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Klar ist das Satire - was denn sonst?

Sproeer Susanne Kommentarbild App
Susanne Spröer
11. April 2016

Böhmermanns "Schmähgedicht": Beleidigung oder Satire? Dazu muss jetzt die Bundesregierung Position beziehen. Unsere Autorin Susanne Spröer meint: Natürlich handelt es sich um waschechte Satire.

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Jan Böhmermann
Bild: picture-alliance/dpa/H. Kaiser

Eines vorweg: Auch ich finde den Inhalt des "Schmähgedichtes", das Jan Böhmermann in der ZDF-Sendung "Neo Royale" vortrug, geschmacklos und unter der Gürtellinie. Gar keine Frage. Aber dennoch ist es ganz klar Satire. Was denn sonst?

Das Gedicht ist ja nicht in einem Literatur-Magazin, sondern als Teil einer Satiresendung veröffentlicht worden. Da kann – und muss – man Zuspitzung, Übertreibung und Grenzüberschreitung erwarten. Davon lebt Satire, sie ist ja mehr als bloßes Witzereißen. Satire ist eine Kunstgattung, die mit Spott, Ironie und Übertreibung Personen oder Zustände kritisiert und polarisieren will. Und da darf einem das Lachen schon mal im Hals stecken bleiben. Obwohl, mich hat die Sendung tatsächlich zum Lachen gebracht. Nicht das "Schmähgedicht" selbst, das ich, wie gesagt, geschmacklos finde. Aber der komplette Sketch, der nicht nur raffiniert ausgedacht und originell umgesetzt war, sondern auch eine wichtige gesellschaftliche Diskussion angestoßen hat.

Strafbare Schmähkritik: Was jetzt kommt, ist verboten

Schon der Einstieg war ziemlich clever. Jan Böhmermann moderierte das Gedicht mit einer Warnung an: Was jetzt folgen würde, sagte er, dürfe man so nicht machen. Solche Schmähkritik könne bestraft und der Inhalt aus dem Programm genommen werden. Was ja auch geschah: Das ZDF entfernte die entsprechende Passage der Sendung aus der Mediathek. Eine geplante Provokation, die von den Sendungsmachern wohl genau so beabsichtigt worden war. Einen "kalkulierten Rechtsbruch" nennt das der Kölner Medienanwalt Markus Kompa im DW-Interview. Ein genialer satirischer Medien-Coup, finde ich.

Denn der Beitrag hat natürlich eine Vorgeschichte. Er bezieht sich auf ein zuvor in der ARD-Satire-Sendung "extra 3" gesendetes Lied, das die exzessive Zensur und Unterdrückung der Meinungsfreiheit in der Türkei aufs Korn genommen hatte. Obwohl dieses ein Fall zweifelsfrei erlaubter Satire in Deutschland war, bestellte der türkische Staatspräsident den deutschen Botschafter ein und forderte die Löschung des Videos. Erst nach einer guten Woche nahm die Bundesregierung dazu öffentlich Stellung und verteidigte die Meinungsfreiheit in Deutschland.

Susanne Spröer (Foto: Deutsche Welle)
Susanne Spröer, Redaktionsleiterin Kultur online

Was darf Satire in Deutschland – und was nicht?

Der Böhmermann-Sketch drehte das nun raffiniert und hintergründig weiter: Mit einem so absurd überzogenen "Schmähgedicht", dass selbst die härtesten Kritiker Erdogans nichts daran für bare Münze nehmen dürften. Trotz der zweifellos beleidigenden Formulierungen zielt es aber gerade nicht auf eine Beleidigung in verleumderischer Absicht ab, wie es der Straftatbestand der Schmähkritik erfordert. Sondern es kritisiert satirisch den diktatorischen Umgang des türkischen Staatspräsidenten mit der Presse- und Meinungsfreiheit sowie den Versuch, diese auch in Deutschland zu torpedieren - wie im Fall "extra 3".

Genau das macht den Böhmermann-Sketch zur waschechten Satire. Er ist nicht nur ein Lehrstück über die Grenzen der Satire (tatsächlich könnte man ihn dafür gut in der Journalisten- oder Juristenausbildung verwenden). Sondern er zeigt auch, wie mächtig Satire sein kann, wenn sie den Finger in gesellschaftliche und politische Wunden legt. Das auszuhalten, macht eine demokratische Gesellschaft aus.

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