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Politik

Kommentar: Trump gegen Twitter

Carla Bleiker
Carla Bleiker
29. Mai 2020

Donald Trump fühlt sich von Twitter in seiner Ehre verletzt. Niemand darf den Präsidenten auf seine Lügen hinweisen! Dabei braucht das Internet mehr Fact Checking, nicht weniger, meint Carla Bleiker.

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Karikatur von Sergey Elkin Donald Trump und Twitter

US-Präsident Donald Trump ist mal wieder in einen Kleinkrieg im Internet verwickelt. Diesmal hat Twitter, das Medium, über das Trump hauptsächlich kommuniziert, seinen Zorn auf sich gezogen. Nachdem er sich in der Vergangenheit schon mehrmals beschwerte, dass Twitter die Redefreiheit konservativer User einschränke, ist der Kurznachrichtendienst nun das Ziel seines neuesten politischen Angriffs. Am Donnerstagabend unterschrieb der Präsident eine sogenannte Executive Order, die sozialen Medien wichtige Rechte abspricht.

Ein Hauptpunkt der neuen Regelung zielt auf ein wichtiges Gesetz, das soziale Medien vor Klagen schützen soll. Laut dieses Gesetzes sind Twitter, Facebook und Co nicht für die Inhalte verantwortlich, die User auf ihren Seiten posten. Diese Immunität stellt Trump jetzt in Frage. Sollte er damit durchkommen, müssten die Netzwerke viel strenger kontrollieren, was gepostet wird - eine de-facto-Zensur wäre praktisch unvermeidbar. Ironischerweise könnten davon gerade, sagen wir mal, "leidenschaftliche" Tweets wie die des Präsidenten betroffen sein. Aber darüber scheint sich Trump keine Gedanken gemacht zu haben. Es wäre lachhaft, wenn es nicht so ernst wäre.

Autorenbild l Kommentatorenbild DW Carla Bleiker PROVISORISCH
DW-Korrespondentin Carla Bleiker, WashingtonBild: privat

"Eine kleine Handvoll sozialer Medien kontrolliert einen Großteil aller öffentlichen und privaten Kommunikation in den USA", sagte der Präsident bei der Vorstellung der Order im Weißen Haus. "Sie haben unkontrollierte Macht, praktisch jede Form der Kommunikation zwischen Bürgern und in der weiten Öffentlichkeit zu zensieren, einzuschränken, zu bearbeiten, zu formen, zu verbergen, zu verändern."

Er wolle dafür sorgen, dass diese Netzwerke kein Geld von Steuerzahlern mehr erhalten, und er werde nicht erlauben, dass sie amerikanische Bürger weiterhin terrorisieren.

Fact Checking ausdehnen!

Auslöser des Ganzen: Twitter hatte zwei Tweets von Trump, in denen er gegen Briefwahlen wetterte, mit einer Warnung versehen. Usern, die darauf klickten, wurde erklärt, dass eine Briefwahl längst nicht so betrugsanfällig sei, wie der Präsident es behauptete. In aller Öffentlichkeit auf seine Falschaussagen hingewiesen zu werden, und das auf dem Medium, wo er bisher ungehindert Hass und Halb- oder Unwahrheiten verbreiten konnte - das gefiel Trump natürlich gar nicht.

Jetzt nimmt der Präsident also diese empfundene persönliche Beleidigung als Anlass, gegen die sozialen Medien vorzugehen - die hätten ja schon immer gegen konservative Politiker Partei ergriffen! Und das von dem Mann, der Twitter für seine persönlichen Hasstiraden gegen Andersdenkende nutzt wie kein anderer Politiker. Die Absurdität kennt keine Grenzen.

Abgesehen vom Trump-Getöse gilt aber: Twitter, Facebook und Co müssen sich gerade vor einem Ereignis wie der US-Präsidentschaftswahl fragen, wie sie mit politischen Falschaussagen ihrer User umgehen. Bei der letzten Präsidentschaftswahl spielten auf Facebook verbreitete Lügen eine Rolle bei Hillary Clintons Niederlage.

Dass Facebook-Gründer Mark Zuckerberg anlässlich des Trump-Twitter-Streits sagte, er halte Fact Checking politischer Statements nicht für eine Verantwortung sozialer Medien, ist naheliegend. Für faire Wahlen sind Warnungen vor Lügen, wie Twitter sie unter Trumps Tweets setzte, aber von unschätzbarem Wert. Das Netzwerk sollte das Fact Checking nicht beenden, sondern ausdehnen. Auf Politiker jeglicher Couleur. 

Carla Bleiker
Carla Bleiker Redakteurin, Channel Managerin und Reporterin mit Blick auf Wissenschaft und US-Politik.@cbleiker