptionskampagne trifft nun die staatliche Ölfirma NNPC. Kaum im Amt, entlässt der neue NNPC-Chef weitere Abteilungsleiter. Ist das der Anfang einer Komplettsanierung?

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Symbolbild Ausfall der Ölpreise
Bild: picture-alliance/dpa

Emmanuel Ibe Kachikwu macht reinen Tisch. Der neue Chef von Nigerias staatlicher Ölfirma NNPC (Nigerian National Petroleum Corporation) hat Stunden nach seiner Ernennung zum Firmenchef am Dienstag mehrere Abteilungsleiter entlassen. Kachikwu, der früher ein stellvertretender Vorsitzender beim afrikanischen Arm des US-Ölkonzerns Exxon Mobil war, hatte erst am Dienstag den NNPC-Vorstandsvorsitz von Joseph Thlama Dawha übernommen. Nigerias Ölsektor hatte in der Vergangenheit immer wieder für Schlagzeilen gesorgt. Die lauten: Korruption und Misswirtschaft. Der nigerianischen Tageszeitung Premium Times sagte der neue Öl-Chef: "NNPC wird null Toleranz für Korruption an den Tag legen und alle Fälle nach geltendem Gesetz bestrafen".

Veranlasst wurde der radikale Führungswechsel durch den neuen Präsidenten Muhammadu Buhari persönlich. Der hatte schon im Juni den kompletten Vorstand der Firma ausgetauscht. "Präsident Buhari hat von Anfang an klargemacht, dass er keinen verschonen werde, der in irgendeiner Form mit Korruption zu tun hat", sagt Politikwissenschaftler Tukur Abdulkadir von der Kaduna State University im DW-Gespräch. Vor wenigen Wochen hatte Präsident Buhari bereits seine gesamten Militär- und Sicherheitschefs ersetzt. Abdulkadir zeigt sich optimistisch, was Buharis Anti-Korruptionsprojekt betrifft. Wie viele Nigerianer legt er zudem große Hoffnung in Kachikwu. Der neue Konzernchef sei "sehr gut gewählt, er wird die nötigen Reformen durchsetzen, besonders wenn der Präsident hinter ihm steht." Seinen Vorgänger Dawha könne man jedoch nicht allein verantwortlich machen, sagt Abdulkadir. Auch der sei nur ein Rädchen im korrupten System von Buharis Vorgänger Goodluck Jonathan gewesen. Der habe Korruption in seinen engsten Kreisen gebilligt.

Präsident von Nigeria Muhammadu Buhari
Kein Sinn für Korruption: Muhammadu BuhariBild: picture-alliance/AP Photo/S. Alamba

Studie deckt Misswirtschaft bei NNPC auf

Der Rundumschlag bei NNPC begann genau am gleichen Tag, an dem das unabhängige New Yorker Forschungs- und Beratungsinstitut Natural Resource Governance Institute (NRGI) in einer Analyse schockierende Ergebnisse über die Misswirtschaft und Geldwäsche beim nationalen Ölkonzern offenlegte. Beispielsweise habe Nigerias Finanzministerium für die vier nationalen Raffinerien 2013 nur 58 Prozent der Öleinnahmen erhalten, die sich insgesamt auf 16,8 Milliarden Dollar beliefen. Oder: NNPC habe in den vergangenen 19 Monaten 8,7 Milliarden Dollar nur für Benzinsubventionen zurückgehalten. Den größten Alarm schlug 2014 der damalige Chef der nigerianischen Zentralbank Lamido Sanusi: Der Bank fehlten 20 Milliarden Dollar aus NNPC-Ölerträgen, sagte er.

Nigeria Benzin Schwarzmarkt
Unterschlagene Subventionen belasten die NigerianerBild: picture-alliance/dpa/T. Owolabi

Unter diesen Zuständen leidet Nigerias Wirtschaft: Öl ist der wichtigste Exportrohstoff des Landes und macht mehr als 80 Prozent der Staatseinnahmen aus. Die niedrigen Ölpreise auf dem Weltmarkt kommen erschwerend hinzu.

Der NRGI-Analyse zufolge muss Buhari langfristig die strukturellen Probleme des Ölkonzerns angehen. Kurzfristig müsse er die Subventionen für Benzin und Kerosin streichen und die Verträge von NNPC mit globalen Unternehmen wie Shell, Exxon und Chevron sowie mit Ölhändlern wie Glencore überprüfen. Doch die Spuren der Vetternwirtschaft reichen noch weiter: Auch die Verbindungen zu anderen staatlichen Institutionen - nämlich in die Ministerien und zur Zentralbank - gehören laut dem New Yorker Institut auf den Prüfstand.

Nigerias wichtigste Geldquelle ist unterfinanziert

Christina Katsouris, wissenschaftliche Mitarbeiterin im Nigeria-Projekt am Chatham House in London, befasst sich seit Jahren mit der NNPC. Ihr zufolge leidet die Institution vor allem unter einer chronischen Unterfinanzierung: "NNPC selbst hat kein festes Budget für eigene Ausgaben. Alle Öleinnahmen müssen laut Verfassung in den Staatshaushalt fließen. Für die Kosten der gemeinsamen Ölproduktion mit Shell oder Exxon bleibt nichts übrig. Also ist NNPC immer knapp bei Kasse." Und das, obwohl der Ölkonzern die wichtigste Geldquelle für das Land ist. Was NNPC auch schwäche, sei die jahrelange Ausbeutung durch Politiker, die bei wichtigen Entscheidungen dabei waren: "Bisher hatten die Ölminister bei der Vergabe der Verträge an private Firmen immer ein Mitspracherecht", sagt die Nigeria-Expertin. Deshalb sei eine Trennung zwischen dem Ölministerium und NNPC unbedingt nötig.

Österreich Wien 166. OPEC Konferenz
Ölministerin Diezani Alison-MaduekeBild: picture-alliance/dpa/H. Pfarrhofer