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Politik

Die Gambia-Zwickmühle

Abu-Bakarr Jalloh
Abu-Bakarr Jalloh
23. Januar 2017

Wenn dem gambischen Ex-Präsidenten Jammeh der Prozess gemacht wird, könnte es andere Diktatoren abschrecken, ebenfalls von der Macht zu lassen. Ihn nicht zu bestrafen, ist aber auch keine Option, meint Abu-Bakarr Jalloh.

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Ex-Präsident Jammeh verlässt Gambia
Bild: Picture-Alliance/dpa/J. Delay

Kurz und schmerzlos - so lässt sich die Intervention der ECOWAS in Gambia wohl am besten beschreiben. Das taktische Manöver der Westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft hat Yahya Jammeh dazu bewegen können, die Macht abzugeben und das Land zu verlassen, ohne ein Blutvergießen zu provozieren.

Anderen Regionalorganisationen, wie zum Beispiel der Ostafrikanischen Gemeinschaft (EAC), sollte das als Blaupause dienen. Denn auch andere Staatschefs in Afrika sträuben sich dagegen, die Macht nach Ablauf ihres verfassungsmäßigen Mandats abzugeben. Als Beispiele seien nur Burundis Präsident Pierre Nkurunziza und der kongolesische Staatschef Joseph Kabila genannt. Die Präsidenten Ruandas und Ugandas, Paul Kagame und Yoweri Museveni, haben ihre Gesetze unlängst geändert, um länger an der Macht bleiben zu dürfen.

Herrscher mit harter Hand

Die Gambier haben seit der Unabhängigkeit 1965 erst zwei Präsidenten erlebt. Jammeh putschte Dawda Jawara 1994 aus dem Amt und machte sich einen Ruf als von Allah mit besonderen Kräften ausgestatteter Gewaltherrscher. Unter anderem prahlte Jammeh damit, Asthma und Aids mit pflanzlichen Arzneien heilen zu können.

Während seiner 22-jährigen Herrschaft hat Jammeh aus Gambia eine autokratische islamische Republik gemacht. Medien machte er mundtot, politischen Dissens ließ er nicht zu. Oppositionelle wurden willkürlich verhaftet - zum Teil sollen die Anordnungen dazu direkt von Jammeh gekommen sein, berichten Menschenrechtsorganisationen. Jammehs Kritiker seien am helllichten Tag verschleppt worden.

Abu-Bakarr Jalloh
DW-Redakteur Abu-Bakarr Jalloh

Kurz nachdem Jammeh an die Macht kam, erschossen Unbekannte den Journalisten Deyda Hydara. Er hatte den Putsch offen kritisiert. Einige Jahre später wurden zwölf Studenten und ein Journalist während einer friedlichen Demonstration getötet. Jammeh hat stets bestritten, seine Finger im Spiel zu haben.

Morddrohung gegen Homosexuelle

Die größte Kontroverse löste Jammeh im Mai 2015 aus, als er allen Schwulen und Lesben im Land mit dem Tod drohte: "Wenn ihr es [in Gambia] treibt, dann werde ich euch den Hals aufschlitzen. Wenn du ein Mann bist und in diesem Land einen anderen Mann heiraten willst, und wir dich dabei erwischen, dann wird dich niemand wiedersehen - und kein Weißer wird etwas daran ändern können", sagte er.

Zwar gab es unter Jammeh keine Berichte über Hinrichtungen von Homosexuellen. Aber die Drohungen veranlassten viele aus der gambischen LGBT-Community in den benachbarten Senegal zu fliehen.

Gambias neuer Präsident Adama Barrow und seine Unterstützer von der ECOWAS stehen nun vor der Frage, ob sie Jammeh vor Gericht bringen sollen. Sollte ihm der Prozess gemacht werden, könnte das andere afrikanische Diktatoren, die sich in einer ähnlichen Zwickmühle befinden, davon abhalten, die Macht abzugeben. Jammeh nicht strafrechtlich zu belangen, würde hingegen bedeuten, Straffreiheit zu propagieren.

Das richtige Maß finden

In Afrika gibt es das Sprichwort: "Lasst uns das Kriegsbeil begraben und ein neues Kapitel beginnen." Die Gambier müssen mit ihrer Vergangenheit abschließen und nach vorne schauen. Auch wenn er die Wahl verloren hat: Jammeh hat noch immer hunderttausende Unterstützer. Sie könnten ein ernsthaftes Risiko für die Stabilität des Landes sein, sollte die neue Regierung strafrechtlich gegen Mitglieder des alten Regimes vorgehen.

Jammeh hat den Mut aufgebracht, sein Amt abzugeben. Das kommt unter afrikanischen Diktatoren nicht oft vor und sollte ihm hoch angerechnet werden. Am Montag hat ein Berater von Präsident Barrow dem scheidenden Präsidenten jedoch vorgeworfen, in den Wochen vor seiner Ausreise die Staatskasse komplett geplündert zu haben. Sollte das stimmen, dann muss Barrow dafür sorgen, dass Jammeh das Geld zurückgibt. Wenn er sich weigert, dann muss das rechtliche Konsequenzen haben.

Die ECOWAS steht nun vor einer schweren Aufgabe: Sie muss sich überlegen, wie sie Gerechtigkeit im Fall Jammeh schaffen kann, ohne dass es andere, wie zum Beispiel Nkurunziza oder Kabila, davon abschreckt, die Macht an einen gewählten Nachfolger abzugeben.

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