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Politik

Amerikas offene Wunden

DW Nachrichten TV Oliver Sallet
Oliver Sallet
21. Juli 2019

Die jüngste US-Rassismus-Debatte zeigt: Mit Fremdenfeindlichkeit lässt sich Stimmung machen. Zwar hat Präsident Trump die Methode nicht erfunden. Er weiß sich das Thema aber zunutze zu machen, meint Oliver Sallet.

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US Präsident Trump in North Carolina
Bild: picture-alliance/R. Ellis

Der neueste Schlachtruf der Trump-Anhänger lautet jetzt "Take her back". Anstatt also Hillary Clinton wegzusperren ("Lock her up!"), fordern Anhänger des US-Präsidenten nun, jene von Donald Trump per Tweet beschimpfte und in Somalia geborene schwarze Abgeordnete Ilhan Omar "dahin zurückzuschicken, wo sie herkommt." Dass sie seit fast 30 Jahren in den USA lebt und seit ihrer Jugend die amerikanische Staatsbürgerschaft besitzt: Nebensache für Trump und seine Unterstützer.

Er habe keinen einzigen rassistischen Knochen in seinem Körper, gab Donald Trump auf Twitter zu verstehen. Auch das darf man ganz klar als Lüge zurückweisen. In den 1970er Jahren wurden er und sein Vater Fred verklagt, weil sie schwarze Mieter von ihren Apartmenthäusern fernhalten wollten. Fred Trump wurden Verbindungen zum Ku-Klux-Klan nachgesagt. Für die "Central Park Five", fünf unschuldige afro-amerikanische und Latino-Jugendliche, die vor 30 Jahren für die Vergewaltigung einer Joggerin verurteilt wurden, hatte Donald Trump sogar die Todesstrafe gefordert.

"Faulheit eine Charaktereigenschaft der Schwarzen"

Oliver Sallet
DW-Washington-Korrespondent Oliver SalletBild: DW

Dem Magazin Playboy verriet er 1997, dass "Faulheit eine Charaktereigenschaft der Schwarzen" sei. Und zuletzt nannte er Mexikaner "Mörder und Vergewaltiger", während er unter den rechtsradikalen Demonstranten von Charlottesville "feine Leute" ausmachen wollte. Die Liste geht so endlos weiter.

Historiker vergleichen Trumps Ausfälle schon mit denen des 17. Präsidenten der USA, Andrew Johnson (1808 - 1875). Der hatte gesagt, dass Schwarze der "Barbarei verfallen würden, wenn man sie sich selbst überlasse".

Klar ist: Auch die amerikanische Gesellschaft hatte bereits lange vor Präsident Trump ein gewaltiges Rassismus-Problem, das stets schwelt und manchmal mehr oder weniger eskaliert. Kaum ein anderes Land hat über einen so langen Zeitraum so sehr mit dieser offenen Wunde zu kämpfen wie die USA.

Im Fadenkreuz des rassistischen Amerikas

Die Gründe dafür sind vielfältig: Angst vor den Neuankömmlingen aus Europa etwa, die den Alteingesessenen die Jobs wegnehmen würden, oder dem Land zur Last fallen könnten. Aber es waren immer auch die kulturellen Unterschiede: Mal waren es die italienischen oder die deutschen Immigranten, die lieber unter sich blieben und auf die herabgeblickt wurde. Später waren es Asiaten oder Latinos - einzig die schwarze Community hatte stets ihren Platz im Fadenkreuz des rassistischen Amerikas.

Die bis dahin schwersten Rassenunruhen brachen 1967 in Detroit aus. 43 Menschen kamen dabei ums Leben. Zahlreiche Todesopfer gab es auch 1968 bei Ausschreitungen nach der Ermordung Martin Luther Kings - diese Liste lässt sich fortführen bis zu den Unruhen von Ferguson 2014. Die Gewaltausbrüche sind Folge der Entstehung der USA, der Sklavenhaltung, dem darauf folgenden Bürgerkrieg, den bis heute von Einwanderung geprägten Jahrhunderten. Auslöser ist aber eben auch die bis heute andauernde Stigmatisierung von Menschen anderer Hautfarbe.

Amerika kann sein Versprechen nicht mehr einhalten

Während andere Präsidenten, wie John F. Kennedy, in der Vergangenheit versuchten, diese Spannungen rhetorisch zu überwinden, finden sie unter Donald Trump ihren radikalsten Vertreter, der sich Spaltung und Aufwiegelung zum Mantra gemacht hat und damit erfolgreich seine Wählerbasis mobilisiert. 

Das Einwanderungsland USA, das seine Vielseitigkeit sogar im Siegel trägt und auf dem Versprechen "e pluribus unum" gegründet wurde, also "aus Vielen eines", kann gerade dieses Versprechen oft nicht einhalten und offenbart in Zeiten Donald Trumps einmal mehr seine Widersprüchlichkeit. Welch Ironie, dass ausgerechnet der Präsident der Vereinigten Staaten dieses multikulturelle Motto auch in seinem Siegel trägt.

Donald Trump mag einer der schrillsten und lautesten Verfechter des rassistischen Amerikas sein, dem die Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, neulich zu Recht vorwarf, er wolle Amerika nicht wieder großartig, sondern vor allem wieder weiß machen. Der Einzige ist er mit Sicherheit nicht.