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Bleib' ruhig, Draghi macht das schon

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Rolf Wenkel
8. Dezember 2016

Die Wackelkandidaten der Eurozone durch Anleihekäufe mit Milliarden zu alimentieren und gleichzeitig von ihren Regierungen Reformen zu fordern, ist scheinheilig, ärgert sich Rolf Wenkel.

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Aktivistin stört Pressekonferenz der Europäischen Zentralbank in Frankfurt am Main
Bild: picture-alliance/dpa/B. Roessler

Da haben wir es: Der Rat der Europäischen Zentralbank hat das Programm zum Ankauf von Staats- und Unternehmensanleihen um neun Monate verlängert, die Gelddruckmaschine soll dann bis Ende 2017 ununterbrochen laufen - allerdings mit reduzierter Geschwindigkeit. Ab April will EZB-Chef Mario Draghi nicht mehr jeden Monat 80, sondern nur noch 60 Milliarden Euro in den Kreislauf der Eurozone pumpen.

Doch ewig wird die EZB nicht so weiter machen können. Denn erstens gehen ihr langsam aber sicher die zentralbankfähigen Anleihen aus, sie muss ihre Ansprüche an Bonität und Seriosität der Wertpapiere immer weiter nach unten schrauben. Und zweitens kommt der EZB das wichtigste Argument für ihre Politik der Geldflut abhanden: Es gibt keine Deflation in der Währungsunion.

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Rolf Wenkel, Wirtschaftsredaktion

Deflation: Ein Gespenst ist verschwunden

Bislang konnte die EZB ihre exzessive Geldpolitik immer mit dem Kampf gegen die drohende Deflation in Europa begründen. Sie konnte damit kaschieren, dass sie in Wirklichkeit überschuldete Staaten im Süden der Währungsunion alimentiert. Diese profitieren von den niedrigen Zinsen, die ihre Schuldenlast im erträglichen Rahmen halten, und sie profitieren von den Zentralbank-Geldern, die in ihr Bankensystem fließen. Allein nach Italien, der drittgrößten Volkswirtschaft in Europa, hat die EZB im Rahmen ihrer ultralockeren Geldpolitik fast 190 Milliarden Euro gepumpt.

In Deutschland sehen die meisten Volkswirte Draghis stures Festhalten an der ultra-lockeren Geldpolitik besonders kritisch. Und das nicht nur, weil die Bürger bei Nullzinsen der Entwertung ihrer Ersparnisse tatenlos zusehen müssen. Auch die Investitionen bleiben aus, obwohl die Finanzierungsbedingungen so günstig sind wie nie zuvor. Das zeigt überdeutlich, dass die Unternehmen attraktive wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen vermissen.

Der Präsident des Münchener Ifo-Instituts, Clemens Fuest, nennt die Absicht der EZB, die Käufe ab April 2017 zu verringern, immerhin einen "Schritt in die richtige Richtung". Das Argument der EZB, die Inflationsrate im Euroraum sei zu niedrig, ist für ihn längst kein tragendes Argument mehr. Nach der neuen Prognose seines Ifo Instituts wird die Euro-Inflationsrate bis März automatisch auf eine Jahresrate von 1,5 Prozent steigen und bis zum Jahresende auf 1,6 Prozent.

Ausstiegs-Szenarien ein Luxusproblem?

Das wiederum ist nahe dran an den knapp unter zwei Prozent Inflation, die die EZB anstrebt. Hintergrund für die neue Preisentwicklung ist, dass der Rückgang der Ölpreise zum Stillstand gekommen ist und dass dieser auf die Inflationsrate drückende Effekt ganz mechanisch ausläuft."Damit treten bei den Anleihekäufen der EZB die negativen Nebenwirkungen in den Vordergrund", so Fuest.

Der Italiener Draghi freilich sieht das ganz anders. Seine Statistiker sind davon überzeugt, dass die Inflationsrate frühestens 2019 auf 1,7 Prozent zusteuern wird. Sie beziehen sich allerdings nur auf die so genannte Kerninflationsrate, aus der die schwankenden Energiepreise heraus gerechnet werden. Jetzt schon über hohe Inflationsraten und Ausstiegs-Szenarien aus der lockeren Geldpolitik nachzudenken, hält Draghi für ein "Luxusproblem".

Geldpolitik ist keine Konjunktur- und keine Reformpolitik

Trotzdem kann auch ein Mario Draghi Anleihen nicht ad infinitum zusammenkaufen. Geradezu scheinheilig ist es, den Märkten zu suggerieren, "falls nötig" auch über 2017 hinaus das Anleiheprogramm durchzuziehen - und im gleichen Atemzug von den Regierungen der Eurozone Reformen einzufordern. Denn gerade seine Ankündigung, die Gelddruckmaschine notfalls immer länger und länger laufen zu lassen, befreit die Wackelkandidaten in der Währungsunion von jeglichem Reformdruck.

Mit dem Mandat der EZB, für einen stabilen Euro zu sorgen, hat das alles schon längst nichts mehr zu tun. Draghi kauft den Südländern der Eurozone Zeit, indem er sie mit Milliarden und Abermilliarden alimentiert. Ich frage mich nur, ob er das aus Überzeugung tut, oder ob er im Hinterzimmer von einigen Regierungschefs darum gebeten worden ist.

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