Ein Tag, der Deutschland verändern wird
Das Attentat von Berlin hat Deutschland erschüttert. Und entsetzt. Zwölf Menschen sind tot, fast 50 verletzt, zum Teil schwer verletzt. Der Angriff, der Terror galt dem ganzen Land, er galt der freien Gesellschaft, in der die Deutschen leben. Und er richtete sich gegen ein besonders friedliches Symbol: den Weihnachtsmarkt, den Millionen von Menschen in der Adventszeit besuchen - nicht nur Deutsche übrigens, sondern Menschen aus aller Welt, die sorglos ein paar Stunden im Winter und in vorweihnachtlicher Freude bummeln und den Alltag, den Stress vergessen wollen.
Terror, der sich gegen alle richtet
Das Attentat, dieser mörderische Terror richtet sich deswegen gegen uns alle, die wir frei und unbeschwert leben wollen. Es ist ein barbarischer Akt gegen unseren Wunsch nach Freiheit. Und deswegen verändert der Terror von Berlin Deutschland. Wir sind nicht mehr, wie es so lange vage hieß, im Fadenkreuz des internationalen Terrorismus - wir sind Opfer. So wie die Engländer, Franzosen, Spanier, Israelis, Amerikaner und andere.
Und dabei ist es völlig egal, ob die Tat von einem psychisch gestörten Amokläufer, einem einsamen Wolf mit mörderischen Absichten oder einer ganzen Gruppe mit fundamentalistischen Hintergrund begangen wurde: Sie trifft ins Mark der freien Gesellschaft. Sie trifft die offene Gesellschaft. Sie trifft mit dem Weihnachtsmarkt auch ein christliches Symbol, einen Ausdruck deutscher und europäischer Tradition und Identität.
Die Kanzlerin hat recht: Dies ist ein schwerer Tag für die Deutschen. Und man spürt (es hat ja in den vergangenen Jahren genügend kleine oder mittlere Terrorattacken in Deutschland gegeben - auch viele, die Gott sei Dank verhindert wurden): Dieses Attentat ist ein Menetekel! Die Mentalität der deutschen Gesellschaft wird sich ändern. Das Unbeschwerte, das oft Sorglose wird kleiner werden. Die oft beschworene Freiheit des Lebens, die wir alle uns nicht durch den Terror nehmen lassen wollen, diese viel beschworene Freiheit wird einem tief sitzenden Unsicherheitsgefühl weichen. Deutschland wird sich unsicherer fühlen. Und es wird unsicherer sein.
Folgt ein politisches Erdbeben?
Dazu kommt das mögliche politische Erdbeben, das ein solches Attentat nach sich zieht, wenn der Täter ein Flüchtling ist. Ein Mensch, der in diesem Land Schutz gesucht hat. Ein Mensch, der Asyl wollte. Ein Mensch, den dieses Land nicht zurückgewiesen hat. Sollte wirklich ein Flüchtling, der im vergangenen Jahr, als Deutschland die Grenzen ebenso großherzig wie unkontrolliert öffnete, der Täter sein - dann wird die Flüchtlingspolitik der Kanzlerin in schwere Stürme geraten. Dann wird die gesellschaftliche Freundlichkeit gegenüber Menschen in Not aufs äußerste strapaziert werden. Dann wird auch in Deutschland der Siegeszug des rechten, nationalegoistischen Denkens mehr als nur Achtungserfolge feiern. Dann wird die offene Gesellschaft sich verschließen. Dann wird das innenpolitische Klima sich versteinern. Dann wird die Freiheit von innen heraus bedroht sein.
Natürlich muss man gerade an einem solchen Tag Ruhe und Besonnenheit bewahren. Aber es wird schwer und schwerer, gelassen zu sein. Der Abend des 19. Dezember ist ein Abend, der Deutschland verändern wird. Wie weit? Das wird man sehen.
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