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Kommentar: Armstrongs kalkulierte Beichte

Stefan Nestler18. Januar 2013

Lance Armstrong hat sich bei Oprah Winfrey lediglich als reuiger Dopingsünder präsentiert, ohne dabei wirklich brisante Details preiszugeben, meint DW-Sportredakteur Stefan Nestler.

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Das war weder überraschend noch eine große Offenbarung. Lance Armstrong räumte im Interview mit Oprah Winfrey ein, dass er bei allen sieben Tour-de-France-Siegen gedopt war. Aber was hätte er auch anderes sagen sollen? Die Fakten lagen längst auf dem Tisch. Die Anti-Doping-Agentur der USA (USADA) hatte in ihrer Anklageschrift gegen Armstrong auf über 1000 Seiten akribisch dokumentiert, dass der einstige Superstar nicht nur zu Dopingmitteln gegriffen, sondern den Betrug in seinen Teams auch selbst organisiert hatte.

Porträt Stefan Nestler. Foto: DW/Per Henriksen
Stefan Nestler, DW SportBild: DW

Unglaubwürdig

Letzteres bestritt Armstrong, was angesichts der zahlreichen Zeugenaussagen ehemaliger Teammitglieder alles andere als glaubwürdig ist. Auch bei seinen Antworten zur Rolle des Radsport-Weltverbands UCI blieb Armstrong vage. Ja, er sei zu einer Spende aufgefordert worden, aber nein, dabei habe es sich nicht um einen Deal mit dem Ziel gehandelt, eine positive Dopingprobe zu verschleiern. Seit wann bittet denn ein Weltverband einen aktiven Sportler um eine Spende? Da hätte Winfrey nachhaken müssen.

Leichen blieben im Keller

Armstrongs Beichte war kalkuliert. Ihm ging es offenkundig nur darum, sich der Öffentlichkeit als reuiger Sünder zu präsentieren, der doch nur das getan hat, was alle machten. Wirklich brisante Details blieb er bisher schuldig, die Leichen blieben im Keller. Dass die UCI anschließend Armstrongs Aussagen begrüßte, spricht Bände. Beim Weltverband dürften zuvor einige Leute mächtig geschwitzt haben. Er liebe den Radsport immer noch und es tue ihm leid, dass er ihm geschadet habe, sagte Armstrong. Das ist nur ein Lippenbekenntnis, solange er nicht Ross und Reiter des systematischen Dopings nennt.

Völlig überzogener Hype

Der Medien-Hype der vergangenen Tage um Armstrongs Interview war völlig überzogen. Einer der größten, wenn nicht sogar der größte Sportbetrüger aller Zeiten bricht sein Schweigen, weil er mit dem Rücken zur Wand steht. Anstatt abzuwarten, was der gefallene Star zu sagen hat, wird bereits im Vorfeld spekuliert, dass sich die Balken biegen. Das vernünftige Maß bleibt auf der Strecke. Da müssen wir Journalisten uns an die eigene Nase fassen. Denn die Welt hat viele abgezockte Lügner im Angebot, nicht nur im Sport.