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Der Burkini und die Freiheit des Staates

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Reinhard Müller
26. August 2016

Burkini-Verbote in Frankreich polarisieren. Die Körperverhüllung an Badestränden und wie damit umzugehen sei, ist auch in Deutschland Thema. Vor generellen Verboten ist zu warnen, meint FAZ-Redakteur Reinhard Müller.

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Frankreich Zwei Frauen tragen Burkini am Strand (Foto: (c) picture-alliance/abaca)
Bild: picture-alliance/abaca

Gesicht zeigen! In der Verfassung steht dieses Gebot so nicht. Doch ist klar, dass auch eine religiös motivierte Vollverschleierung etwa an Schulen nichts zu suchen hat: Der Lehrer muss sich weltanschaulich neutral verhalten. Und die Schüler müssen identifizierbar sein und eine offene Kommunikation gewährleisten. Im übrigen gilt auf Demonstrationen schon längst ein Vermummungsverbot. Wenn es um die öffentliche Sicherheit geht, muss man sich zeigen, muss auch eine streng religiöse Frau, die eine Burka freiwillig anlegt, ihren Schleier lüften.

Ansonsten aber tut sich der freiheitliche Staat mit einigem Recht schwer damit, weltanschauliche Handlungen und Ausdrucksformen zu bewerten oder gar zu verbieten. Zudem muss er in Rechnung stellen, dass jede einschneidende Maßnahme, die auf eine bestimmte (Welt-)Religion wie den Islam zielt, auch Auswirkungen auf die große Zahl von Muslimen haben kann, die mit einem Fundamentalismus, wie er im Tragen einer Vollverschleierung zum Ausdruck kommt, gar nichts am Hut haben. Wer bisher nicht besonders religiös oder politisch war, mag sich durch eine staatliche Verbotspolitik mit bisher fremden Glaubensbrüdern solidarisieren. Das ist integrationspolitisch zu bedenken.

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FAZ-Redakteur Reinhard Müller

Ein freiheitlicher Staat erlässt keine Kleiderordnung. Auch hier gibt es natürlich (Scham-)Grenzen. Aber grundsätzlich ist jeder Mensch frei darin, wie er sich kleidet. Am Strand ist ja vor allem in Deutschland oft sogar Nacktsein erlaubt. Unter ästhetischen Gesichtspunkten wäre vielerorts sogar mehr Verhüllung wünschenswert. Deshalb ist es schwer erträglich, wenn französische Polizisten eine Burkini-Trägerin am Strand dazu zwingen, sich ihrer Verhüllung zu entledigen. Das ist eine öffentliche Demütigung. Wer in jedem Burkini eine "militante politische Provokation" sieht, wie Nicolas Sarkozy, der könnte auch versuchen, eine solche Provokation auszuhalten. Ein Statement ist der Burkini ja schon. Doch kann ein generelles Verbot der Vollverschleierung allenfalls am Ende einer Auseinandersetzung mit diesem vielschichtigen Problem stehen. Doch vor dieser Auseinandersetzung kann sich niemand drücken.

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