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Alibaba ist nur der Anfang

Henrik Böhme18. September 2014

Es ist der größte Börsengang aller Zeiten. Doch der Erfolg des Onlinehändlers Alibaba ist nur der vorläufige Höhepunkt einer Entwicklung. Die Gewichte der Weltwirtschaft verschieben sich, meint Henrik Böhme.

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Alibaba Group Online Handelsriese China
Bild: picture-alliance/AP Photo

Es war der Auftakt der Werbetour von Alibaba-Gründer Jack Ma bei den Investoren. Im noblen New Yorker Waldorf Astoria, wo Hummer bestenfalls die Vorspeise ist, wurden abgepackte Truthahn-Sandwiches gereicht. Ob er Neues über Alibaba erfahren habe, wurde ein Finanzmanager gefragt. Die Antwort war ein klares "Nein". Dabei wollte er nur wissen, was viele interessiert: Welche Strategie verfolgt Alibaba für das weltweite Wachstum? Und wie hält es das Unternehmen mit der Transparenz, etwa bei der Besetzung der Führungsposten?

Immerhin, soviel war vom Selfmade-Milliardär Jack Ma zu erfahren: Den Erlös aus dem Börsengang - und der ist gigantisch - wolle man in die Geschäfte in den USA und in Europa intensivieren. Das klingt wie eine Drohung, und das ist es auch. Für die großen Plattformen wie Amazon oder Ebay zum einen, aber erst recht für Europa, das in Sachen IT-Wirtschaft sowieso schon um Jahre zurückliegt. Sogar für das Silicon Valley, seit Jahrzehnten Startplatz großartiger IT-Firmen, könnte eine neue Zeitrechnung anbrechen. Denn die Schlagzahl könnten künftig die Chinesen vorgeben.

Der Börsengang von Alibaba an der Wall Street, von allem Hype um das groß und größer mal abgesehen, er markiert nur einen vorläufigen Höhepunkt. Seit die Mächtigen in Peking den Staatsunternehmen grünes Licht für die Teilprivatisierung gegeben haben, greift auch der private Sektor immer öfter am Kapitalmarkt zu. Die Liste der größten Börsengänge aller Zeiten wird von drei chinesischen Banken angeführt. Alibaba wird sich noch vor diesen einreihen. Facebook, Visa oder General Motors grüßen von weiter hinten.

Deutsche Welle Henrik Böhme Chefredaktion GLOBAL Wirtschaft
Henrik Böhme, DW-WirtschaftsredaktionBild: DW

Andere China-Riesen stehen schon in den Startlöchern, wenn auch nicht unbedingt an der Wall Street: China Re, der Rückversicherer oder Xiaomi, der Smartphone-Hersteller mit dem Anspruch, das neue Apple zu werden. Das alles zeigt: Das Geschehen an den Aktienmärkten spiegelt wider, was in der Weltwirtschaft schon länger zu bemerken ist: Eine Verschiebung der Gewichte von West nach Ost. Ein Meilenstein auf dem Weg Chinas zur größten Volkswirtschaft der Welt.

Nun ist das alles nicht ohne Risiko. Das zeigt sich auch am Beispiel von Alibaba: Die Firmenholding ist ein extrem verflochtenes Konglomerat, das seinen Sitz auf einer Steueroase in der Karibik hat. Nur 12 Prozent der Aktien kommen überhaupt an den Markt. Aktionäre werden kaum Mitspracherechte haben, die Kontrolle hat die Führungsclique um Firmengründer Ma. Und schließlich ist da noch die mächtige Kommunistische Partei Chinas. Sie gibt am Ende des Tages die Regeln für die Unternehmen ihres Landes vor. Wendungen nicht ausgeschlossen.

An Deutschlands führendem Börsenplatz in Frankfurt, wo 25 Unternehmen aus China notiert sind, ist man dieser Tage übrigens gar nicht gut auf Firmen aus dem Reich der Mitte zu sprechen. Da verschwand nämlich der Chef des Schuhherstellers Ultrasonic samt Firmenkasse. Die Anleger gucken in die Röhre. Nicht der erste Fall dieser Art.

Das alles scheint Investoren derzeit nicht zu interessieren. Lemmingen gleich hecheln sie dem dicken Brocken hinterher. Kein Wunder: Die Märkte sind geflutet mit Unmengen an Geld, das nach attraktiver Anlage sucht. Alibaba scheint attraktiv genug zu sein. Wer den Onlinehandel auf dem zweitgrößten Internet-Markt der Welt praktisch komplett beherrscht, muss einiges richtig gemacht haben.